Maria Lazars 1920 erstmals erschienener Debütroman "Die Vergiftung" ist eine eigentümlich faszinierende Mischung aus Sittenporträt und autobiographischer Familiengeschichte. In dreizehn Kapiteln umkreist dieser wohl einzige expressionistische Roman der österreichischen Literatur das Leben der 20-jährigen Rebellin Ruth, erzählt von ihren Ängsten, Hoffnungen und Unzulänglichkeiten, von ihrer zerstörerischen Liebe zu einem namenlosen, älteren Chemiker und ihrem mit brutaler Vehemenz ausgetragenen Kampf gegen die Vereinnahmungsversuche der überdominanten Mutter. Lazar schrieb ihn 1915, als sie gerade selbst zwanzig Jahre alt war, in einer vernichtenden Wendung gegen die heuchlerische Lebenswelt des Wiener Großbürgertums vor Beginn des Ersten Weltkriegs; eine Welt, die sie als jüngstes Kind einer vermögenden, jüdischen Wiener Familie bestens kannte - in der sie sich aber niemals wirklich heimisch fühlte.