Das Flüstern der Feigenbäume. Von Elif Shafak. Rezension von Stephanie Blum

REZENSION
Das Flüstern der Feigenbäume. Von Elif Shafak   Kein&Aber Verlag   ISBN 978-3-0369-5863-7

In ihrem neuesten Roman schreibt die britisch-türkische Autorin über den Bürgerkrieg in Zypern und seine Auswirkung bis in die Gegenwart. Verpackt ist dies in eine bittersüße Liebesgeschichte zwischen der jungen Türkin Defne und dem Griechen Kostas. Während des sich zuspitzenden Zypernkonflikts werden die beiden Liebenden getrennt und treffen sich erst viele Jahre später wieder. Mit dem Steckling eines Feigenbaums im Gepäck machen sie sich schließlich auf den Weg in ihre neue Heimat London. Dort setzt die Geschichte in den 2010er Jahren ein. Defne ist kürzlich verstorben und lässt Kostas mit der gemeinsamen 16-jährigen Tochter Ada zurück, die nichts über die Vergangenheit ihrer Eltern weiß.

Erst der Besuch der Tante aus Zypern bringt etwas Licht in das Dunkel des Familiengeheimnisses. Elif Shafak springt hierbei zwischen Vergangenheit und Gegenwart hin und her und verzweigt sie zu einer Geschichte, in der es nicht nur um Krieg, Nationalismus, Flucht und Emigration geht, sondern auch um das Erinnern und Vergessen. Denn auch Ada trägt, ohne es zu wollen, die Vergangenheit ihrer Eltern mit sich herum.

Eigentliche Hauptfigur und Besonderheit des Romans aber ist der Feigenbaum. Einst in Zypern ein prächtiger Baum hat er nun in London seine Wurzeln geschlagen. Seine Geschichten sind in das übrige Geschehen eingebettet und erzählen nicht nur Interessantes aus dem Reich der Botanik, sondern stellen auch der menschlichen Perspektive, die der Pflanzen gegenüber. Denn die Feige hat immer ihre eigenen Interpretationen und Ansichten zu den Geschehnissen des Romans. Eine mitreißende Geschichte, die zeigt, dass Zerrissenheit nur durch Liebe überwunden werden kann, aber auch die Zeit es nicht schafft, alle Wunden zu heilen.

Das Flüstern der Feigenbäume. Von Elif Shafak

 

Erstellt: 11.12.2021 - 08:22  |  Geändert: 11.12.2021 - 08:24