Mit viel Feingefühl erzählt der Autor Bojan Peroci zunächst die Geschichte seiner Protagonistin, der slowenischen Widerstandsaktivistin Bina, die sich in Zeiten der Unmenschlichkeit, Brutalität und Kälte ihre Würde nicht nehmen lässt. Für ihre Unbeugsamkeit muss sie mit dem Leben bezahlen. Zuvor jedoch gelingt es ihr, ihre im KZ Ravensbrück zur Welt gebrachten Tochter Maria zu retten. Maria wächst nach dem Krieg als Ziehtochter bei jener polnischen Frau auf, die sie aus dem KZ geschmuggelt hat. Doch das nach dem Krieg stark verarmte, kommunistische Polen kann der jungen Maria keine Zukunftsperspektive bieten und so ist die mittlerweile erwachsene Maria gezwungen, eine Stelle als Pflegerin bei einem ehemaligen Wehrmachtsoffizier in Deutschland anzunehmen. Nun kommt Maria in jenes Umfeld, das sie letzlich auf die Suche nach der eigenen Geschichte und Vergangenheit zwingt.
Dezember 2020
Am 12. Dezember versammelt Brecht die Schauspieler des Berliner Ensembles im Zuschauerraum. Zwei Tage später beginnt er mit den szenischen Proben zu seinem Stück »Leben des Galilei«, wegen seines angegriffenen Gesundheitszustandes zumeist nur von zehn bis zwölf Uhr. Im März unterbricht er die Probenarbeit und wird sie nicht wieder aufnehmen. Er stirbt im August 1956. Der Regieassistent Hans Bunge hatte während der Proben ein Tonbandgerät aufgestellt, und so entstand ein einzigartiges Dokument, das den Mythos der Theaterarbeit Brechts in neuem Licht erscheinen lässt.
März 1973: Nach der Auflösung der French Connection tobt in Marseille ein blutiger Bandenkrieg um die Nachfolge von Mafiaboss Antoine Guérini. In dieser aufgeheizten Atmosphäre wird der dynamische Geschäftsmann Maxime Piéri vor dem Casino von Nizza mit zehn Kugeln hingerichtet. Der Held der Résistance, vormals rechte Hand der Guérini-Brüder und dann zum Frachtreeder konvertiert, scheint seiner Mafiavergangenheit erlegen zu sein. So jedenfalls die bevorzugte Version von Polizei und Justiz, wo man an einer echten Untersuchung nicht interessiert ist.
Mit dem Fall betraut wird der unerfahrene Commissaire Théodore Daquin, der in Marseille seinen ersten Posten antritt.
Jena, 1985. Ein junger Mann ist ermordet worden. Ein Punker, so nennen sich diese Gestalten, die vom sozialistischen Staatswesen so schwer auf Linie zu bringen sind. Die Ermittler der Morduntersuchungskommission um Oberleutnant Otto Castorp nehmen schnell den Vater des Opfers ins Visier, einen Antiquitätenhändler mit Westkontakt, der dem Arbeiter- und Bauernstaat feindselig gegenüber steht. Der Ermordete, das weiß Castorp, hatte sich als Informeller Mitarbeiter bei der Staatssicherheit verpflichtet. Zudem scheint der Fall auch mit einer Einbruchsserie in der Stadt zu tun zu haben. Und mit alten Geschichten. Sehr alten, sehr finsteren Geschichten - sie reichen zurück in die Zeit vor 1945.
Von Krimipreisträger Max Annas: Der erste große Kriminalroman, der in der DDR spielt. An einer Bahnstrecke nahe Jena wird 1983 eine entstellte Leiche gefunden. Wie ist der junge Mosambikaner zu Tode gekommen? Oberleutnant Otto Castorp von der Morduntersuchungskommission Gera sucht Zeugen und stößt auf Schweigen. Doch Indizien weisen auf ein rassistisches Verbrechen. Als sich dies nicht länger übersehen lässt, werden die Ermittlungen auf Weisung von oben eingestellt. Denn so ein Mord ist in der DDR nicht vorstellbar. Also ermittelt Otto Castorp auf eigene Faust weiter. Und wird dabei beobachtet. Ein eminent politisches Buch nach einem historischen Fall.
Wie lebt es sich in einem real existierenden Utopia? Einem Ort, in dem es keinen Bürgermeister gibt, keine Polizei, keine Gefängnisse. Wo Geld keine Rolle spielen soll. Und sich der Reichtum der Bewohner nicht durch materiellen Besitz manifestiert, sondern durch gelebte Individualität und Spiritualität. Auroville, gegründet 1968 unter dem Schutz der UNESCO in Südindien als Weltort zur Förderung der menschlichen Einheit, ist eine der letzten intentionellen Gemeinschaften, die nach 50 Jahren immer noch stetigen Zustrom erfährt. Heute leben über 3.000 Menschen aus 50 Nationen in der experimentellen Stadt, die aus hunderten Communities besteht, welche organische Landwirtschaft und Wiederaufforstung betreiben, oder sich dem Integralen Yoga widmen.
Georg T. erstickte seine Frau und verbrannte ihre Leiche auf der Straße. Über die Motive schwieg er. Tanja G. tötete ihre neugeborenen Kinder, versteckte sie im Kleiderschrank. Die forensische Psychiaterin Nahlah Saimeh weiß, dass es meist profane Gründe sind, die aus Menschen Mörder machen: Selbsthass, Eifersucht, Einsamkeit oder Angst. Sie zeigt, wie alltäglich das Böse ist und warum sich eine Gesellschaft gerade deswegen ihre Menschlichkeit bewahren muss.
Der letzte Satz. Von Robert Seethaler. Roof Music ISBN 978-3-86484-657-1
Gustav Mahler befindet sich an Deck eines Schiffes auf der Reise von New York zurück nach Europa. Ein Schiffsjunge bringt ihm Tee, er soll sich um diesen Mann kümmern, der dort so traurig sitzt und er fragt ihn nach seiner Musik, aber der große Komponist erzählt dem Jungen von seinen Erinnerungen, über die Zeit in Wien und wie viel Anstrengung es ihn gekostet hat, dort zu arbeiten und die Musiker zu Höchstleistungen anzuspornen. Er erzählt von seiner Tochter und ihrem frühen Tod und was das mit ihm und seiner Ehe mit Alma, seiner großen Liebe, gemacht hat. Dass Alma und er sich daraufhin immer mehr voneinander entfremdet hatten, bis Alma sich in Gropius verliebte, diesen eingebildeten Schnösel.
»Man kann über Musik nicht reden, es gibt keine Sprache dafür.« An Deck eines Schiffes auf dem Weg von New York nach Europa sitzt Gustav Mahler. Er ist berühmt, der größte Musiker der Welt, doch sein Körper schmerzt, hat immer schon geschmerzt. Während ihn der Schiffsjunge sanft, aber resolut umsorgt, denkt er zurück an die letzten Jahre, die Sommer in den Bergen, den Tod seiner Tochter Maria, die er manchmal noch zu sehen meint. An Anna, die andere Tochter, die gerade unten beim Frühstück sitzt, und an Alma, die Liebe seines Lebens, die ihn verrückt macht und die er längst verloren hat. Es ist seine letzte Reise.
Herzfaden. Roman der Augsburger Puppenkiste. Von Thomas Hettche Kiepenheuer & Witsch ISBN 978-3-462-05256-5
Jeder kennt die Augsburger Puppenkiste, aber nicht das Urmel oder der Gestiefelte Kater, nicht Jim Knopf oder Bill Bo sind die Hauptfiguren dieses Buches, sondern die Familie Oehmichen, die hinter dem Mythos der Marionetten steckt, jene Menschen, die sich am anderen Ende der Fäden befinden.
Der Begründer der Puppenkiste Walter Oehmichen, der Oberspielleiter des Augsburger Theaters war, lernte im Krieg das Schnitzen und baute nach dem Krieg das Provisorium mit den hölzernen Türen aus Teilen einer Transportkiste der Deutschen Reichsbahn. Oehmichen wurde nicht entnazifiziert, weshalb er nicht ans Theater zurückkonnte und außerdem war er mittlerweile dem Reiz der Marionetten erlegen. Es geht in dem Roman nicht darum eine dunkle Seite in seinem Leben zu finden, aber natürlich wurzelte die Puppenkiste, die zu einem heißgeliebten Symbol der frühen Bundesrepublik wurde, wie vieles in den Jahren des Neubeginns nach 1945 im „Dritten Reich“.