«Bleib gesund!» Dieser Gruß wurde im vergangenen so apokalyptisch anmutenden Jahr prominent. Er wurde erst mitfühlend, dann inflationär und schließlich diktatorisch verwendet. Denn dieser Wunsch ist im Imperativ formuliert, und so fühlten sich einige politische Maßnahmen auch an. Die Autorin nimmt darauf eine konsequent spirituelle Perspektive ein. Sie tut dies leidenschaftlich und klar, weise und scharf, poetisch und reflexiv. Dabei spitzt sie die Dinge zu, um von dort Ausblicke geben zu können und Kontexte zu erkennen. Sie formuliert - methodisch - deutliche Entweder-oder-Positionen, die aber eingebettet sind - inhaltlich - gerade in eine versöhnen wollende Grundhaltung, in ein Sowohl-als-auch. Apokalypse heißt Offenbarung, und wenn sich etwas offenbart, wenn eine Hülle abfällt, dann ist dies nicht nur ein dunkler oder negativer, sondern auch ein Wahrheitsmoment.
Ethik (Thema)
Demokratie bedeutet das Versprechen, dass die einen ihr Leben so, die anderen ihr Leben hingegen anders führen können. Wirtschaft und Wirtschaftswissenschaften haben in den zurückliegenden Jahrhunderten mehrheitlich Pfade eingeschlagen, die in nahezu die umgekehrte Richtung weisen: Unterdrückung von Leben, Einhegung von Vielfalt, Verunmöglichung von Teilhabe, Solidarität und Selbstbestimmung. Lars Hochmann zeigt: Die Gestaltung einer besseren Gesellschaft kommt als eine neue Wirtschaft. Sie verständigt die Vielfalt der Verschiedenen und befähigt, das Widerspruchsvolle zu verstehen, um gebildet zu widersprechen und reale Veränderungen in Gang zu setzen.
Die Moderne nimmt für sich in Anspruch, die Rache glücklich überwunden und durch die Herrschaft des Rechts ersetzt zu haben. Seit der Aufklärung gilt die Rache nicht nur als Gegenspielerin des Rechts, sondern als das dunkle Andere der Moderne überhaupt. In seiner groß angelegten kulturgeschichtlichen Untersuchung liest Fabian Bernhardt diese bislang kaum hinterfragte Fortschrittserzählung gegen den Strich. Batman tritt neben Achilles, Marcel Mauss trifft auf Immanuel Kant. In seiner philosophischen Reflexion mit kulturanthropologischem Zugriff und feinem Gespür für das massenkulturelle Imaginäre zeigt er, dass mit der Delegitimierung der Rache zugleich eine theoretische Verdunkelung einherging.
Strategien der Grausamkeit sind dort am Werk, wo das Unvorhersehbare des Lebens gezwungen ist, sich Aspekten von Messbarkeit und Konsumierbarkeit, also den Nützlichkeitserwägungen des Kapitalismus, zu unterwerfen. Paradigmatisch hierfür stehen das Patriachat, die Gewalt gegen Frauen und die Ausbeutung ihrer Körper. Dieser Grausamkeit gilt es, etwas entgegen zusetzen: eine Strategie des subversiven Ungehorsams und einer widerständigen Unkonventionalität, für die Ambivalenzen zentral sind. Im Denken der Dekolonialität, das sich mit der auch von Marxistinnen unterstellten Prämisseeines vorgefertigten Bildes der idealen Gesellschaft auseinandersetzt, besteht die wahre Utopie der Geschichte in ihrer Unvorhersehbarkeit.
"Die Intention zu dem vorliegenden Buch entstand im Verlauf einiger Lehrveranstaltungen über kybernetische Strukturen sowie ‚Künstliche Intelligenz‘ (KI) an der Hochschule Bremerhaven. Die intensiven und engagierten Diskussionen mit den KommilitonInnen fokussierten allerdings weniger auf die Programmierung ‚selbstlernender Algorithmen‘, sondern vor allem auf die sozialen und gesellschaftspolitischen Auswirkungen derartiger Systeme ...
Bruno Latour wendet sich seit langem gegen eine um sich greifende antiaufklärerische Haltung, die unappetitliche Verwandtschaften hervorbringt. Wie erklärt es sich, dass auch unter Intellektuellen weithin unhinterfragt Verschwörungstheorien als Wahrheiten ins Feld geführt werden? Liegt der Grund vielleicht in einem allzu lange gepflegten, exzessiven Misstrauen in unverrückbare Tatsachen, die allzu leichtfertig als ideologische Vorurteile ausgegeben werden? Generiert womöglich die Kritik selbst diese Effekte, hat sie ihre eigenen Werkzeuge nicht mehr im Griff? Latour fordert, das eigene Rüstzeug einer kritischen Betrachtung zu unterziehen - und, wenn nötig, komplett auszuwechseln.
Mit seinem philosophischen Hauptwerk, der »Theorie der ethischen Gefühle«, legte Adam Smith den Grundstein für die Ausbildung einer Moralphilosophie, die sich ausdrücklich auf die Ideen der Sympathie und der Solidargemeinschaft beruft. Es kombiniert unterschiedliche Theorien zu einem bemerkenswerten System des »sittlich Richtigen«, das sich nicht an Kriterien wie dem der Nützlichkeit ausrichtet, sondern an der Konvention des ausgebildeten Mitgefühls. Der zentrale Begriff ist dabei »Sympathie«, ergänzt durch die Einführung der Idee eines unparteiischen Zuschauers, in den sich laut Smith jeder Einzelne immer dann versetzt, wenn er moralische Entscheidungen zu treffen hat.
Worin liegen die Gründe für die bedrohliche Zerstörung unserer natürlichen Lebensgrundlagen? In der kapitalistischen Struktur der Gesellschaft? In der 'Herrschaft über die Natur'? Doch: Wer 'herrscht' da über wen? Kann die Natur überhaupt ein beherrschtes 'Subjekt' sein? Die heutige Wirklichkeit der Naturaneignung und die philosophischer Tradition entstammenden Begriffe von 'Natur', 'Subjekt', 'Freiheit' und 'Herrschaft' zusammenzubringen, das ist keine einfache Aufgabe. Herbert Marcuse packte sie an - in seinen Ausführungen zu "Natur und Revolution", erschienen in einer Zeit, als ökologische Oppositionsbewegungen gerade aufkeimten. Sie waren eine Pioniertat, tastend genug, seinerzeit kaum beachtet; heute sind sie fast vergessen - und wiederzuentdecken.
»Das klügste Buch des Jahres« - The Economist
In den letzten Jahren hat sich eine neue kulturelle Elite gebildet, die sich anders als die Spaß- und Erlebnisgesellschaft der 1990er- und 2000er-Jahre durch »bewussten Konsum« bzw. betonten Konsum-Verzicht vom Rest der Gesellschaft abzuheben versucht. Es geht der sogenannten »aspirational class« dabei um die richtige Entscheidung, nicht um die günstigste oder teuerste Entscheidung. Die promovierte Soziologin und Stadtplanerin Elizabeth Currid-Halkett zeichnet in ihrem vielbeachteten Buch ein eindrucksvolles Bild dieser neuen Elite und argumentiert, dass die ethisch und ökologisch wohlinformierten Lifestyle-Entscheidungen der vermeintlich moralisch Überlegenen die Spaltung der Gesellschaft jedoch nicht verringert oder gar überwinden hilft.
Alle Menschen haben hohe moralische Ideale. Aber warum gibt es dann so viel Böses in der Welt, so viel Gewalt und Krieg, so viel Betrug und Korruption? Der Autor zeigt, dass es den Menschen nicht an Idealen, Werten oder Orientierung fehlt, sondern an Moralkompetenz. Das ist die Fähigkeit, Probleme und Konflikte friedlich, nur durch offenes Denken und freie Diskussion mit anderen zu lösen, statt durch Gewalt, Betrug und andere unmoralische Mittel. Anhand der Konstanzer Methode der Dilemma-Diskussion (KMDD) wird erläutert, wie man Moralkompetenz in der Schule und anderswo effektiv und verantwortungsvoll fördern kann.