"Antisemit!"
Ein Vorwurf als Herrschaftsinstrument

Antisemitismus ist eine der verruchtesten Formen moderner Ideologien. Diese Behauptung bedarf heutzutage keines Nachweises mehr, zu katastrophal waren seine Auswirkungen, als dass sie in Abrede gestellt werden könnte. Die Ächtung von Antisemitismus ist ohne jeden Zweifel eine gesellschaftliche Notwendigkeit. Problematisch und kontraproduktiv wird es dort, wo ein vermeintlich kritischer Diskurs in herrschaftliches Bekenntnis umschlägt, wo Anti-Antisemitismus politisch missbraucht wird, wo sich eine vermeintlich kritisch auftretende Rezeption als ideologisch entpuppt. Wenn beispielsweise Gegner der israelischen Vertreibungs- und Kriegspolitik wie Ilan Pappe oder Kritiker einer von ihnen identifizierten "Holocaust-Industrie" wie Norman Finkelstein unter dem Deckmantel des Kampfes gegen den Antisemitismus Auftritts- und Diskussionsverbote erhalten, ist das eine demokratiepolitisch gefährliche Entwicklung. Mehr noch: Der Vorwurf des Antisemitismus dient israelischen Lobbies als Instrument, ihre Gegner mundtot zu machen, notwendige Debatten im Keim zu ersticken. Moshe Zuckermann wagt eine Analyse dieser Entwicklung. 

ISBN 978-3-85371-318-1 5. Auflage 05.10.2010 17,90 € Portofrei Bestellen (Buch | Softcover)

Für ihn steht fest, dass die Verwendung des Antisemitismus-Vorwurfs als Parole im vermeintlichen Kampf gegen Antisemitismus „in eine fürchterliche Epidemie umgeschlagen ist.“ Längst schon sei sie zum Totschlag-Ideologem eines durch und durch fremdbestimmten Anspruchs auf politisch-moralische Gutmenschlichkeit geronnen. Ob man diese Epidemie heilen kann, wird sich erst erweisen müssen. Dass man sie erklären muss, scheint dringlicher denn je.

Die Vorstellung, geduldig warten zu können, bis sich diese Ideologie von selbst aufgelöst hat, ist irrig. Zu viel steht auf dem Spiel. Zu desaströs sind die Auswirkungen dieser Epidemie auf vernunftgesteuerte, emanzipative Bestrebungen der Gegenwart. Zu offensichtlich kommen gerade jene zu Schaden, die die historisch Verfolgten und ihre Nachkommen "beschützen" wollen - freilich nicht zuletzt durch das Selbstverschulden derer, die sich im Wohlgefühl einer Solidarität suhlen, die keine ist und ihrem Wesen nach auch keine sein kann.

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Inhaltsverzeichnis

Leseprobe bei Google Books

Ein Vorwurf als Herrschaftsinstrument: Die Arbeit von Moshe Zuckermann verleiht der Diskussion um Deutschlands Verhältnis zu Israel die nötige Tiefe und Differenzierung: Israels Sicherheit ist Deutschlands Staatsräson. Was Angela Merkel 2008 bei ihrem Besuch in Jerusalem vor der Knesset postulierte, ist bis heute das Diktum deutscher Außenpolitik, wenn es um den Nahen Osten geht. Wer Israel kritisiert, kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Vorwurf des Antisemitismus erwarten. Dabei findet eine derartige Vermischung von Begriffen statt, dass Menschen denken, Judenhass und Kritik an der Regierung Israels seien synonym zu verwenden. Der Historiker Moshe Zuckermann beschäftigt sich seit Jahren mit derartigen Zusammenhängen und leistet mit seinen Analysen zur israelischen Geschichte und heutigen Besatzungspolitik einen wertvollen Beitrag zu deren Verständnis. Von Ingrid Ansari MANOVA 25.06.2025

Weitere Pressestimmen

“ … Das Monströse des Verbrechens wird banalisiert; ’statt sich an das Unsägliche heranzutasten‘, wird es ‚zur Alltagssprache degeneriert‘. Damit setzt sich Zuckermann in seiner lesenswerten Studie auseinander. Er bezieht sich auf Israel und Deutschland. In beiden Ländern hat der Begriff ‚Antisemitismus‘ – aus unterschiedlichen Gründen – das ‚genuise Entsetzen‘ verdrängt und an dessen Stelle eine Doppelmoral und hohle Worthülsen installiert.“ Rudolf Walther in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 16. April 2011

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Moshe Zuckermann (geb. 1949) ist ein israelisch-deutscher Soziologe und emeritierter Professor für Geschichte und Philosophie an der Universität Tel Aviv. 

Wikipedia (DE): Moshe Zuckermann

Erstellt: 17.02.2015 - 14:31  |  Geändert: 26.06.2025 - 12:46