Pippin & Olivia
Die große Gar-Nichts-Feier. Rezension von Britta Kiersch

Pippin & Olivia. Die große Gar-Nichts-FeierReprodukt.Von Camille Jourdy  Verlag ISBN 978-3-95640-462-7

Mit großer Vorsicht verfasse ich diese Rezension, denn ich bin nicht sonderlich bewandert in Bezug auf Graphic Novels bzw. Comics, aber da ich absolut begeistert von diesem Titel bin, wage ich es.

Die Geschichten von Pippin und seiner großen Schwester Olivia sind meiner Ansicht nach unfassbar gut gelungen. Kongenial greifen Text und Bilder ineinander und sowohl die Bildsprache als auch die Worte sind berührend freundlich, ja, liebevoll und zärtlich. Schon auf den ersten Seiten entfaltet sich eine fröhlich-lebendige und immer wieder berührend sanfte, friedvolle Atmosphäre, die mich durch das ganze Buch getragen hat. Man kann gar nicht anders, als Pippin, Olivia und ihre Eltern ins Herz zu schließen. Und dann sind da ja auch noch die anderen Protagonisten, die alle sehr individuell illustriert und charakterisiert werden. 

Die Geschichten erzählen vom Leben und dem Alltag dieser Familie auf eine sehr besondere, feine Art. Um einen deutlichen Eindruck zu vermitteln, fasse ich eine Episode zusammen.

Als Pippin eines Tages seinen Ranzen holen soll (seine Mutter fragt ihn nach den Hausaufgaben) und ihn nicht finden kann, fällt ihm plötzlich ein, dass er ihn wohl im Park stehen gelassen haben muss. Pippins Mutter ist nicht begeistert, denn es ist bereits das dritte Mal in diesem Jahr … Pippin sagt daraufhin, das sei eben ein sehr wilder Ranzen und seine Mutter antwortet: „Dann muss man ihn eben dressieren.“ Wie lustig ist das denn?! Und so entspannt! Weil völlig klar ist, dass es eh nichts bringt, sich jetzt aufzuregen. Der Vater geht mit Pippin raus auf Ranzensuche und soll bei der Gelegenheit noch ein Brot kaufen. Sie suchen den Park ab, finden zwar den Ranzen nicht, dafür aber einen riesigen Pudel, der bereits ebenfalls von seinem Besitzer gesucht wird. Ohne den Ranzen und auch ohne Brot – das hat der Papa vergessen – kommen sie zurück nach Hause.

 

Der Ranzen ist also wieder da, und satt werden sie bestimmt auch ohne Brot.

Es wird eine Familiensituation dargestellt, wie sie angenehmer nicht sein kann. Hier wird auffallend Wert auf die wirklich wichtigen Dinge gelegt und Unwesentliches lapidar zur Seite geschoben oder mit Gleichmut behandelt, und besonders erstrebenswert: Träumen ist in dieser Familie nicht nur erlaubt, sondern an der Tagesordnung.

Inzwischen habe ich das Buch mehrfach zur Hand genommen und entdecke in den Zeichnungen immer wieder neue, wunderbare Details: Ob es Kleinigkeiten am Rande sind, die mir plötzlich ins Auge fallen oder eine besondere Geste, ein spezieller Blick, die Körpersprache einer Figur oder ein schelmischer Spruch von Pippin, dieses Buch ist rundum gelungen und bereitet mir große Freude.

Pippin & Olivia. Die große Gar-Nichts-Feier

Pippin und seiner großen Schwester Olivia wird so schnell nicht langweilig. Die beiden haben immer etwas zu tun, zum Beispiel einen Plan schmieden, wie sie heimlich den streng verbotenen Horrorfilm sehen können, sich vor Papas ungenießbaren Kochkreationen drücken oder ganz ohne Erwachsene klarkommen, als sie einmal beschließen, au… auto… autodings zu leben. Nach Erfolgen wie ROSALIE BLUM, JULIETTE oder DIE VUNDERWOLLEN lässt uns Camille Jourdy erneut an ihrem unnachahmlichen Zeichen- und Erzählstil teilhaben. Mit Humor und Zärtlichkeit schildert sie das Leben einer Familie, die unsere eigene sein könnte.

Rezension von Britta Kiersch

Erstellt: 02.05.2025 - 13:57  |  Geändert: 02.05.2025 - 15:20