Literatur zur Abendstunde 2021

Die Stadt, das Geld und der Tod. Von Frank Göhre. Rezension von Manfred Kunz

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Die Stadt, das Geld und der Tod. Von Frank Göhre   CultureBooks   ISBN 978-3-95988-184-5

Der 1943 geborene und in Bochum aufgewachsene Frank Göhre war einst ein Buchhändler-Kollege. Von 1962 bis 1964 hat er eine Buchhändlerlehre absolviert und diesen Beruf bis 1970 in Köln, Bochum und Essen ausgeübt. Seit 1981 lebt und arbeitet er als freier Schriftsteller in Hamburg, wo auch seine legendäre „Kiez-Trilogie“ - Schrei des Schmetterlings (1986), „Der Tod des Samurai“ (1989), „Der Tanz des Skorpions“ (1991) – angesiedelt ist, ein Meilenstein der neueren deutschen Kriminalliteratur.

Besichtigung eines Unglücks. Von Gert Loschütz. Rezension von Manfred Kunz

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Besichtigung eines Unglücks. Von Gert Loschütz   Schöffling VErlag   ISBN 978-3-89561-157-5

Für mich die Autoren-Entdeckung des Jahres. Obwohl ich den in diesem Jahr 75 Jahre alt gewordenen Gert Loschütz längst hätte kennen können, hat er doch Hör- und Fernsehspiele entwickelt, viele Theaterstücke verfasst, als Gast-Dramaturg am Schauspiel Frankfurt gearbeitet und mit seinem 2018 erschienen Roman „Ein schönes Paar“ nicht nur ein spätes Comeback gefeiert, sondern auch eine Nominierung für den Deutschen Buchpreis 2018 erlangt. Auch der im Sommer 2021 erschienene Roman „Besichtigung eines Unglücks“ war für den Deutschen Buchpreis nominiert, leider nur für die Longlist, ist aber soeben, am letzten November-Wochenende, mit dem literarisch hoch angesehenen Wilhelm-Raabe-Preis 2021 ausgezeichnet worden.

Vom Hass zum Genozid. Das Dritte Reich und die Juden. Von Léon Poliakov. Rezension von Erich Dürschmied

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Vom Hass zum Genozid. Das Dritte Reich und die Juden.   editon Tiamat   ISBN 978-3-89320-277-5

Eine gekrümmte alte Frau mit vier kleinen Kindern, eines im Babyalter an der Brust, schleppt sich mühsam voran. Die Kinder gehen vorwärts gebeugt, teilweise halten sie sich an den Händen. Das Bild stammt aus Auschwitz-Birkenau und der Betrachter weiß, die Frau geht mit den Kleinen in den Tod, „ins Gas“. Mich hat dieses Bild geprägt, von Jugend an und durch mein ganzes Leben begleitet. Nichts kann die Dimensionen der Naziverbrechen mehr veranschaulichen als diese szene. Unschuldige, wehrlose Menschen, aussortiert, abgesondert, werden ermordet. Sie haben keine Chance. Sie sind das Opfer von Irren, die es verstanden haben, sich an die Spitze eines Volkes zu setzen und dieses Volk mit monströsem Gedankengut zu durchdringen.

Michelangelo. Von Horst Bredekamp. Rezension von Christopher Franz

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Michelangelo. Von Horst Bredekamp   Wagenbach Verlag   ISBN 978-3-8031-3707-4

Das Buch beeindruckt allein durch seine Zahlen: 816 seiten im Großformat, gebunden in rotem Leinen; das Gewicht von 3,2 Kilo, das ein Lesen im Bett fast unmöglich macht; hunderte, teils historische, aus Archiven zusammengesuchte Abbildungen; und 2065 Fußnoten.

„Michelangelo“ des Berliner Kunsthistorikers Horst Bredekamp fasst seine jahrzehntelangen Forschungen zu einem der bedeutendsten Maler, Bildhauer und Architekten der europäischen Geschichte zusammen. Quasi ein Forscherleben für ein Künstlerleben. Bei allem wissenschaftlichen Anspruch ist dennoch eine leicht lesbare und verständliche Künstlermonografie entstanden.

Dein Bücherregal verrät dich. Momente, die du nur kennst, wenn du Bücher liebst. Von Grant Snider. Rezension von Christopher Franz

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Dein Bücherregal verrät dich. Momente, die du nur kennst, wenn du Bücher liebst. Von Grant Snider   Penguin München   ISBN 978-3-328-60193-7

Natürlich erzählen die Bücher, die zu Hause im Regal stehen und mit denen man sich gerne umgibt, viel über ihren Besitzer, über seine interessen, seinen Anspruch und seine Vorlieben. Am liebsten hat man dann Bücher, die diese Liebe zum bedruckten Papier zum Thema haben. Bücher über Bücher also. „Dein
Bücherregal verrät dich“ ist ein Comic mit vielen kurzen Geschichten über diese Liebe, die Glücksgefühle, die Bücher in uns auslösen können, und manchmal auch die Verzweiflung, wenn ein Buch, dessen Besitz man sich absolut sicher ist, einfach unauffindbar bleibt.

Erstaunen. Von Richard Powers. Rezension von Christopher Franz

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Erstaunen. Von Richard Powers   S. Fischer Verlag   ISBN 978-3-10-397109-5

Theo Bryne ist Astrobiologe. Als Forscher an einer amerikanischen Universität durchforstet er das Universum nach Anzeichen und der Grundlage für Leben, vielleicht auch nach Spuren von intelligentem Leben. Um seinen neunjährigen Sohn Robbie - hochbegabt, aber auch an deutlichen Symptomen des Asperger-Syndoms leidend - muss er sich nach dem Unfalltod seiner Ehefrau alleine kümmern. Seine Familie ist ihm keine Hilfe, würde diese doch nur zu gerne Robbies immer größer werdenden schulischen Probleme durch eine Medikamententherapie auf einfachem Weg aus der Welt schaffen. Doch genau diese Welt ist aus den Fugen geraten, und das nicht nur durch persönliche Schicksalsschläge ...

In Flammen. Von Megha Majumdar. Rezension von Christopher Franz

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In Flammen. Von Megha Majumdar   PiperVerlag   ISBN 978-3-492-07092-8

Ein einziger Beitrag in den sozialen Medien droht das Leben der jungen Muslima Jivan aus einem indischen Slum zu zerstören. Nach einem Terroranschlag auf einen im Bahnhof stehenden Zug, bei dem sie Augenzeugin wurde und viele Menschen ums Leben kamen, stellt sie darin die Frage, ob angesichts der tatenlos zusehenden Polizisten nicht auch die Regierung eine Verantwortung für das Leid zu tragen hat. Hätte sie das nur nicht öffentlich und für alle Welt sichtbar getan! Für uns Leser ist ihre darauffolgende Verhaftung und der Vorwurf, sie sei eine Helferin der Terroristen gewesen, eindeutig klar an den Haaren herbeigezogen.

Von hier bis zum Anfang. Chris Whitaker. Rezension von Dagmar Dauerer

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Chris Whitaker: Von hier bis zum Anfang   Piper   ISBN 978-3-492-07129-1

Die 13jährige Duchess wächst ohne Vater auf. sie lebt mit ihrer Mutter, die sich in miesen Kneipen mit noch mieseren Typen einlässt und ihrem kleinen Bruder Robin in einer Kleinstadt in Kalifornien.

Sie ist ein zorniges, verletzliches, sensibles, zu früh erwachsen gewordenen Mädchen, das sich immer unversöhnlich gibt und als das Schreckliche passiert, ihre Mutter kommt ums leben, gibt es nur noch ein ziel Rache. Bereits 30 Jahre zuvor gab es einen furchtbaren Mord an der Schwester der Mutter. Als der damals verurteilte Vincent kurz vor dem erneuten tödlichen Zwischenfall aus dem Gefängnis kommt, steht der Schuldige für alle fest und die Jagd auf ihn beginnt, angeführt von der erbarmungslosen und völlig enthemmten Duchess.

Der große Sommer. Von Ewald Arenz. Rezension von Dagmar Dauerer

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Ewald Arenz: Der große Sommer   DuMont   ISBN 978-3-8321-8153-6

Ein funkelndes, flirrendes Buch über einen Sommer der das Leben des Protagonisten Frieder für immer verändert.

Die Sommerferien beginnen, einmal ist Frieder bereits sitzengeblieben; nun ist seine Versetzung gefährdet. Während die Eltern mit den jüngeren Geschwistern in den Urlaub fahren, wird Frieder in die Obhut des Großvaters geschickt, um sich auf die Nachprüfungen vorzubereiten. ein penibler Mann, unerbittlich und streng gegen sich und andere. Weil Frieder nicht begreift, wie die bezaubernde Künstlerin Nana, seine Großmutter, die er sehr liebt, sich ausgerechnet in den so unerbittlich wirkenden Großvater verlieben konnte, stöbert er in alten Tagebüchern und Briefen und erfährt von einer großen Liebesgeschichte, die von Flucht und Krieg geprägt ist und viel mit seiner eigenen zu tun hat.

Unzertrennlich. Von Irvin Yalom und Marilyn Yalom. Rezension von Dagmar Dauerer

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Irvin Yalom, Marilyn Yalom: Unzertrennlich   btb   ISBN 978-3-442-75921-7

Zwei berühmte Menschen, Irvin Yalom, Psychoanalytiker und seine Frau Marilyn, Literaturwissenschaftlerin, schreiben, als sie erfahren, dass Marilyn unheilbar an Krebs erkrankt ist, ein gemeinsames Buch. Beide kennen sich seit Teenagertagen und haben eine lange, erfüllte und liebevolle Ehe erlebt. Sie schreiben nun abwechselnd über die letzte gemeinsame Zeit.

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