Die Photographien einer großen Unbekannten - Charlotte Joël.
Über Charlotte Joël (1887-1943), die Photographin vieler berühmter Porträts, ist bis heute wenig bekannt. Bis in die dreißiger Jahre hat sie fünfundzwanzig Jahre lang ein Atelier in Charlottenburg geführt, nahe dem Berliner Bahnhof Zoo. Als Jüdin musste sie es aufgeben. Viele von denen, die vor ihrer Kamera saßen, tragen große Namen: Walter Benjamin und seine Familie etwa, Martin Buber, Marlene Dietrich, die spätere Frau Theodor W. Adornos Gretel Karplus, Karl Kraus oder Gustav Landauer. Ihre emphatischen Aufnahmen von Kindern erschienen in Zeitschriften und wurden von Postkartenverlagen herausgegeben. Doch von ihr selbst ist kein Porträt überliefert.
Wer war diese Frau, die so einen bedeutenden Kundenkreis hatte? Persönliche Aufzeichnungen sind nicht bekannt. Nur in wenigen erhaltenen Briefen gibt sie etwas von sich preis.
Berlin (Thema)
Auf der Krimibestenliste von Deutschlandfunk und FAZ Dez. 2019 und Januar 2020
An einem Tag im November verlässt Franziska Oswald ihr Zuhause, setzt sich in den Zug und fährt nach Berlin, wo sie niemanden kennt. Franziska lässt ihr ganzes Leben zurück, eine vielversprechende Karriere als junge Akademikerin, ein Einfamilienhaus in einer hübschen Siedlung im Münsterland, das sie zusammen mit ihrem Partner Johannes bewohnt hat. In Berlin kriecht sie in einem dunklen, verwahrlosten Parterreloch im Hinterhof unter. Den Mietvertrag hat sie mit falschem Namen unterschrieben. Sie irrt ziellos in der Stadt umher. Ihre Geldreserven schrumpfen. Niemand weiß, wo sie ist, nicht einmal ihre Familie. Johannes erst recht nicht. Und das aus gutem Grund.
Berlin im August 1936: Zehntausende Gäste aus aller Welt strömen in die Stadt. Die Olympischen Spiele locken die Besucher zu den Sportstätten, in die Straßen, Bars und Cafés. Für einen kurzen Moment wirkt Berlin in diesem Sommer weltoffen und unbeschwert, als schalte die Diktatur in einen Pausenmodus. Oliver Hilmes folgt Berlinern und Touristen, Sportlern und Künstlern, Diplomaten und Nazi-Größen, Nachtschwärmern und Showstars durch die fiebrig-flirrende Zeit der Sommerspiele und erzählt ihre Geschichten. Es sind Geschichten von Opfern und Tätern, von Mitläufern und Zuschauern. Es ist die Geschichte eines einzigartigen Sommers.
Es ist die Zeit der Weltwirtschaftskrise in den ausgehenden 1920er Jahren. In Deutschland gibt es ca. zwei Millionen „ausgesteuerte“ Arbeitslose – Menschen, die keinerlei staatliche Unterstützung erhalten. Mit der Weltwirtschaftskrise verschärft sich ihre Situation dramatisch, da auch prekäre Beschäftigungsverhältnisse und Erwerbsmöglichkeiten zusehends wegfallen. Otto Nagel schildert in seinem Roman diese ausweglose Situation am Beispiel der Hauptfigur Wilhelm Thiele und von dessen Freunden und Bekannten. Dreh- und Angelpunkt der spannend erzählten Einzelschicksale ist die im Berliner Stadtteil Wedding gelegene Kneipe „Das nasse Dreieck“. Frequentiert wird das Lokal vor allem von Arbeitslosen, Alkoholikern und Obdachlosen. Ihren Kampf ums nackte Überleben, den Abstieg in immer extremere Lebenssituationen beschreibt Otto Nagel mit großer Beobachtungsgabe und drastischer Detailtreue, ohne dabei zu moralisieren oder zu verurteilen.
In der Nazizeit wurden viele antifaschistische Bücher geschrieben. Alle entstanden im Exil: bis auf das von Jan Petersen. Stephan Hermlin: 'Jan Petersen hat viele Jahre in einer Arbeiterstraße Charlottenburgs gelebt, in der Wallstraße, die die Nazis Maikowskistraße nannten. Maikowski war einer ihrer berüchtigten Obermörder, den sie selber erschossen, um ihn als Opfer der Roten ausgeben zu können ?' Jan Petersen gehörte dem Bund proletarisch-revolutionärer Schriftsteller an. 1933, in der Illegalität, war er deren Kopf, ehe er ins Exil musste. In jener Zeit schrieb er auch das 'einzige antifaschistische Buch, das im Herzen Hitlerdeutschlands' entstand. Es sollte zu einem Weltbestseller werden.
ISBN 978-3-89793-304-0
vergriffen
Claudio Abbado war der stille Revolutionär unter den großen Dirigenten. So leise er auftrat und auf jeden autoritären Habitus verzichtete, so ausdrucksmächtig war seine Musik. Dabei lebte er ganz in der Gegenwart, dirigierte und setzte sich unermüdlich für die musizierende Jugend ein. Wolfgang Schreiber folgt in dieser ersten umfassenden Biographie dem an Glanzpunkten überreichen Lebensweg Abbados, der in der Musikwelt zwischen Mailand und London, zwischen Chicago und Berlin unauslöschliche Spuren hinterließ.
Hartmut Trössner ist ein Glückskind des Zeitgeistes. Er ist ein grüner Mogul: Chef eines erfolgreichen Windenergieunternehmens, Ehemann einer populären Schauspielerin, Vater eines kleinen Sohnes und jüngst auch Produzent einer bahnbrechenden TV-Serie.
Doch dann kommt der 9. April. Hartmut Trössner verliert buchstäblich alles: Unternehmen, Frau, Kind und Haus. Den heißen Sommer verbringt er in einer Klinik. Am 27. August macht er sich auf, mit dem Zug nach Berlin. Und er ist nicht allein. Da ist jemand bei ihm, unsichtbar, hörbar nur für ihn: ein Alter Ego, das vorgibt, sein Überlebenstrainer zu sein und ihn fürs Weiterleben zu retten. Im Zug wird Trössner von einer jungen Frau angesprochen. Ihr erzählt er in mehreren Stationen sein Leben, mit ihr zusammen inszeniert er einen furiosen Auftritt in der Hauptstadt.
Mit Ernst Dronke schauen wir auf Berlin - und zugleich auf eine ganze Epoche der Krise, auf das Europa im Vormärz kurz vor der Revolution von 1848/49. Als Journalist und "Junghegelianer" in den 1840er-Jahren hat sich der Koblenzer Gelehrtensohn mitten hineingeworfen in die Widersprüche und Spannungen einer Metropole zwischen preußischem Militarismus und Berliner Schnauze, zwischen einem allgegenwärtigen Beamten- und Polizeiapparat und dem Elend ganzer Bevölkerungsschichten.
"Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt."
Überall in Berlin finden sich Orte, die Schauplätze von Revolten waren: der Studentenbewegung im Westen, der Oppositionellen im Osten, der Feministinnen, Hausbesetzer und Punks in beiden Teilen der Stadt. So sehr sich die Reaktionen der jeweiligen Staatsmacht auf die jungen Rebellen beiderseits der Mauer auch unterschieden, überraschend ähnlich waren die Motive und der Mut der Menschen, die gegen überholte Ordnungen und Autoritäten aufbegehrten.
"Ein Trieb wird als unwiderstehlicher Drang empfunden. Pflanzen und Tiere denken gar nicht daran, diesem Trieb etwa entgegenzusetzen, wohingegen der Mensch seine Triebe immer häufiger aufschiebt oder umwandelt."
Ein Roman über die Schwierigkeit, auf dem Land der Fülle des modernen Lebens zu entkommen und in Ruhe sein Gemüse zu ziehen. Und wenn sich dann zum Mann und den Kindern noch die Mutter, ein Liebhaber, ein Analytiker und Wühlmäuse in den Garten gesellen, weiß selbst die Therapeutin aus der Stadt nicht mehr weiter.