Angst und Politik
Sozialpsychologische Betrachtungen zum Umgang mit Bedrohungen

Ob Anti-Atomkriegsbewegung in den 1980er Jahren, Corona-, Klima- oder Flüchtlingskrise etc. - alle verbindet eine Mobilisierung von Angst. Realistische Angst, jedoch auch neurotisch-paranoide Angst, unter deren Dominanz eine gefährliche Drift zu Autoritarismus, Machismo und cäsaristischen Bewegungen zu konstatieren ist. Wie geht man politisch, wie gehen wir damit um?
Klaus Ottomeyer tritt im Anschluss an Freud für eine Unterscheidung von Real-, Gewissens- und neurotischer Angst ein. Unter dieser Prämisse bespricht er zeithistorische »Wellen der Angst« und entwirrt ihre Angstgeflechte, um politischem Missbrauch, Rechtspopulismus und -extremismus Tür und Tor zu schließen. Diesen hält er gelungene Beispiele des Widerstands und der Verteidigung unserer Demokratie entgegen.
REZENSION: Noch vor gut einem Jahr wäre möglicherweise die Angst vor einem Atomkrieg als Hyperangst-Phänomen bezeichnet worden. Mit dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und die Drohung des Putin-Regimes im Notfall Nuklearwaffen einzusetzen, hat diese Angst reale Grundlegungen erfahren. Angesichts dieser Entwicklungen ist das neue Buch von Klaus Ottomeyer von kaum zu übertreffender Aktualität. Aber nicht nur um diese Angst vor einem Atomkrieg geht es Ottomeyer. Es geht ihm um die Wechselwirkung von Angst und Politik, um jene, die Ängste haben, um die unterschiedliche Art von Ängsten und deren politische Relevanz. Und es geht um jene, die Angst machen oder Ängste verleugnen, darunter jene, die ostentative Angstfreiheit als Stärke inszenieren, sie ausblenden oder bagatellisieren, sie politisch missbrauchen. Es geht um Angstmacher:innen und die Geringschätzung von Geängstigten, aber auch um die Fähigkeit durch Angst nicht handlungsunfähig zu werden, sondern Ängste solidarisch und kollektiv so zu verarbeiten, dass daraus Kraft und Fähigkeiten zur Beseitigung ihrer Ursachen erwächst – also Wege aus der Angst. Von Cornelia Hildebrandt transform! 31.10.2022
REZENSION: Die großen politischen Krisen der letzten 40 Jahre können auch als »Wellen der Angst« beschrieben werden. Vorgenommen wird dies in Form einer sozialpsychologischen Betrachtung von dem renommierten Psychologen Klaus Ottomeyer, der lange Jahre an der Universität Klagenfurt lehrte. Neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit ist der Autor, selbst Jahrgang 1949, auch als Traumatherapeut und Obmann am österreichischen Forschungs- und Beratungszentrum für Opfer von Gewalt ASPIS tätig, insbesondere für traumatisierte Geflüchtete. Das Buch sieht sich Ängste in ihrem historischen Kontext näher an, beginnend im Teil I mit der Angst vor dem Atomkrieg in den 1980er Jahren und dann fortschreitend über andere große Krisen (Tschernobyl, den 2. Golfkrieg, die Jugoslawienkriege, den 11. September 2001 etc.) bis hin zu Syrien, der Angst vor islamistischem Terror und schließlich Ängsten in der Flüchtlingskrise und der Angst vor dem Autoritarismus Trump‘scher Prägung. Die jüngste Welt- und Angstkrise nach dem Putin-Überfall auf die Ukraine enthält das Buch, dessen Manuskript gegen Ende 2021 beendet wurde, nicht mehr. [Rezension als PDF] Von Jürgen Karres in Soziale Psychiatrie Psychatrie Netz 03.2022
Weitere Pressestimmen
»Im zweiten Teil des Buches nimmt der Autor eine systematische und sehr differenzierte Analyse (quasi als wissenschaftliche Unterfütterung) der Flüchtlingskrise und des Rechtspopulismus anhand des Freud/'schen Modells von Realangst, neurotischer Angst und Gewissensangst vor […]. Für das systemisch orientierte Publikum möchte ich diese Publikation wärmstens empfehlen: Sie transportiert die als Markenzeichen gepflegte ›Kontextsensibilität‹ über das familiäre System und die institutionelle Ebene auf ein gesellschaftliches und politisches Niveau ...« Erhard Wedekind, Familiendynamik. Systemische Praxis und Forschung 3/2023
»In Klaus Ottomeyers Buch geht es um die Weltunsicherheiten, die uns jetzt eine nach der anderen heimsuchen. Und wie wir die Angst verarbeiten. Der Sozialpsychologe behandelt Virus, Krieg, Flucht, Klima in psychoanalytischem Sinne der Unterscheidung von Real-, Gewissens- und neurotischer Angst. Angst ist nicht gleich Angst. Probleme entstehen, wenn die Realangst verleugnet, die Gewissensangst lächerlich gemacht und die neurotische Angst gezielt verbreitet wird ...« Martin Schenk, Die Presse am 10. September 2022
»In der Sendung ›Lebenszeit‹ des Deutschlandfunks spricht Klaus Ottomeyer mit dem Moderator Michael Röhl, der Pfarrerin Gunhild Vestner und dem Politiker und Rechtsanwalt Gerhart Baum über das Thema ›Leben in ungewissen Zeiten – Die Angst vor einem Krieg‹. ...« , Deutschlandfunk, 20. Mai 2022 »›Der Kulturkampf zwischen der einfühlsamen Kultur der Frauen und der Kultur der angeberischen, übermäßig selbstbewussten, in Wirklichkeit zutiefst gekränkten Männer hat nie aufgehört. Es besteht durchaus die Gefahr, dass die alten Muster zuschnappen und man den kämpfenden Helden wieder auf allen Seiten gut findet.‹ Klaus Ottomeyer über Putin als gefährliche Figur des gekränkten Mannes, die Überlebensschuld von Flüchtlingen und Geschlechterrollen. ...« Edith Meinhart, profil, 18. April 2022
»In seinem jüngst erschienenen Buch ›Angst und Politik‹, in dem er auch auf den gleichnamigen historischen Aufsatz von Franz Neumann aus dem Jahr 1957 Bezug nimmt, weist er darauf hin, dass Angst ein guter Ratgeber sein könne, wenn sie realistisch begründet werde, mit einer menschenfreundlichen Gewissensangst verbunden sei und neurotisch-paranoide Ängste bewältigt würden ...« Susann Witt-Stahl, Melodie & Rhythmus 2/2022, 1. April 2022
»Der Psychotherapeut und Sozialpsychologe Klaus Ottomeyer erklärt, warum in der aktuellen Situation Angst kein schlechter Ratgeber ist ...« Susanne Ackermann, www.psychologie-heute.de am 23. März 2022
Erstellt: 31.03.2025 - 09:03 | Geändert: 31.03.2025 - 09:27