Der Schädelbohrer von Fichtenwald - oder - Die Metamorphosen eines Buckligen. Von Louis Ferron

Dass das Werk eines der bedeutendsten niederländischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts noch nie ins Deutsche übersetzt wurde, hat mit der Radikalität seiner Deutschlandromane zu tun. Sein wichtigster, der Holocaust-Roman Der Schädelbohrer von Fichtenwald, erzählt nicht nur aus der Täterperspektive über die Gräueltaten in den Konzentrationslagern, sondern verzerrt die Wirklichkeit zu einer grotesken Revue, die sich wie ein umgekehrterSchöpfungsakt liest. Eine mitunter verstörende Leseerfahrung von großer Dringlichkeit.

ISBN 978-3-946990-74-1     28,00 €  Portofrei     Bestellen

Im Mittelpunkt des 1976 verfassten Romans steht Friedolien, ein buckliger, unzuverlässiger Erzähler, Barpianist und SS-Scherge, der nach Anerkennung und Wertschätzung der "neuen Herrenmenschen-Elite" strebt, aber ständig von ihr gedemütigt wird. Ort der Handlung ist das fiktive Konzentrationslager Fichtenwald, das mit seinen Baracken, Wachttürmen und Stacheldraht unschwer als solches erkennbar ist, bei Fridolien aber als Sanatorium daherkommt, wo Patienten in einer "Atmosphäre geschützter Abgeschlossenheit" ihrer baldigen Genesung entgegensehen. Aber auch sein kranker Geist kommt irgendwann zu der Erkenntnis: "Die einzige menschliche Emotion, die bleibt, ist der Hass, und mit diesem Hass habenwir unter anderem Fichtenwald aufgebaut." Wie eingehend Ferron mit der Geschichte des "Dritten Reiches" vertraut war und wie genau er einige Protagonisten seiner im wahrsten Sinne des Wortes irren Geschichte nach der unheilvollenWirklichkeit gezeichnet hat, erhellt das Nachwort von Jan Konst, dem besten Kenner von Ferrons Werk.

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Inhaltsverzeichnis

Buchbesprechungen:

Gibt es eine Vermählung von Liebe und Gewalt? Sind beide so unterschiedlich, wie es den Anschein hat, oder kann Liebe in Gewalt münden oder sogar in ihr zu erkennen sein? Das Buch »Der Schädelbohrer von Fichtenwald oder Die Metamorphosen eines Buckligen« von Louis Ferron setzt sich mit dieser Frage auseinander. Der niederländische Schriftsteller erschuf ein Werk, das Motive aus dem Drama »Penthesilea« von Heinrich von Kleist in ein fiktives Konzentrationslager im Nationalsozialismus überträgt. Das Buch ist dabei aufgeteilt in drei Aufzüge mit unterschiedlichen Akten und zwei Zwischenspiele. Die Anlehnung an die Form des Theaters ist gut gelungen, da die Handlungen der einzelnen Akte – wie bei unterschiedlichen Szenen – in sich abgeschlossen sind. Von Matthias Reimers → Literaturcafé 27. 08.23

Noch ein Holocaustroman. Nach der Familiengeschichte von Paul Binnerts, Janos Szekelys „Nacht“ kommt jetzt noch ein Roman eines Holländers, 1942 geboren und 2005 verstorben, nämlich Louis Ferron, der aus dem Holocaust, eine Farce, eine Revue, eine Theaterstück in drei Aufzügen, vielen Akten und einigen Zwischenspielen machte. Von jancak → Literaturgeflüster 21.07.23

Pressestimmen:

Der Schädelbohrer von Fichtenwald (ist) ein großartiges Buch, dessen Ernsthaftigkeit ebenso messerscharf wie humorvoll ist, und das eine umwerfende Sprachbeherrschung und eine fast untrügliche Vorstellungskraft aufweist. - Vrij Nederland

Ferron weiß, dass sich hinter dem Schein Dinge verbergen, die zu schrecklich und entsetzlich sind, als dass man sie in Worte fassen könnte, aber im Schauder findet er auch das Erhabene. - Jury Constantijn Huygens-Preis 2001

Der Autor:

Louis Ferron (1942-2005) war der uneheliche Sohn einer niederländischen Mutter und eines deutschen Wehrmachtssoldaten, der im Krieg ums Leben kam. Zeitweise lebte er als Pflegekind bei der Ehefrau seines Vaters in Deutschland. Nach der Befreiung kehrte er in die Niederlande zurück, wo er von seinen Großeltern mütterlicherseits aufgenommen wurde. Die Auseinandersetzung mit seiner Herkunft und die Faszination für die dunklen Seiten der deutschen Geschichte prägten sein literarisches Schaffen. Ferron war Lyriker, Dramatiker und Prosaist. 1974 debütierte er als Romanautor. Der Schädelbohrer von Fichtenwald erschien 1976. Für seine literarischen Arbeiten erhielt Louis Ferron zahlreiche Auszeichungen, u.a. den Constantijn-Huygens-Preis für sein Gesamtwerk (2001).

Der Übersetzer auf Wikipedia

 

Erstellt: 01.11.2023 - 07:57  |  Geändert: 01.11.2023 - 15:06