Rauer Himmel. Von Franck Bouysse. Rezension von Manfred Kunz

REZENSION
Rauer Himmel. Von Franck Bouysse   Polar Verlag   ISBN 978-3-948392-38-3

Zum Abschluss noch eine kleine Preziose. Eine schmale und zugleich ungeheuer dichte Geschichte aus dem ländlichen Frankreich. Irgendwo im „Massif Central“, genauer in den rauen Cevennen liegt das Nest Les Doges, um das sich einzelne, Weiler-ähnliche Bauernhöfe gruppieren. Auf einem lebt Gus allein mit seinem Hund Mars, bewirtschaftet mit spärlichen Mitteln die kargen Feldern, versorgt seine Kühe und trotzt mit stoischer Gelassenheit den Widrigkeiten von Wetter und Natur. Den benachbarten Hof bewirtschaftet Abel unter gleichen Bedingungen. Die beiden helfen sich gelegentlich, leihen sich Werkzeuge aus, trinken mal einen Rotwein zusammen, doch Freunde sind sie nicht. Sie sind wortkarg, bisweilen schweigsam, das Unausgesprochene liegt wie eine undurchdringliche Decke über ihrer bäuerlichen Einsamkeit, unter der lange zurückliegende und verdrängte Familiengeheimnisse wie eine Zeitbombe ticken.

Schüsse, ein Schrei und Blutspuren im Schnee setzen ein Ereignis in Gang, das die alten Spannungen in die Gegenwart transformiert. In karger und harter Sprache, genau und scharf beim Blick auf die bäuerliche Welt, poetisch und fein im Angesicht der rauen Natur und des „rauen Himmels“, gelingt dem hierzulande noch völlig unbekannten, in Frankreich schon mehrfach mit Preisen ausgezeichnetrn Franck Bouysse eine Hommage an das sterbende Bauerntum, an eine untergehende Lebensform und nicht weniger als ein kleines Meisterwerk. Schubladenfreunde könnten es in die Rubrik „Französischer Country-Noir“ stecken (sofern es die gäbe), dem deutschen Krimi-Papst Thomas Wörtche wäre es vermutlich nicht innovativ genug, man kann aber auch von leiser Literatur mit Weltgeltung sprechen.

Rauer Himmel. Von Franck Bouysse

 

 

 

Erstellt: 11.12.2021 - 08:01  |  Geändert: 11.12.2021 - 08:06