In Flammen. Von Megha Majumdar. Rezension von Christopher Franz

REZENSION
In Flammen. Von Megha Majumdar   PiperVerlag   ISBN 978-3-492-07092-8

Ein einziger Beitrag in den sozialen Medien droht das Leben der jungen Muslima Jivan aus einem indischen Slum zu zerstören. Nach einem Terroranschlag auf einen im Bahnhof stehenden Zug, bei dem sie Augenzeugin wurde und viele Menschen ums Leben kamen, stellt sie darin die Frage, ob angesichts der tatenlos zusehenden Polizisten nicht auch die Regierung eine Verantwortung für das Leid zu tragen hat. Hätte sie das nur nicht öffentlich und für alle Welt sichtbar getan! Für uns Leser ist ihre darauffolgende Verhaftung und der Vorwurf, sie sei eine Helferin der Terroristen gewesen, eindeutig klar an den Haaren herbeigezogen.

Aber kann eine Mittellose auf einen fairen Prozess hoffen, oder ist sie nur ein Bauernopfer? Zu ihrer Verteidigung könnten die beiden anderen Hauptcharaktere des Romans beitragen: zum einen ihr ehemaliger Lehrer, der aber nur an seinen, durch einen zufall eingeleiteten, politischen Aufstieg denkt, zum anderen ihre enge Freundin Lovely. Diese ist eine Hijra, also eine Transsexuelle, die außerhalb der Gesellschaft steht. Ihr größter Wunsch ist es, eine berühmte Schauspielerin zu werden - traut sie sich, für ihre von der Öffentlichkeit schon zur Mittäterin abgestempelte Freundin einzutreten?

Im Laufe der Geschichte erfahren wir von Jivans Leben im Gefängnis und ihrem Gerichtsprozess. Wir erfahren, was die Anklage gegen sie für ihre Eltern bedeutet und mit welchen inneren und äußeren Konflikten die, die sie kennen und die ihr helfen könnten, konfrontiert sind.

In ihrem Debütroman beschreibt die aus Indien stammende Autorin Megha Majumdar den bedrückenden Lebensalltag vieler Inder. Arbeit zu haben allein bedeutet nämlich noch nicht, dass man sein Leben in Würde bestreiten kann. Das tut Majumdar mit dem Abstand einer seit vielen Jahren in den USA Lebenden. Dies bedeutet aber keinen Mangel an Authentizität, sondern verstärkt noch einmal die Themen, die sie anspricht. Aus westlicher Sicht wird das Unrecht noch fassbarer, was für viele Inder schlicht tägliche Realität ist. Nicht zuletzt ist der Roman ein eindrückliches Plädoyer gegen die Todesstrafe, denn genau die droht Jivan.

In Flammen. Von Megha Majumdar

 

Erstellt: 10.12.2021 - 21:18  |  Geändert: 10.12.2021 - 21:29