Aller Tage Abend
Roman

Das Leben ist die Zeit, die dir bleibt
Wie lang wird das Leben des Kindes sein, das gerade geboren wird? Wer sind wir, wenn uns die Stunde schlägt? Wer wird um uns trauern? Jenny Erpenbeck nimmt uns mit auf ihrer Reise durch die vielen Leben, die in einem Leben enthalten sein können. Sie wirft einen scharfen Blick auf die Verzweigungen, an denen sich Grundlegendes entscheidet.
Die Hauptfigur ihres Romans stirbt als Kind. Oder doch nicht? Stirbt als Liebende. Oder doch nicht? Stirbt als Verratene. Als Hochgeehrte. Als von allen Vergessene. Oder doch nicht? Meisterhaft und lebendig erzählt Erpenbeck, wie sich, was wir »Schicksal« nennen, als ein unfassbares Zusammenspiel von Kultur- und Zeitgeschichte, von familiären und persönlichen Verstrickungen erweist. Der Zufall aber sitzt bei alldem »in seiner eisernen Stube und rechnet«.
Das Verhältnis von Historizität und Kontingenz in Jenny Erpenbecks Roman “Aller Tage Abend”: Die Rolle autonomer Entscheidungsmöglichkeiten im Lebenskontext:
Jenny Erpenbeck entfaltet am Schicksal einer jüdischen Familie ein Panorama des 20. Jahrhunderts und vor allem seiner totalitären Systeme, die im Holocaust und stalinistischen Gulag ihren Gipfel erreichen.
Die zentrale Figur wird 1902 in Galizien (Ukraine) geboren und stirbt 1992 in Ostberlin, ihre Eltern und Großeltern gehören natürlich mit in den Familienkontext, so dass auch die 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts mit in die Handlung einbezogen wird. Zu dem Ursprungsschauplatz Ukraine kommen die Stationen Wien, Moskau, Ural und Ostberlin.
Alle Figuren außer dem letztgeborenen Sohn scheinen sehr bestimmt durch die Herkunft und den Familienkontext; sie werden, außer in dem letzten Buch, statt mit Namen nur mit den Generationszuordnungen wie Großmutter, Mutter und ältere oder jüngere Tochter benannt.
Ihr Schicksal erwächst aus Zeit und Ort der Geburt, aus der Religion und dem Milieu, in die sie hineingeboren sind, und aus den historischen Umständen. Immer wieder bricht das Schicksal über sie herein und droht sie zu vernichten oder vernichtet auch einzelne Familienmitglieder. Der Kampf ums nackte Überleben ist mehrfach das zentrale Thema.
Es stellt sich die Frage, ob es bei so viel Determination überhaupt die Möglichkeit gibt, das Leben durch eigene Handlungen zu modifizieren, d.h. ob es eine autonome Entscheidungsmöglichkeit der Figuren gibt. literarische-bilder-unserer-zeit.uni-koeln.de Stand 10.02.2021
Pressenotizen Perlentaucher
Weitere Pressestimmen
Eine der kraftvollsten Stimmen der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur. NZZ am Sonntag , 29.05.2024
Dieses Buch erzählt von fünf Leben, die ein einziges ergeben. Es wird bleiben. Frankfurter Allgemeine Zeitung , 29.05.2024
Ein politisch eindringlicher, literarisch hoch ambitionierter und tief beeindruckender Roman. Deutschlandradio , 29.05.2024
Erstellt: 22.06.2025 - 06:31 | Geändert: 25.06.2025 - 00:42