Vom ersten Tag des Nürnberger Hauptkriegsverbrecher-Prozesses an unterhielt sich der Autor, der als Gerichtspsychologe hinzugezogen wurde, mit jedem der Angeklagten unter vier Augen. Seine ausführlichen Gespräche hielt er in einem exakt geführten Tagebuch fest. Das Buch enthält wichtige sachliche sowie atmosphärische Hintergrundinformationen über die Reaktion der Hauptangeklagten auf das Verfahren.
Vergangenheitsbewältigung (Thema)
Als Bettina Flitner für eine Lesung aus ihrem Buch »Meine Schwester« nach Celle zurückkehrt - dorthin, wo vor 40 Jahren ihre Mutter beerdigt wurde -, springen sie mit unerwarteter Heftigkeit Fragen an, die sie lange von sich fern gehalten hatte: Fragen nach dem großen Unglück im Leben ihrer Mutter und nach einer Familienkatastrophe in einer fernen Zeit und in einem fernen Land.
Man kann sich nur so lange vor der Wahrheit verschließen, bis sie an die Tür klopft.
1961, in der niederländischen Provinz: Seit dem Tod ihrer Mutter lebt Isabel allein in dem großen, von der Zeit gezeichneten Familienhaus. Die Tage ziehen ruhig und geordnet dahin. Doch als ihr Bruder Louis seine ungehobelte Freundin Eva bei ihr einquartiert, geraten Isabels stille Routinen ins Wanken, und das Haus, das einst Schutz und Sicherheit bot, wird zum Schauplatz unheimlicher Veränderungen. Plötzlich verschwinden Dinge und Isabel wird immer misstrauischer gegenüber Eva, die nicht das zu sein scheint, was sie vorgibt.
Als bei der Zwangsräumung der Wohnung seiner Mutter durch eine Verwechslung alles von Wert in die Müllverbrennungsanlage wandert, bleibt dem Erzähler wortwörtlich nur der Abfall der eigenen Familiengeschichte.
Wie hat es so weit kommen können? Der Erzähler blickt auf die Biografie seiner Familie: ein Stammbaum des Wahnsinns. Die Großmutter bipolar, zwölf Suizidversuche, der Großvater Stammkunde in Steinhof, die Mutter Alkoholikerin, der Vater depressiv. Und er blickt auf seinen eigenen Weg: Eine Kindheit im Münchner Arbeiterviertel. Die frühe Angst, verrückt zu werden. Die Flucht vor der Familie ins entfernte New York. Jahre in Wien mit Freud im Kaffeehaus. Und wie er schließlich doch in der Anstalt landet als Psychologe. Bei der Arbeit mit den Patienten lernt er, dass ein Mensch immer mehr ist als seine Krankheit, dass Zuhören wichtiger ist als Diagnostizieren.
Lukas Meisners Eltern flohen 1989 aus der DDR in die BRD - eine Familiengeschichte, die zum Ausgangspunkt schonungsloser Selbstbefragung wird. Fluch(t) verbindet das persönliche Erbe intergenerationeller Traumata mit gesellschaftskritischer Analyse: Wir verstehen weder die planetare Progression des Neoliberalismus noch die Prozesse globaler Faschisierung, wenn wir sie nicht in den Kontext von Ost und West einbetten.
Die Verbrechen, an denen Unternehmer im »Dritten Reich« beteiligt waren, reichen von heiklen Rüstungsgeschäften und Transaktionen zur wirtschaftlichen Ausbeutung der besetzten Gebiete über die skrupellose Ausnutzung von Zwangsarbeit bis hin zur Verfolgung, Ausplünderung und Ermordung der europäischen Juden. Wie aber gingen Unternehmer, die sich bereitwillig auch auf die rassistisch motivierten Ziele der nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik eingelassen hatten, nach 1945 mit ihrem »Erfolg« im »Dritten Reich« um? Verdrängten sie ihr hohes Maß an Kollaboration und Anpassung oder arbeiteten sie es bewusst auf? Welche Verhaltensweisen und welche Rechtfertigungsmuster lassen sich hierbei erkennen? Wie erlebten jüdische Unternehmer ihre Ausschaltung aus dem Wirtschaftsleben und die Judenverfolgung? Welche Erfahrungen machten sie bei der »Wiedergutmachung« nach 1945?
Kaum sind die Trümmer weggeräumt, setzt in Deutschland ein Wirtschaftsaufschwung ohnegleichen ein, auch ein nimmersatter Kaufrausch: Möbel, Autos, Reisen, Elektrogeräte. Mit dem Rock'n' Roll erfasst die Jugend ein neues Lebensgefühl. 1957 eröffnet der erste Supermarkt, der Siegeszug der Discounter beginnt. Der Fernseher gruppiert die Wohnzimmer um. - Und plötzlich stellen sich neue Fragen: Wie soll man leben? Verlieren wir unsere kulturelle Identität an Amerika? Wie viel Freiheit braucht ein Kind, eine Ehe, ein Arbeitnehmer? Elvis Presley und Freddy Quinn geben unterschiedliche Antworten.
1967 ist die Bundesrepublik, wie wir sie kannten, im Rohbau fertig. Erstmals kommt ein deutscher Staat ohne höhere Idee aus als das Glück des Einzelnen.
Am 25. Juni 1948 kündigte die US-Militäradministration eine angeblich notwendige Versorgung der Westsektoren Berlins auf dem Luftweg an. Am folgenden Tag setzte die sogenannte "große Luftbrückenaktion" ein.
Sie war mit dem zeitlichen Abstand aus heutiger Sicht betrachtet eine der kriminellsten Propagandaaktionen der Geschichte überhaupt. Ihr Sinn und Zweck war es, die Menschen eines Landes gegeneinander aufzuhetzen, um die De-facto-Spaltung des Landes, die man durch eine hinterrücks eingeführte separate Währungsreform verschuldet hatte, durch eine ideologische Spaltung zu untermauern. (Aus dem 1. Kapitel)
Erzählungen über die Vergangenheit bestimmen unser kulturelles Gedächtnis und prägen unsere Gegenwart. Ob Churchill als »Retter der freien Welt«, Jeanne d'Arc als Beschützerin Frankreichs oder die Resistenza als antifaschistische Gründung Italiens: Geschichtsmythen sind auch in unserer vermeintlich aufgeklärten Welt allgegenwärtig.
Kathrin Schmidt greift weit aus: Entlang der spannungsreichen Beziehungen der Familien Kapok und Schaechter erzählt sie von Krieg, Flucht, Teilung, Bespitzelung und neuer Freiheit – und von Liebe, Freundschaft, Schuld und Glück.
