Der Lebensroman einer Arbeiterfrau
Marie Frank (1852–1924), Mutter des Schriftstellers Leonhard Frank, verfasste unter dem Pseudonym Marie Wegrainer einen der wenigen Arbeiterromane, der nicht aus einer politischen Grundhaltung heraus geschrieben wurde. Die Frau, die laut Leonhard Frank „nie ein lesenswertes Buch (…), nur hin und wieder eine Romanfortsetzung in ‚Fels und Meer‘ oder der ‚Gartenlaube‘ (gelesen hatte)“, zeichnet in ihrem Lebensroman ein lebhaftes Bild der Verhältnisse einfacher Leute in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Das Buch der Mutter von Leonhard Frank: Die Würzburger Autorin Marie Wegrainer über ein Leben in Armut. [hinter der Bezahlschranke] Von Hans Steidle Mainpost 20.10.2024
Das Herz schlägt links - Eine Erinnerung an die Arbeiterin und Schriftstellerin Marie Frank anlässlich ihres 100. Todestags: Die Geschichte der Wissenschaft, der Politik, Literatur und Kunst kennt zahlreiche Familiendynastien – eine sich über mehrere Generationen spannende Tradition bedeutungsvollen öffentlichen Wirkens. Dies gilt besonders für weltanschaulich ausgerichtete Familien. Man denke, mit Bezug auf die Geschichte des Sozialismus, an Karl und Jenny Marx und deren drei Töchter, Friedrich Wolf und dessen Söhne Markus und Konrad oder die drei Generationen der Kuczynski-Familie. Mitunter aber bleiben Generationen im Schatten, vor allem Frauen. Das ist Normalität in patriarchalen Gesellschaften. Eine solche Geschichte erzählt die Familie Frank. Oberflächlich wirkt sie wie ein Zweigenerationenepos des Sozialismus. Da ist der Vater, Leonhard Frank, den man als großen gesellschaftskritischen und antimilitaristischen Schriftsteller kennt. Und da ist dessen 1929 geborener Sohn André Gunder Frank, der es, vor allem international, zu noch viel größerem Ruhm brachte. Als Teil einer Viererbande, zu der neben ihm noch Immanuel Wallerstein, Samir Amin und Giovanni Arrighi gehören, stellte der 1933 gemeinsam mit seinem jüdisch-sozialistischen Vater exilierte Sozialwissenschaftler die liberale Modernisierungstheorie auf den Kopf und beschrieb in seiner Weltsystemtheorie, wie Kapitalismus und Imperialismus zur systematischen Unterentwicklung der Entwicklungsländer führen. Und doch ist das Bild unvollständig ohne die Großmutter, Marie Frank. Von Ingar Solty → junge Welt 19.10.2024
Erstellt: 25.10.2024 - 08:59 | Geändert: 25.10.2024 - 09:16