Urban, divers, kosmopolitisch, individualistisch - links ist für viele heute vor allem eine Lifestylefrage. Politische Konzepte für sozialen Zusammenhalt bleiben auf der Strecke, genauso wie schlecht verdienende Frauen, arme Zuwandererkinder, ausgebeutete Leiharbeiter und große Teile der Mittelschicht. Ob in den USA oder Europa: Wer sich auf Gendersternchen konzentriert statt auf Chancengerechtigkeit und dabei Kultur und Zusammengehörigkeitsgefühl der Bevölkerungsmehrheit vernachlässigt, arbeitet der politischen Rechten in die Hände. Sahra Wagenknecht zeichnet in ihrem Buch eine Alternative zu einem Linksliberalismus, der sich progressiv wähnt, aber die Gesellschaft weiter spaltet, weil er sich nur für das eigene Milieu interessiert und Diskriminierung aufgrund sozialer Herkunft ignoriert.
Sozialismus (Thema)
Die jugoslawische Arbeiterselbstverwaltung und die damit verbundene Selbstverwaltung in den Kommunen sind heutzutage fast vergessen. In den 1950er und 1960er Jahren war das Projekt, das die jugoslawischen Kommunisten »erfunden« hatten, nachdem sie 1948 von Stalin exkommuniziert worden waren, in aller Munde. Die Beiträge von Jean-Arnault Dérens, Catherine Samary und Paul Michel rufen die Bemühungen der 1950er und 1960er Jahre in unser Gedächtnis zurück, in Jugoslawien einen Sozialismus zu schaffen, in dem die Menschen an der Basis, in den Betrieben und Gemeinden, das Heft selbst in die Hand nehmen.
Rund 80 Jahre nach dem »Schwarzen Freitag« 1929, der die erste Große Krise des Kapitalismus einleitete, befindet sich die Weltwirtschaft mit der 2007 ausgebrochenen zweiten Großen Krise wiederum in einer Periode zyklenübergreifender Stagnation und Depression. Damit legt die aktuelle Situation einen Vergleich mit den 1930er Jahren nahe. Vor diesem Hintergrund hat auch Keynes wieder an Aktualität gewonnen, dessen Hauptwerk, die »General Theory of Employment, Interest and Money«, der systematisch-theoretische Ausdruck des damaligen ökonomischen Kollapses ist. In der marxistischen Keynes-Rezeption war das schon lange vergriffene Buch »Marx und Keynes« von Paul Mattick aus dem Jahr 1974 das nahezu einzige Werk zu diesem Problemkomplex.
Nun liegt mit der Abhandlung von Stephan Krüger wieder eine systematische Darstellung und Kritik der Keynesschen Theorie vor.
Er ist der Homer Albaniens.
Ismail Kadares Reise an den Ursprung seines Erzählens. Selten geschieht es in der Weltliteratur, dass ein ganzes Werk von einem einzigen Ort ausgeht und immer wieder zu ihm zurückkehrt. Bei Ismail Kadare ist das Gjirokastra, einst die mächtigste Gebirgssiedlung Albaniens. Große Kastenhäuser ducken sich wie Nester in den Hang. Enge Gassen, verwinkelte Gänge, dunkle Tore. Über allem der Schatten der Burg.In diesem Labyrinth aus Stein und Geheimnis ist Kadare geboren. Hier verlebte er seine Kindheit und Jugend und sog unter den Granitdächern von den Großeltern mysteriöse Geschichten von Geistern und Gespenstern in sich auf.
"Der Krieg ist der Vater aller Dinge und der König aller. Die einen macht er zu Göttern, die andern zu Menschen, die einen zu Sklaven, die andern zu Freien." (Heraklit) Kriege nur als Waffengänge zu betrachten, verkürzt sie auf den Akt der Gewaltausübung. Dabei ist gerade das "Vorspiel" der Ereignisse, die sich im Fokus der Pariser Commune zutrugen, als kulturelles Theater zu verstehen: Welcher Prinz heiratete welche Prinzessin? Und warum war dies von ungeheurer Tragweite? Für welche dynastischen Ziele mussten bzw. sollten Bürger sterben? Und - wäre es nicht an der Zeit, derlei Machtspielen ein für allemal ein Ende zu setzen?
Dem Bremer Roland wird der Kopf weggesprengt. Kurz zuvor wurde bereits ein Brandanschlag auf das Arbeitsamt verübt. Ist der linksradikale Terrorismus in den Nordwesten zurückgekehrt? Die Sicherheitsbehörden wenden sich an Stefan Weitling, der das Taxifahren einer akademischen Karriere als Politikwissenschaftler vorzieht. Weitling ist ein Eigenbrötler, aber gut vernetzt im Stadtteil Better Place, wo die linke Utopie eines freien Zusammenschlusses freier Menschen Wirklichkeit werden soll. Hier vermuten die Sicherheitsbehörden die anarchistischen Gewalttäter. Weitling scheint bereitwillig bei der Suche nach ihnen behilflich zu sein. Doch der Freigeist verfolgt seinen eigenen Traum.
Leicht ist es, den Kapitalismus zu kritisieren, schwer plausible Alternativen zu formulieren. Schreibt der Autor in seinem Editorial. Recht hat er. Und hat sich daran gemacht, selber plausible Alternativen zu formulieren. Auf fast zweihundert Seiten breitet er seine Erfahrungen aus und zieht daraus seine Schlüsse, wie man bei der Veränderung der Welt vorgehen könnte und was am Ende des Systemswechsels herauskommen könnte. Das ist anregend und nützlich zum Weiterdenken, wohl wissend, dass es so ganz genau nicht kommen wird. Aber planen sollte man schon.
Ohne Zweifel gehört Rosa Luxemburg "zu den interessantesten Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts" (Annelies Laschitza). Als eine der ersten Frauen schreibt sie eine Doktorarbeit in Ökonomie. Mit ihrem theoretischen Hauptwerk, Akkumulation und Kapital, knüpft sie schöpferisch und eigenständig an Karl Marx an und gelangt zu einer treffsicheren Analyse des Imperialismus, die bis heute starke Beachtung erfährt. Innerhalb der deutschen Sozialdemokratie ist sie die Protagonistin des linken Flügels, der nicht zulässt, dass sich die Parteibürokratie behaglich mit den bestehenden Verhältnissen arrangiert, und den Bolschewiki ruft sie in Erinnerung, dass Sozialismus nur die Erfüllung der Demokratie, nicht deren Abschaffung, bedeuten kann.
"Westlicher Marxismus", mit diesem Etikett werden sehr unterschiedliche Theoretiker versehen, gemeinsam ist ihnen die Abgrenzung zum "klassischen" oder "orthodoxen" Marxismus. Domenico Losurdo argumentiert, dass dem eine Loslösung von den epochalen Emanzipationskämpfen zugrunde liegt. Dies reiche zurück bis in die Periode, "in welcher der Erste Weltkrieg und die Russische Revolution theoretisch verarbeitet wurden". Hier und nicht erst in der Stalin-Ära sucht er den Ursprung dieses Strangs der Marx-Diskussion. "Und wenn die Risse und die darauffolgende Entfremdung", so fragt er, "außer auf die Unterschiedlichkeit der objektiven Situation und der kulturellen Tradition zurückgingen auf die theoretischen und politischen Grenzen vornehmlich des westlichen Marxismus?"
Wir brauchen eine Linke, die bereit ist, für eine andere Weltgesellschaft zu kämpfen. Nicht in vermeintlich großen Schlachten, sondern über konkrete Veränderungen und mit den Menschen im Blick. Neue Finanzblasen, Wirtschaftskriege, echte Kriege, das freie Denken gefangen zwischen Populismus und Political Correctness, die Boshaftigkeit eines Donald Trump, die Heimsuchung durch Corona: Unsere Welt leidet an Stapelproblemen. Können wir von der kapitalistischen Weltherrschaft wirklich Lösungen hierfür erwarten? Bestimmt nicht, sagt Slavoj Žižek.