Wie kaum eine Autorin ihrer Zeit hat Susanne Kerckhoff den Verlust der moralischen Integrität der Deutschen, ihre Schuld an den Verbrechen des Nationalsozialismus und die Frage der daraus resultierenden geistigen Neuorientierung zum Mittelpunkt ihres literarischen Schaffens gemacht.
Ein bedeutendes Zeugnis dieser Auseinandersetzung ist ihr kurzer, 1948 erschienener halbfiktiver Briefroman Berliner Briefe. In diesem Buch richtet Helene, eine im zerstörten Berlin lebende Frau, nach Kriegsende dreizehn Briefe an ihren nach Paris emigrierten jüdischen Jugendfreund Hans.
Belletristik (Thema)
Stefan Zweig reflektiert die politisch-kulturellen Umbrüche und Unsicherheiten im Europa der Zwischenkriegszeit: Vor dem Hintergrund von Inflation, Arbeitslosigkeit und politischen Krisen breiten sich Hetze, Hass und Gewalt wie ein schleichendes Gift in der Gesellschaft aus. Tabus werden systematisch gebrochen, Normalitätsgrenzen leise verschoben.
Hitler beginnt - und damit die Unmenschlichkeit.
1796, Frankfurt am Main: Friedrich Hölderlin wird für einige Jahre Hauslehrer bei dem Bankier Jacob Gontard und erlebt die glücklichste Zeit seines Lebens. Das liegt nicht nur an Susette, der Frau Gontards, sondern auch an der freundlichen Familie und dem anregenden Umfeld. Geld und Poesie, Kalkül und Leidenschaft, Leben und Dichten stehen hier nicht in Konkurrenz, sondern berühren sich. Für einen langen Moment scheinen sie sich anfreunden zu können.
Diese Texte über ihre prägenden Lebenserfahrungen gehören zum Persönlichsten, das Natalia Ginzburg je geschrieben hat. Sie erzählt von der Verbannung ihrer Familie in ein abruzzisches Bergdorf, die mit der Ermordung ihres Mannes Leone durch die Nazis in Rom endet; von der verzweifelten Zeit nach der Befreiung, in der Natalia nicht weiß, was mit dem Leben anzufangen sei; von ihrer Freundschaft mit Cesare Pavese, ihrer Beziehung zu dem Anglistikprofessor Gabriele Baldini und der gemeinsamen Zeit mit ihm in England, das ihr das traurigste Land der ganzen Welt zu sein scheint.
Die Briefe einer Peruanerin waren in ihrer Zeit ein Bestseller. In 41 fiktiven Briefen, die eine entführte Inka-Prinzessin aus Frankreich an den Geliebten zu Hause schreibt, hält Françoise de Grafigny dem Ancien Régime den Spiegel vor. Sie entwickelt dabei eine weibliche Lebensutopie, die von gegenseitiger Anerkennung geprägt ist. Fast 40 Ausgaben und zahlreiche Übersetzungen erschienen in den Jahren zwischen der Erstveröffentlichung 1747 und 1835. Dann geriet das Werk weitgehend in Vergessenheit.
Françoise de Grafigny hat in diesem Briefroman zahlreiche Themen der Aufklärung auf originelle Weise aufgegriffen. Zilia, die "natürliche Wilde" aus Peru, kommt in die zivilisierte, aber sittlich zweifelhafte Pariser Gesellschaft, und in dem Maße, wie sie mit den Lebensverhältnissen vertraut wird, kritisiert sie Klerus, Kirche, die Kluft zwischen Arm und Reich, vor allem aber die vorherrschende Doppelmoral.
Was gibt es Schöneres, als unverhofft auf die große Liebe zu stoßen? Oder auf ungeahnte Lesefreuden?
Über das große Glück, das zu finden, wonach man nicht gesucht hat, schreibt Mark Forsyth in seinem charmanten und witzigen Essay, der zugleich eine Liebeserklärung an die gute Buchhandlung ist. Denn nur dort kann man zufällig genau das Buch entdecken, von dem man noch gar nicht wusste, wie sehr man es lieben wird.
Er zählt zu den großen Dichtern der Weltliteratur: Friedrich Hölderlin. Doch zu seinen Lebzeiten blieb ihm die Anerkennung versagt. Erst im 20. Jahrhundert wird er wiederentdeckt, inspiriert Stefan George, Georg Trakl, Rainer Maria Rilke und Paul Celan und ist bis heute in Übersetzungen und Vertonungen weltweit präsent. Die Genialität seiner Sprache findet sich in jedem seiner Verse. Von den Jugendgedichten und den ersten lyrischen Werken seiner Tübinger Studentenzeit über die Diotima-Gedichte an seine Liebe Susette Gontard bis hin zu seinen großen Hymnen und Elegien - diese Auswahl lädt dazu ein, Hölderlins wunderbare Lyrik in all ihrer Kühnheit, Intensität und Schönheit zu entdecken!
Sind wir die Helden in einem Katastrophenfilm? In sieben Prosastücken erzählt Kathrin Röggla von der Bedrohung und der Magie einer Welt in Alarmbereitschaft.
Brennende Wälder, fliehende Tiere, Panikeinkäufe. Experten, Schaulustige und Beteiligte stieren auf die Katastrophe. Und fragen sich: "hat man jetzt überlebt?". Entwarnung wird nicht gegeben. Eine Welt im Ausnahmezustand: Finanzkrise, Klimakatastrophe, Entführungsfälle - das Leben wird zum Worst-Case-Szenario. Und dadurch dramatisch. Eine gespenstische Hetzjagd. Oder sind diese Panikszenen eine große Fiktion?
Die Geschichte des Häftlings und "Lagerphotographen" von Auschwitz, Wilhelm Brasse. Eines seiner Fotos ging um die Welt. Aufstieg, Enteignung, Flucht und Widerstand der jüdischen Familie Klagsbrunn. Die Spurensuche nach der Österreicherin Gisela Tschofenig, die ihre Trauung in Dachau feiern musste. Drei Geschichten, die sich an Fotografien entzünden und diese doch übertreffen, denn sie machen das Abgebildete wieder lebendig.
Kein anderes Gedicht hat nach 1945 solche Berühmtheit erlangt wie Paul Celans "Todesfuge". Entstanden unter dem unmittelbaren Eindruck der Ermordung seiner Eltern durch die Nationalsozialisten, gilt es als eines der frühesten literarischen Zeugnisse im Angesicht der Shoah. Thomas Sparr zeichnet die Geschichte dieses Gedichts nach, das wie kein zweites deutschsprachiges Werk in der Nachkriegszeit eine ganze Epoche ins Bild setzt und eine enorme, bis heute andauernde internationale Wirkungsgeschichte entfaltet.