weltnetzTV (Medienpräsenz)

55:04

Der Imperialismus-Begriff wird heute inflationär gebraucht und auch von sich links bezeichnenden Gruppen auf Russland und China ausgedehnt.

Sabine Kebir und Andreas Wehr konstatieren, dass damit die Komplexität imperialistischer Politik in der gegenwärtigen Welt nicht erfasst wird und diskutieren Elemente eines zeitgemäßen Imperialismus-Begriffs.

1:27:29

Eugen Drewermann kam auf Einladung des Vereins Deutsch_Russische Friedens_Tage nach Bremen in die Andreas-Kirche. "Kein anderer Schriftsteller hat die westliche Kultur so stark beeinflusst wie Dostojewskij. Doch die 'Seele', die er seziert, ist nicht spezifisch für sein Land - es ist die Seele, des modernen Menschen, der wir alle sind." So beschreibt die Zeitung NZZ aus Anlass seines 200. Geburtstags den Einfluss des künstlerischen Schaffens von Fjodor Dostojewskij. Dr. Eugen Drewermann, Psychoanalytiker, Theologe und Autor zahlreicher Bücher, ist dem Bremer Publikum auch als engagierter Redner für Frieden und Abrüstung bekannt. 2023 erhielt er den Habenhauser Friedenspreis. Sein Vortrag zum Werk Dostojewskijs bringt uns vor allem mit drei Themen, die bei Dostojewskij immer wieder eine zentrale Rolle spielen in Berührung: die Armut, die Schuld und der Tod, – und die dazu gehörigen existenziellen Werte: die Barmherzigkeit, das Verstehen und der Glaube an Unsterblichkeit. Eugen Drewermann hielt seinen Vortrag über 90 Minuten in voller Konzentration und in der von ihm bekannten unglaublichen Intensität in völlig freier Rede. Das Publikum hörte gebannt zu und beteiligte sich rege an der nachfolgenden Diskussion, die aber nicht mehr aufgezeichnet wurde. 

1:07:23

Der Wiener Sozial- und Wirtschaftshistoriker Hannes Hofbauer hat ein Buch zum Thema ´Kritik der Migration` geschrieben, in dem er das Phänomen selber hinterfragt und auch die Ideologien, mit denen es in den sog. „Leitmedien“ behandelt wird. Im Gespräch mit Sabine Kebir stellt er klar, dass Migration zwar eine Konstante in der Menschheitsgeschichte ist, aber keine Bedingung menschlichen Lebens. Vielmehr verlassen Menschen ihren angestammten Lebensraum nur, wenn ihre Perspektiven durch Kriege, politische Verfolgung, Umweltzerstörung oder schlechte Wirtschaftslage schrumpfen. In den Medien herrscht der Tenor vor, dass Arbeitsmigration in der Moderne die Normalität sei und den Wohlstand des Empfängerlandes als auch der Migranten mehre. Auf dieser Prämisse beruht der Migrationspakt der UNO und die Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU, die seit dem Zusammenbruch des Ostblocks zur Migration von Millionen Menschen aus dem deindustrialisierten Osteuropa ins wirtschaftlich stärkere Westeuropa führte. Kaum beleuchtet wird, dass die Altenpflegerin aus Rumänien, die den Pflegenotstand westeuropäischer Familien behebt, zu Hause als Mutter, Partnerin oder auch als Pflegerin der eigenen Eltern fehlt. Da das Einkommensverhältnis z.B. für qualifizierte Fachkräfte wie Ärzten und Ingenieuren innerhalb der EU (und auch im Verhältnis Afrika-EU) etwa 1:10 ist, was zum sog. braindrain führt, verlieren die ärmeren Länder auch auf der makroökonomischen Ebene, während die reicheren Länder enorme Ausbildungskosten sparen. IWF und Weltbank empfehlen mittlerweile Osteuropa, den fehlenden Fachkräftemangel durch Import von außereuropäischen Arbeitskräften auszugleichen. Während Rumäninnen in Spanien Erdbeeren pflücken, treten in der rumänischen Bekleidungsindustrie heute tausende Frauen aus den Philippinen die Arbeit mit Verträgen an, die sie in ein System der Schuldknechtschaft zwingen, das den Einwanderungsbedingungen in die USA im 19. Jahrhundert ähnelt.

Hofbauer betont, dass es ihm nicht um eine Verurteilung der subjektiven Motive der Migranten geht, sondern um Kritik des globalisierten Systems der Migration. Selbst Linke hätten nicht verstanden, dass es ein Ausdruck extrem ungleicher Lebensbedingungen ist, die zu bekämpfen in den Fokus rücken müsste. Das System ist kapitalgesteuert und politisch gelenkt, wie Hofbauer in einem Rückblick auf historische Anwerbeprogramme erläutert. Migranten dienen in den Ankunftsländern dazu, die Löhne in bestimmten Bereichen niedrig zu halten, in denen - dank historisch erkämpfter Sozialstaatsregelungen - keine einheimischen Arbeitskräfte einstellbar sind. Dass jedoch auch „schmutzige Arbeit“ durch anständige Entlohnung und attraktive Arbeitsbedingungen von Einheimischen erledigt wird, zeigt Hofbauer am Beispiel der Wiener Müllabfuhr, die in städtischer Verantwortung gelassen wurde.

Weitere Themen des Gesprächs ist die im Gefolge der Migrationspolitik stattgefundene Stärkung rechter Bewegungen, die ideologische Verwässerung des Asylbegriffs, die Verschiebung des kulturellen Migrationsparadigmas von der Assimilation zur Multikulturalität sowie die mögliche Perspektive des Abnehmens technologischer Performance der Staaten, die sich stark auf den Import von Arbeitskräften verlassen.

1:00:17

Michael Lüders war eingeladen von der Palästinensischen Gemeinde in Bremen und sprach am 28. November 2025 im großen Saal der Islamischen Föderation vor mehreren hundert Zuhörern. Er sprach über die unsägliche "Drecksarbeit" (nach Friedrich Merz), die Israel, ohne dass ein Ende abzusehen ist, an den Palästinensern begeht. Mit Tod, Vertreibung, Hunger, Durst und der der Vernichtung aller Lebensgrundlagen. "Es ist kein Krieg! Es ist ein Genozid!" Mittlerweile hat die Gewalt die gesamte Region in Brand gesetzt, vom Libanon über den Jemen bis in den Iran - mit harten Konsequenzen auch für Deutschland und Europa. Lüders stellte die Haltung der Bundesregierung infrage, die auf Berufung auf eine völkerrechtlich obskure "Staatsraison" alle Verbrechen der ultrarechten israelischen Regierung unterstützt. Nicht zuletzt ist Michael Lüders zur Zeit auf Lesereise für sein im Oktober erschienenes Buch "Drecksarbeit? Israel, Amerika und der imperiale Größenwahn im Nahen Osten".

1:27:47

Der bekannte Publizist und Osteuropaexperte Reinhard Lauterbach referierte und diskutierte am 14. November 2017 in Bremen, sein Thema: "Der Kampf um die Ostsee - gefährliche Eskalation im Baltikum". 

Die Situation hält Lauterbach für äußerst bedrohlich. Er schloss sein Referat mit einer bitteren und pessimistischen Bemerkung: "Wenn jemand von Ihnen mit dem Gedanken spielen sollte, sich noch einmal die Kurische Nehrung oder die Backsteingotik von Riga anzuschauen, tun sie's lieber schnell, als dass sie es lange aufschieben."

1:16:38

Der Wirtschaftswissenschaftler Thomas Kuczynski hat eine neue Textausgabe des ersten Bandes von Marxens ´Kapital` mit zahlreichen Korrekturen und Ergänzungen herausgegeben, die bislang nur in der französischen Übersetzung enthalten waren. Nicht Marx selber, nicht Engels kamen noch dazu, auch die deutsche Ausgabe entsprechend zu verändern. Ausgehend von dieser Publikation fragt Sabine Kebir Kuczynski nach den – in der Rezeption oft spekulativ phantasierten – Perspektiven, die Marx von der Revolution und vom Sozialismus wirklich hatte und wie sich diese Perspektiven heute verändert haben, z. B. die Frage des "Absterbens des Staates". Zur Sprache kommen auch die aktuellen Gesellschaftsformen in Russland und China, der Charakter von Donald Trumps Wirtschaftspolitik und die Notwendigkeit der antikapitalistischen Bewegungen.

18:28

15 Minuten lang informiert die Tagesschau über die vorgeblich wichtigsten Ereignisse des Tages. Als »Flaggschiff der ARD« gibt sie sich als verlässlich, neutral und seriös.

Diesen Anspruch hinterfragen Uli Gellermann, Volker Bräutigam und Friedhelm Klinkhammer detailliert und gründlich. Sie gehen der Geschichte der Tagesschau nach, beleuchten Vermittlung und Auswahl von Nachrichten, kommentieren die Berichterstattung zu zentralen aktuellen Themenschwerpunkten wie dem Krieg gegen Syrien und dem Konflikt um die Ukraine, stellen die viel zu unbekannten »Programmbeschwerden« als Möglichkeit des Zuschauerprotests und der demokratischen Auseinandersetzung mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk dar.

Ihr Fazit ist ernüchternd. Sie halten die Tagesschau weder für verlässlich noch für neutral, nur für bedingt seriös und bestenfalls für schlau. Nach diesen 15 Minuten weiß man, was die Regierung denkt; was die Republik denken soll und was zu denken unter den Tisch fallen kann.

45:05

Jedes Jahr im Dezember treffen sich Aktivisten, Wissenschaftler und friedenspolitisch Engagierte und zu einem bundesweiten Friedensratschlag in Kassel.
Weltnetz.tv war dabei und hat einige Veranstaltungen und workshops mit interessanten Referenten aufgezeichnet.

Jörg Becker ist Hochschullehrer und referiert zumThema Feindbilder, Kriegseintrittslügen, verschwiegene Inhalte und verschwiegene Kriege, ökonomische Mechanismen und die Macht der Presseagenturen, Feindtheorien und Feindstrafrecht, Globalisierung des Holocaust (Der Auschwitz-Vergleich), Delegitimationsstrategie. Er spricht über  Kriegerische Aufmerksamkeitsstragie und selektive Wahrnehmung und zeigt den Markt als Motor für Mediengewalt auf.
Weitere Schlaglichter sind: Homogenisierung der weltweiten Presseberichterstattung, Propagandakriegsspiralen, Medienrevolutionen, East stratcom Team der EU-Kommission (EU Propaganda gegen Osteuropa ua gegen Russia today) und Rundfunkpolitik.

1:10:59

Ivan Rodionov, geboren in der UdSSR, studierte Germanistik und Anglistik in Moskau sowie Übersetzen und Dolmetschen an der Universität Heidelberg. Er arbeitete beim ZDF und im Spiegel-Büro in Moskau. Bis 2021 war er Chefredakteur von RT-Deutsch. Aktuell ist er für den Kanal infrarotmedien.de verantwortlich. Rodionov kennt sich gut aus im Auf und Ab der deutsch-russischen Beziehungen und bedauert die aktuell im deutschen Politik-Medien-Kartell grassierende Russophobie. Welche Sumpfblüten diese hervorbringt - davon erzählte Ivan Rodionov mit entlarvenden Bild- und Textbeispielen im ersten Teil des Abends. Der zweite Teil war gewidmet den aktuellen Entwicklungen einer sehr lebendigen Kultur (Gallerien, Museen, Theater, Film) in Moskau, Petersburg aber auch und vor allem in den großen Städten der russischen "Provinz". Auch hier: in den deutschen Medien wird (fast) überhaupt nicht, und wenn, dann nur in einem hämischen bzw. herablassenden Ton berichtet. Dass der Referent einen Einblick in diese faszinierende Entwicklung gab - dafür dankte das Publikum mit einem lang anhaltenden Beifall und mit einer intensiven Frage- und Diskussionsrunde nach dem Referat. 
Veranstalter: Deutsch_Russische Friedens_Tage Bremen e.V.
Video: Marlies und Sönke Hundt

1:12:55

Zur Steuerung einer sozial verträglichen Entwicklung experimentieren die chinesischen Behörden mit neuartigen Kredit-Punkte-Systemn, die eine prosoziale Rücksichtnahme und ökologisches Verhalten fördern sollen. Diese Tests, zur Zeit wird mit 40 unterschiedlichen Systemen experimentiert, lösen - vor allem in den westlichen Medien - heftige Diskussionen aus, beruhen die Systeme doch zum Teil auf gleichen oder ähnlichen technischen Grundlagen (Big-Data, Mustererkennung, Künstliche Intelligenz, Datenintegration) wie die polizeilichen und geheimdienstlichen Überwachungstechniken, die hierzulande entwickelt werden. Das Thema ist ein ideologisches Minenfeld, es ist "contested terrain".

Was fehlt, sind natürlich solide und unvoreingenommene Informationen aus erster Hand. Madeleine Genzsch, MBA, Marketing- und China-Expertin, hat 15 Jahre in China gelebt, hat dort deutsche Unternehmen beraten, spricht chinesisch und ist wohl eine der besten China-Kennerinnen in Deutschland. Sie versucht in ihren Vorträgen, über China aufzuklären, Vorurteile abzubauen und für Kooperation zu werben. Zur Zeit promoviert sie zum Thema "ecological China" an der RWTH Aachen.

Madeleine Genzsch war am 11. April 2019 im Rahmen der Bremer China-Reihe zu einem ebenso spannenden wie informativen und kontrovers diskutierten Vortrag in Bremen. Eingeladen hatten: Studiengruppe China Bremen, Konfuzius-Institut Bremen e.V., biz Bremer Informationszentrum für Menschenrechte und Entwicklung, BeN Bremer entwicklungspolitisches Netzwerk e.V. und Weltnetz.tv. Unterstützt wurde die Veranstaltung von: Vereinigte Ev. Gemeinde Bremen-Neustadt, Bremer Friedensforum, AK Nahost Bremen, aufstehen Bremen, Kreisverband LdW der Linkspartei.