I:Rez

Der Nachtwächter. Von Louise Erdrich. Rezension von Britta Kiersch

REZENSION
Der Nachtwächter. Von Louise Erdrich   Aufbau Verlag   ISBN 978-3-351-03857-1

„Am 1. August 1953 verabschiedete der Kongress der Vereinigten Staaten eine Resolution, mit der Verträge zwischen souveränen Nationen, gültig, ‚solange das Gras wächst und die Flüsse fließen‘, für nichtig erklärt wurden. Der Beschluss sah vor, langfristig sämtliche indianische Nationen aufzulösen, zu ‚terminieren‘, und für fünf Stämme, darunter der Turtle Mountain Band of Chippewa, sollte dies mit sofortiger Wirkung geschehen.“

Louise Erdrich setzt sich in ihrem Roman mit den historischen Verwicklungen um diese Resolution auseinander, die dafür sorgen sollte, Hunderttausende zu assimilieren und der Heimat zu berauben. „Der Nachtwächter“ Thomas Wazhashk setzt alles daran, das unvermeidlich scheinende, brutale Ende, das auf bürokratische Weise verfügt werden soll, zu verhindern.

Barbara stirbt nicht. Von Alina Bronsky. Rezension von Britta Kiersch

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Barbara stirbt nicht. Von Alina Bronsky   Kiepenheuer&Witsch Verlag   ISBN 978-3-462-00072-6

Barbara Schmidt ist seit über 50 Jahren mit ihrem Mann Walter verheiratet. Jetzt ist Barbara ernsthaft krank und das ist eine echte Herausforderung für ihren Mann, der noch nicht einmal weiß, wie man die Kaffeemaschine bedient. Die erwachsenen Kinder, raten ihrem Vater eine hilfe einzustellen, aber das lehnt er rigoros ab. Er schafft das schon. Außerdem hat Walter sich von seinen Kindern, noch nie wirklich etwas sagen lassen.

In der Männer-Republik. Wie Frauen die Politik eroberten. Von Thorsten Körner. Rezension von Stephanie Blum

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In der Männer-Republik. Wie Frauen die Politik eroberten. Von Thorsten Körner   Kiepenheuer&Witsch Verlag   ISBN 978-3-462-00184-6

Wie sehr die Bonner Republik von Sexismus, Diskriminierung und Machoismus geprägt war, zeigt der Autor und Dokumentarfilmer Torsten Körner in seinem Buch „In der Männerrepublik“. Körner versucht hier eine Geschichte der westdeutschen Politik aus Sicht der Frauen zu schildern. Hierfür hat er zahlreiche Gespräche mit Politikerinnen jener Zeit geführt und deren Werden und Wirken in seinem Buch nachgezeichnet. Dabei wird deutlich, es gab sie durchaus die Politikerinnen, die sich allen Widerständen zum Trotz ihren Platz in der Politik erkämpft hatten. Körner schreibt über die unterschiedlichsten Frauen quer durch die Parteienlandschaft.

ONE - A Greener Way to Cook. Der einfache Weg, nachhaltig zu kochen, mit 200 vegetarischen und veganen Rezepten. Von Anna Jones. Rezension von Stephanie Blum

ONE - A Greener Way to Cook. Der einfache Weg, nachhaltig zu kochen, mit 200 vegetarischen und veganen Rezepten. Von Anna Jones   Mosaik Verlag   ISBN 978-3-442-39388-6

Anna Jones Karriere begann in der Küche von Jamie Oliver. Mittlerweile zählt die Britin selbst zu den bekanntesten vegetarischen Kochbuchautorinnen weltweit. Mit One – a Greener Way to cook liegt nun ihr viertes Kochbuch in deutscher Sprache vor. Neben gewohnt leckeren vegetarischen und veganen Rezepten hat Anna Jones den Schwerpunkt dieses Buchs auf das Thema „klimafreundliches Kochen“ gelegt. Die Gerichte sollen also nicht nur lecker und schnell zubereitet, sondern auch noch gut für den Planeten sein.

Das Flüstern der Feigenbäume. Von Elif Shafak. Rezension von Stephanie Blum

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Das Flüstern der Feigenbäume. Von Elif Shafak   Kein&Aber Verlag   ISBN 978-3-0369-5863-7

In ihrem neuesten Roman schreibt die britisch-türkische Autorin über den Bürgerkrieg in Zypern und seine Auswirkung bis in die Gegenwart. Verpackt ist dies in eine bittersüße Liebesgeschichte zwischen der jungen Türkin Defne und dem Griechen Kostas. Während des sich zuspitzenden Zypernkonflikts werden die beiden Liebenden getrennt und treffen sich erst viele Jahre später wieder. Mit dem Steckling eines Feigenbaums im Gepäck machen sie sich schließlich auf den Weg in ihre neue Heimat London. Dort setzt die Geschichte in den 2010er Jahren ein. Defne ist kürzlich verstorben und lässt Kostas mit der gemeinsamen 16-jährigen Tochter Ada zurück, die nichts über die Vergangenheit ihrer Eltern weiß.

Rauer Himmel. Von Franck Bouysse. Rezension von Manfred Kunz

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Rauer Himmel. Von Franck Bouysse   Polar Verlag   ISBN 978-3-948392-38-3

Zum Abschluss noch eine kleine Preziose. Eine schmale und zugleich ungeheuer dichte Geschichte aus dem ländlichen Frankreich. Irgendwo im „Massif Central“, genauer in den rauen Cevennen liegt das Nest Les Doges, um das sich einzelne, Weiler-ähnliche Bauernhöfe gruppieren. Auf einem lebt Gus allein mit seinem Hund Mars, bewirtschaftet mit spärlichen Mitteln die kargen Feldern, versorgt seine Kühe und trotzt mit stoischer Gelassenheit den Widrigkeiten von Wetter und Natur. Den benachbarten Hof bewirtschaftet Abel unter gleichen Bedingungen. Die beiden helfen sich gelegentlich, leihen sich Werkzeuge aus, trinken mal einen Rotwein zusammen, doch Freunde sind sie nicht. Sie sind wortkarg, bisweilen schweigsam, das Unausgesprochene liegt wie eine undurchdringliche Decke über ihrer bäuerlichen Einsamkeit, unter der lange zurückliegende und verdrängte Familiengeheimnisse wie eine Zeitbombe ticken.

Februar 33. Der Winter der Literatur. Von Uwe Wittstock. Rezension von Manfred Kunz

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Februar 33. Der Winter der Literatur. Von Uwe Wittstock   Beck Verlag   ISBN 978-3-406-77693-9

Die Machtergreifung der Ntionalsozialisten im Jahr 1933 ist historisch bestens erforscht und in zahlreichen chronologischen Berichten und analytischen historischen Überblickswerken vielfach in Buchform dokumentiert. eine völlig neue, vielfältige und überaus spannende Perspektive fügt der Literaturkritiker und Publizist Uwe Wittstock in seinem Buch „Februar 1933 – Der Winter der Literatur“ hinzu.

Die Stadt, das Geld und der Tod. Von Frank Göhre. Rezension von Manfred Kunz

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Die Stadt, das Geld und der Tod. Von Frank Göhre   CultureBooks   ISBN 978-3-95988-184-5

Der 1943 geborene und in Bochum aufgewachsene Frank Göhre war einst ein Buchhändler-Kollege. Von 1962 bis 1964 hat er eine Buchhändlerlehre absolviert und diesen Beruf bis 1970 in Köln, Bochum und Essen ausgeübt. Seit 1981 lebt und arbeitet er als freier Schriftsteller in Hamburg, wo auch seine legendäre „Kiez-Trilogie“ - Schrei des Schmetterlings (1986), „Der Tod des Samurai“ (1989), „Der Tanz des Skorpions“ (1991) – angesiedelt ist, ein Meilenstein der neueren deutschen Kriminalliteratur.

Besichtigung eines Unglücks. Von Gert Loschütz. Rezension von Manfred Kunz

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Besichtigung eines Unglücks. Von Gert Loschütz   Schöffling VErlag   ISBN 978-3-89561-157-5

Für mich die Autoren-Entdeckung des Jahres. Obwohl ich den in diesem Jahr 75 Jahre alt gewordenen Gert Loschütz längst hätte kennen können, hat er doch Hör- und Fernsehspiele entwickelt, viele Theaterstücke verfasst, als Gast-Dramaturg am Schauspiel Frankfurt gearbeitet und mit seinem 2018 erschienen Roman „Ein schönes Paar“ nicht nur ein spätes Comeback gefeiert, sondern auch eine Nominierung für den Deutschen Buchpreis 2018 erlangt. Auch der im Sommer 2021 erschienene Roman „Besichtigung eines Unglücks“ war für den Deutschen Buchpreis nominiert, leider nur für die Longlist, ist aber soeben, am letzten November-Wochenende, mit dem literarisch hoch angesehenen Wilhelm-Raabe-Preis 2021 ausgezeichnet worden.

Vom Hass zum Genozid. Das Dritte Reich und die Juden. Von Léon Poliakov. Rezension von Erich Dürschmied

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Vom Hass zum Genozid. Das Dritte Reich und die Juden.   editon Tiamat   ISBN 978-3-89320-277-5

Eine gekrümmte alte Frau mit vier kleinen Kindern, eines im Babyalter an der Brust, schleppt sich mühsam voran. Die Kinder gehen vorwärts gebeugt, teilweise halten sie sich an den Händen. Das Bild stammt aus Auschwitz-Birkenau und der Betrachter weiß, die Frau geht mit den Kleinen in den Tod, „ins Gas“. Mich hat dieses Bild geprägt, von Jugend an und durch mein ganzes Leben begleitet. Nichts kann die Dimensionen der Naziverbrechen mehr veranschaulichen als diese szene. Unschuldige, wehrlose Menschen, aussortiert, abgesondert, werden ermordet. Sie haben keine Chance. Sie sind das Opfer von Irren, die es verstanden haben, sich an die Spitze eines Volkes zu setzen und dieses Volk mit monströsem Gedankengut zu durchdringen.

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