»Jetzt machen die auch noch was mit KI!« Vermutlich werden einige unserer Leser:innen so denken und das ist verständlich. Kaum ein Thema (außer das immer gellendere Kriegsgeschrei) ist so präsent in Medien wie die Künstliche Intelligenz. Dabei schwanken die bürgerlichen Gazetten in ihrer Einschätzung wie so oft zwischen Allheilmittel und Weltuntergangsszenarien.
Daher wollen wir mit diesem Schwerpunkt gleichzeitig KI-Hintergrundwissen vermitteln und diese neue Technologie bewerten – aus Sicht der Arbeitenden, der Konzerne, aus Sicht der Friedenspolitik, der Bildung und der marxistischen Philosophie. Unsere Autor:innen wagen Standpunkte und Ausblicke.

Briefing-Dokument: Kerninhalte und Analysen aus den Marxistischen Blättern 4/2025

Zusammenfassung

Das vorliegende Quellenmaterial, das sich hauptsächlich aus der Ausgabe 4/2025 der „Marxistischen Blätter“ zusammensetzt, bietet eine tiefgehende, marxistisch fundierte Analyse zentraler politischer, technologischer und gesellschaftlicher Entwicklungen. Die Kernthemen sind die kritische Auseinandersetzung mit Künstlicher Intelligenz (KI), die Warnung vor einer neuen Welle des Militarismus in Deutschland und Europa sowie die Analyse der aktuellen Wirtschafts- und Sozialpolitik als verschärfte Klassenpolitik.

Die wichtigsten Erkenntnisse sind:

  1. Künstliche Intelligenz als Herrschaftsinstrument: Die Publikation widmet ihren Themenschwerpunkt der KI. Diese wird nicht als neutrale Technologie, sondern als Produkt und Werkzeug kapitalistischer Produktionsverhältnisse analysiert. Die Beiträge zeichnen die Geschichte der KI von der Arbeitsteilung bis zu modernen Algorithmen nach und entlarven sie als Instrument zur Automatisierung, Kontrolle und Intensivierung der Ausbeutung. Besonderes Augenmerk liegt auf der Rolle von Monopolkapital (Microsoft, OpenAI), dem Einsatz von KI in der Kriegsführung zur Beschleunigung und Automatisierung von Tötungsentscheidungen sowie der philosophischen Kritik, die KI als „Intelligenz ohne Bewusstsein“ charakterisiert und ihre Fähigkeit zu echtem Verstehen in Abrede stellt.
  2. Die neue Welle des Militarismus: Ein zentrales Thema ist die scharfe Kritik an der Wiederaufrüstung Deutschlands und Europas unter dem Schlagwort „Kriegstüchtigkeit“. Diese Entwicklung wird als von geopolitischen Interessen und der Rüstungsindustrie getrieben dargestellt und nicht als Reaktion auf eine reale Bedrohung. Die massive Finanzierung der Aufrüstung durch Schulden wird als direkter Angriff auf den Sozialstaat („Sozialkahlschlag“) und die Lebensbedingungen der Arbeiterklasse entlarvt. Die Artikel rufen zu einer starken Friedensbewegung „von unten“ auf, um der Kriegstreiberei entgegenzuwirken, und analysieren diplomatische Bemühungen wie den Anchorage-Gipfel sowie die besorgniserregende Debatte über eine deutsche Atombombe.
  3. Verschärfte Klassenpolitik und Deindustrialisierung: Die aktuelle Politik der CDU/CSU-SPD-Regierung wird als „reine Klassenpolitik“ zugunsten von Konzernen und Reichen charakterisiert. Dies manifestiert sich in Unternehmenssteuersenkungen und Kürzungen bei Sozialleistungen wie dem Bürgergeld. Das Handelsabkommen zwischen den USA und der EU wird als Unterwerfung Europas unter US-Hegemonialinteressen („Herr und Vasall“) kritisiert. Parallel dazu wird eine massive Deindustrialisierungswelle in Schlüsselbranchen wie der Automobil-, Zulieferer-, Stahl- und Chemieindustrie konstatiert, die zu erheblichem Arbeitsplatzabbau führt und teilweise mit einer Umstellung auf Kriegswirtschaft verknüpft ist. Der Paritätische Armutsbericht 2025 untermauert diese Analysen mit Daten, die eine Verschärfung der Armut in Deutschland belegen.
  4. Internationale und gesellschaftliche Kämpfe: Die Publikationen analysieren die Präsidentschaftswahl in Südkorea als eine Entscheidung für Frieden und Souveränität gegen den von den USA geförderten Konfrontationskurs. Berichte von gewerkschaftlichen Friedenskonferenzen und Parteitagen (DKP, SPD) zeugen von wachsendem Widerstand und internen Debatten über den richtigen Kurs. Weitere Beiträge befassen sich mit progressiven Bildungskonzepten wie der inklusiven Langformschule und theoretischen Reflexionen über Dekolonisierung (Frantz Fanon) und den Fortschrittsbegriff.

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I. Themenschwerpunkt: Künstliche Intelligenz (KI) aus marxistischer Perspektive

Der Schwerpunkt der Publikation bietet eine vielschichtige marxistische Analyse der Künstlichen Intelligenz, die von historischen Grundlagen über ökonomische Interessen bis hin zu philosophischer Kritik und militärischer Anwendung reicht.

1. Historische, technologische und philosophische Grundlagen

Die Beiträge analysieren KI nicht als plötzlichen technologischen Sprung, sondern als jüngstes Produkt einer langen Entwicklungslinie von Arbeitsteilung, Mechanisierung und Automatisierung.

  • Von der Arbeitsteilung zum Algorithmus: Hannes A. Fellner argumentiert, dass die Ursprünge der KI in der schrittweisen Formalisierung, Quantifizierung und Abstraktion menschlicher Tätigkeiten liegen. Inspiriert von Adam Smiths Arbeitsteilung, wurde komplexe (geistige) Arbeit in hierarchisch organisierte, standardisierte Einzelschritte zerlegt (Prinzip von Gaspard de Prony, Charles Babbage). KI ist demnach eine Verdichtung historischer Prozesse der Disziplinierung und Hierarchisierung menschlicher Fähigkeiten, die in technische Systeme überführt wurden.
  • Paradigmenwechsel zum Maschinellen Lernen: Die frühe, symbolische KI („Good Old-Fashioned AI“) basierte auf expliziten Regeln. Der entscheidende Wechsel erfolgte zum maschinellen Lernen, bei dem die Maschine statistische Zusammenhänge aus großen Datenmengen selbst erschließt. Leon Sierau erklärt diesen Prozess als mathematische Funktionsapproximation: Ein maschinell gelerntes Modell (MLM) ist eine mathematische Funktion, deren Parameter durch Lernalgorithmen auf Basis von Trainingsdaten optimiert werden, um eine möglichst präzise Reproduktion dieser Daten zu erreichen.
  • Kritik der „Intelligenz“: Mehrere Autoren betonen den fundamentalen Unterschied zwischen menschlichem Denken und maschineller Verarbeitung.
    • Claudius Vellay unterscheidet zwischen dem materiellen Sein (physikalische Prozesse im Computer) und ideellen Bewusstseinsinhalten (Bedeutung, Sinn, Wahrheit), die nur im menschlichen Denken existieren. KI-Chatbots simulieren lediglich die materielle, syntaktische Struktur menschlicher Sprache, ohne deren semantischen Sinn zu verstehen. Sie sind „stochastische Papageien“, deren Ausgaben erst durch menschliche Interpretation Bedeutung erlangen.
    • Leon Sierau argumentiert, dass MLM statistische Modelle sind, die datenabhängige Repräsentationen lernen, aber keine kontextübergreifenden Sachverhalte einsehen können. Die Idee bewusster Maschinen sei eine Folge eines reduktionistischen, behavioristischen Menschenbildes, das den Geist selbst als eine Art Rechenmaschine missversteht.
    • Das Editorial bezeichnet KI-Systeme als „Kapitalstaubsauger“, die scheinbare Wahrheiten aus privaten Systemen zusammenbasteln und deren Fehlerquote noch hoch ist.

2. KI als Herrschaftsinstrument und ökonomische Waffe

Die Artikel entlarven KI als ein Instrument im Dienste des Monopolkapitals zur Steigerung von Profit, Kontrolle und Ausbeutung.

  • Strategien des Monopolkapitals (Dietmar Dath): Dath analysiert die KI-Strategien von Konzernen wie Microsoft und OpenAI (dessen Aushängeschild Sam Altman als typischer Wagniskapitalist beschrieben wird). Das Ziel sei nicht primär die Menschheitsbeglückung, sondern die Automatisierung von Denkvorgängen, um ein neues Druckmittel gegen die Ansprüche lebendiger Arbeit zu schaffen. Die Definition von „Allgemeiner Künstlicher Intelligenz“ (AGI) durch Microsoft – erreicht bei einem Profit von 100 Mrd. US-Dollar – entlarvt den rein ökonomischen Zweck. Dath bezeichnet die Strategie der Tech-Giganten als: „Was die Wale nicht verschlingen können, das wollen sie vergiften.“
  • Kritik der politischen Ökonomie (Peter Schadt): Schadt wendet marxistische Kategorien auf die KI an. Er argumentiert, dass nicht jede Programmierung wertbildend ist, insbesondere wenn KI als reines „Distributivmittel“ (z. B. in der Werbung) dient. Er analysiert den fast bei null liegenden Wert von unendlich reproduzierbarer Software und wie Konzerne durch „Software-as-a-service“-Modelle künstlich einen Wert schaffen. Zudem kritisiert er die extreme Ausbeutung der materiellen Basis der KI: von den Kleinschürfern seltener Erden im Kongo bis zu den Klickarbeitern in Nairobi, die die KI-Modelle trainieren.
  • KI im Alltag und im Bildungswesen:
    • Thomas Hagenhofer zeigt, wo KI bereits heute den Alltag prägt (Smartphones, Spamfilter, Streamingdienste), warnt aber auch vor reinem Marketing, wo nur „KI draufsteht, aber nicht drin ist“. Er fügt ein Glossar wichtiger KI-Begriffe bei.
    • Erich Goldberg kritisiert den Einsatz von KI im schulischen Kontext. Er warnt vor einer Operationalisierung des Lernens, totaler Überwachung der Lernbiografie und dem Verlust von Kompetenzen. Während Konzerne KI-gesteuerte „Lerncoachs“ anbieten, um Lehrer einzusparen, wird das Bildungssystem kaputtgespart.

3. KI in der Kriegsführung

Ein besonders alarmierender Aspekt ist der zunehmende Einsatz von KI im Militär, der in mehreren Beiträgen detailliert untersucht wird.

  • Anwendungsbereiche (Jens Hälterlein): KI wird bereits eingesetzt in Simulationen (Projekt Ghost-play), Logistik, Überwachung (Maven), Luftabwehr (Patriot, Iron Dome), Zielidentifikation (Lavender in Israel) und als autonome Waffensysteme (Kamikaze-Drohnen). Militärische Versprechen sind höhere Geschwindigkeit und Präzision.
  • Risiken und Kritik: Hälterlein warnt vor der Fehleranfälligkeit durch „Machine Bias“ (Vorurteile in Trainingsdaten) und „Automation Bias“ (blindes Vertrauen der Nutzer). Die Einhaltung des humanitären Völkerrechts (Unterscheidung, Verhältnismäßigkeit) sei durch Algorithmen kaum zu gewährleisten. Berichte aus Gaza deuten darauf hin, dass die Automatisierung zu mehr zivilen Opfern führt, nicht zu weniger.
  • Startups auf dem Schlachtfeld (Julia Zeschkowskaja): Der russisch-ukrainische Konflikt dient westlichen Startups als Testfeld. Private Technologieunternehmen wie Palantir, Clearview AI und Anduril Industries, oft mit Investoren wie Peter Thiel im Hintergrund, werden zu zentralen Akteuren der „algorithmischen Kriegsführung“. OpenAI hat sein Verbot der Nutzung für militärische Zwecke aufgehoben und kooperiert mit dem Pentagon.
  • Das Problem der menschlichen Kontrolle: Hälterlein problematisiert das Konzept der „Meaningful Human Control“. Es bestehe ein unauflösbarer Widerspruch zwischen der Forderung nach Kontrolle und dem militärischen Vorteil der Geschwindigkeit. Internationale Regulierungen fehlen, stattdessen dominieren wirkungslose ethische Selbstverpflichtungen.
AutorKernthese zur KI
Hannes A. FellnerKI ist das Resultat eines langen historischen Prozesses der Arbeitsteilung und Formalisierung menschlicher Tätigkeit.
Dietmar DathKI ist für das Monopolkapital ein Instrument zur Profitmaximierung und ein Druckmittel gegen die lebendige Arbeit.
Peter SchadtEine politökonomische Analyse der KI muss den Wert von Software und die globale Ausbeutungskette in den Blick nehmen.
Claudius VellayKI simuliert nur die materielle Form von Sprache; echtes, ideelles Verstehen und Bewusstsein bleiben dem Menschen vorbehalten.
Leon SierauMaschinelles Lernen ist statistische Funktionsapproximation; die Idee bewusster Maschinen entspringt einem reduktionistischen Menschenbild.
Jens HälterleinDer Einsatz von KI im Krieg birgt immense Risiken (Fehler, Völkerrechtsverstöße) und untergräbt die menschliche Kontrolle.
Julia ZeschkowskajaPrivate Tech-Startups werden zu zentralen Akteuren in der „algorithmischen Kriegsführung“ und nutzen Konflikte als Testfelder.
Erich GoldbergIm Bildungswesen führt KI zu Überwachung, Operationalisierung des Lernens und droht, pädagogische Prozesse zu entmenschlichen.

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II. Analyse: Krieg, Frieden und die neue Welle des Militarismus

Die Publikationen zeichnen ein düsteres Bild der sicherheitspolitischen Lage, geprägt von einer aggressiven Aufrüstungsspirale, und rufen zu einer starken Friedensbewegung auf.

1. Die Rückkehr des deutschen Militarismus

Peter Mertens analysiert in seinem Leitartikel „Der Krieg kommt von oben, der Frieden von unten“ die Rückkehr des deutschen Militarismus.

  • „Kriegstüchtig“ statt friedensfähig: Deutschland habe mit der Verabschiedung von Verfassungsänderungen am 18. März 2025 das größte Aufrüstungsprogramm seit 1945 ermöglicht. Ziel sei es, „kriegstüchtig“ zu werden.
  • Finanzierung durch Schulden und Sozialabbau: Die Aufrüstung wird durch massive Verschuldung finanziert – ein Novum für das sonst auf Schuldenbremse bedachte Berlin. Gleichzeitig kürzt die EU-Kommission Mittel für Zusammenhalt, Klima und Entwicklung. Mertens' Fazit: „Das Zeitalter der Wiederbewaffnung ist das Zeitalter des sozialen Rückschritts.“ Milliarden für Panzer bedeuten weniger Geld für Renten, Krankenhäuser und Kitas.
  • Angstpsychose als Mittel: Die Erzählung einer „bevorstehenden russischen Invasion“ wird als absurd entlarvt und dient laut Mertens vor allem dazu, die Gewinne des militärisch-industriellen Komplexes (Rheinmetall, Dassault etc.) zu sichern.

2. Geopolitische Interessen und diplomatische Bemühungen

Die Artikel stellen die offizielle Darstellung des Ukraine-Krieges als reinen „Wertekonflikt“ in Frage und betonen die zugrundeliegenden geopolitischen und ökonomischen Interessen.

  • US-Strategie in der Ukraine: Peter Mertens beschreibt die US-Strategie, den Krieg zu verlängern, um Russland zu zermürben, als gescheitert. Donald Trumps Plan sei es, ein Abkommen durchzusetzen, bei dem Europa die Kosten trägt, während die USA über einen Fonds die Kontrolle über die ukrainischen Ressourcen erlangen – die Behandlung der Ukraine „wie eine Kolonie“.
  • Der Anchorage-Gipfel: Peter Wahl bewertet den Gipfel zwischen den USA und Russland als positiven, entspannungspolitischen Schritt. Er argumentiert, dass eine Anerkennung der territorialen Realitäten unvermeidbar sei, auch wenn dies für die Ukraine schmerzhaft ist. Er kritisiert die „Koalition der Willigen“ (EU, Briten) für ihre Blockadehaltung und dünkelhafte Selbstüberschätzung, die die EU international isoliere.

3. Die Debatte um eine deutsche Atombombe

Ralf Hohmann berichtet über eine zunehmend offene Debatte in Deutschland über eine eigene Atombewaffnung.

  • Neues „nukleares Selbstbewusstsein“: Befeuert durch den vermeintlichen Rückzug der USA unter Trump, fordern Stimmen wie CDU-Fraktionschef Jens Spahn eine Stärkung des „nuklearen IQ Deutschlands“.
  • Technische Machbarkeit: Deutschland könnte technisch „in nur wenigen Monaten“ eine Nuklearwaffe bauen. In Gronau und Lingen existieren Urananreicherungsfabriken; allein in Gronau fallen jährlich 4.500 Tonnen angereichertes Uran an.
  • Umgehung völkerrechtlicher Verträge: Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat bereits Gutachten erstellt, die Wege aufzeigen, wie Deutschland aus dem Atomwaffensperrvertrag (NVV) austreten und die Bestimmungen des „2-plus-4-Vertrags“ umgehen könnte.

4. Gewerkschaftliche Friedensbewegung und SPD-Friedenskreise

Als Gegenbewegung zur Militarisierung formiert sich Widerstand in Gewerkschaften und Teilen der SPD.

  • Gewerkschaftskonferenz in Salzgitter: Berichte von Timo Reuter/Derya Rust und ein Interview mit Christoph Krämer (IPPNW) schildern die 3. Gewerkschaftliche Friedenskonferenz. Über 250 Gewerkschafter diskutierten unter dem Motto „Wer den Frieden will, muss gegen den Krieg kämpfen“ die Verbindung von Aufrüstung, Kapitalismus und Sozialabbau.
  • Manifest der SPD-Friedenskreise: Das Manifest, unterzeichnet von prominenten SPD-Mitgliedern wie Rolf Mützenich und Ralf Stegner, wendet sich gegen eine reine Konfrontationsstrategie und fordert eine Rückkehr zum Konzept der gemeinsamen Sicherheit. Es kritisiert die militärische Alarmrhetorik, lehnt eine Erhöhung des Verteidigungshaushalts auf 3,5 % oder 5 % des BIP ab und spricht sich gegen die Stationierung neuer US-Mittelstreckenraketen in Deutschland aus.

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III. Wirtschaftliche und soziale Analysen: Klassenpolitik und Deindustrialisierung

Die Beiträge zeichnen ein kritisches Bild der aktuellen Wirtschafts- und Sozialpolitik, die von einer Umverteilung von unten nach oben, der Unterordnung unter US-Interessen und einem massiven Abbau industrieller Arbeitsplätze geprägt ist.

1. „Reine Klassenpolitik“ der Bundesregierung

Willy Sabautzki analysiert das wirtschafts- und sozialpolitische Programm der CDU/CSU-SPD-Regierung als reine Klassenpolitik.

  • Für die Unternehmen: Das Programm umfasst ein Sondervermögen von bis zu 500 Mrd. Euro, degressive Abschreibungen für Unternehmen, eine schrittweise Senkung der Körperschaftsteuer auf 10 % und staatliche Stromkosten-Subventionen ausschließlich für Unternehmen.
  • Gegen die Lohnabhängigen: Geplant sind Rentenkürzungen durch eine verlängerte Lebensarbeitszeit, erhebliche Kürzungen beim Bürgergeld (bis zu 5 Mrd. Euro Einsparungen), Verteuerungen in der Krankenversicherung und verschärfte Sanktionen für Arbeitslose.

2. Das Handelsabkommen zwischen den USA und der EU: „Herr und Vasall“

Sabautzki charakterisiert das von Ursula von der Leyen vereinbarte Handelsabkommen als Unterwerfung der EU unter die hegemonialen Machtansprüche der USA.

  • Ungleiche Bedingungen: Die EU muss einen Basis-Zoll von 15 % auf die meisten ihrer Exporte in die USA akzeptieren, während sie selbst keine Zölle auf US-Importe erhebt. Zudem ist die EU gezwungen, US-Energieimporte im Wert von 750 Mrd. Dollar abzunehmen und 600 Mrd. Dollar in die US-Wirtschaft zu investieren.
  • Negative Folgen für Deutschland: Die deutsche Wirtschaft, insbesondere die exportorientierte Automobilindustrie, ist einer der größten Verlierer. Das ifo-Institut rechnet mit 0,15 % weniger Wachstum. Deutsche Exporte in die USA könnten um fast 43 % einbrechen, was Arbeitsplätze im Inland gefährdet.

3. Verschärfung der Armut in Deutschland

Basierend auf dem Paritätischen Armutsbericht 2025 fasst Willy Sabautzki die aktuelle Armutslage zusammen.

  • Hohe Armutsquote: 13 Millionen Menschen (15,5 % der Bevölkerung) leben unterhalb der Armutsgrenze (1.381 Euro netto/Monat für eine alleinlebende Person).
  • Besonders betroffene Gruppen: Die Armutsquoten sind besonders hoch bei Arbeitslosen (ca. 60 %), Alleinerziehenden (25 %), jungen Erwachsenen (24,8 %), älteren Frauen (21,6 %) und Menschen mit Migrationshintergrund.
  • Strukturelle Ursachen: Der Bericht betont, dass Armut ein strukturelles Problem des kapitalistischen Systems ist, das auf der ungleichen Verteilung von Ressourcen und Chancen beruht.

4. Transformation, Krise und Deindustrialisierung

Ulf Immelt beschreibt eine massive Welle der Deindustrialisierung in Deutschland, die durch Transformation, Krise und eine beginnende Umstellung auf Kriegswirtschaft vorangetrieben wird.

  • Arbeitsplatzvernichtung im großen Stil:
    • Automobilindustrie: VW hat den Vertrag zur Beschäftigungssicherung gekündigt (bis zu 30.000 Jobs gefährdet). Ford, Continental, ZF, Bosch und Schaeffler bauen ebenfalls Tausende Stellen ab.
    • Stahlindustrie: Thyssenkrupp plant, 11.000 von 27.000 Stellen abzubauen und Kapazitäten zu reduzieren.
    • Chemieindustrie: BASF streicht weltweit knapp 3.300 Stellen, davon 2.500 in Ludwigshafen.
  • Übergang zur Kriegswirtschaft: Gleichzeitig fordern Wirtschaftsverbände und Rüstungskonzerne wie Rheinmetall eine massive Ausweitung der Rüstungsproduktion. Freiwerdende Kapazitäten und Fachkräfte aus dem Automobilsektor sollen in den „Defence-Bereich“ überführt werden.

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IV. Weitere politische und gesellschaftliche Themen

1. Die Präsidentschaftswahl in Südkorea

Ein Interview mit KJ Noh analysiert den Sieg des progressiven Kandidaten Lee Jae-myung als eine Entscheidung für Frieden und Souveränität.

  • Ablehnung des rechten Kurses: Die Wahl wird als „stärkstmögliche Zurückweisung“ des bisherigen Präsidenten Yoon Seok-youl und seines Versuchs gewertet, Südkorea zu einer Militärdiktatur zurückzuführen und das Land in die aggressive Indo-Pazifik-Strategie der USA einzubinden.
  • Geopolitische Herausforderung: Lee Jae-myung steht vor der Herausforderung, die nationalen Interessen Südkoreas – was Handel mit China und Frieden mit Nordkorea impliziert – gegen den massiven Druck der USA zu verteidigen, die Südkorea als „de-facto-Kolonie“ behandeln.
  • Lees Herkunft: Der Beitrag hebt Lees Herkunft aus extremer Armut und seine Vergangenheit als Kinderarbeiter in einer „Sweatshop-Fabrik“ und später als Menschenrechtsanwalt hervor, was seinen Charakter und seine politische Ausrichtung präge.

2. Bildungspolitik: Die inklusive Langformschule

Reinhard Stähling plädiert für die „inklusive Langformschule“ von Jahrgang 1 bis 10 als pädagogisch sinnvolle und sozial gerechte Schulform.

  • Vermeidung von Brüchen: Die in Deutschland übliche Trennung nach der 4. Klasse sei ein künstlicher und schädlicher Bruch, der insbesondere benachteiligte Kinder trifft, deren soziale Bindungen und Lernentwicklung gestört werden.
  • Vorteile der Langform: Eine durchgehende Schule von 1-10 schafft eine vertraute Umgebung, stabilisiert soziale Beziehungen, ermöglicht eine durchgängige Pädagogik und erleichtert die Inklusion.
  • Gegen die Selektionslogik: Stähling kritisiert, dass das bestehende Schulsystem eine Selektions- und Wettbewerbslogik verfolgt, die soziale Ungleichheit reproduziert und Kinder aus ärmeren Verhältnissen systematisch benachteiligt.

3. Theoretische Diskurse: Dekolonisierung und Fortschritt

  • Frantz Fanon (Jenny Farrell): Der Artikel würdigt Frantz Fanon (1925–1961) als Vordenker der Dekolonisierung. Sein Werk, insbesondere „Die Verdammten dieser Erde“, analysiert die psychologischen Folgen des Kolonialismus und die Notwendigkeit einer radikalen Befreiung, die auch die geistige Dekolonisierung umfasst. Fanons Analysen bleiben hochaktuell für das Verständnis von neokolonialen Strukturen, systemischem Rassismus und Befreiungskämpfen wie dem der Palästinenser.
  • Fortschreiten wohin? (Annette Schlemm): Der Beitrag hinterfragt den traditionell positiv besetzten Fortschrittsbegriff. Angesichts des „fortschreitenden Klimawandels“ und der Erkenntnis, dass der Fortschritt des Nordens auf Kosten des globalen Südens und der Natur stattfand, sei der Begriff ambivalent geworden. Eine Rettung des Begriffs sei nur möglich, wenn er vom Determinismus befreit und als Weg verstanden wird, der vom ökologischen Abgrund wegführt.

Thematische Gliederung: Marxistische Blätter 4/2025

Dieses Dokument gliedert die zentralen Themen aus den Auszügen der „Marxistischen Blätter 4/2025“. Es soll dir als Lernendem helfen, die Struktur der Argumente nachzuvollziehen und die verschiedenen Aspekte der marxistischen Analyse zu ordnen.

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1. Hauptthema: Militarismus, Aufrüstung und die Friedensbewegung

Dieser Abschnitt fasst die zentrale Kritik an der zunehmenden Militarisierung in Deutschland und Europa zusammen und stellt die Friedensbewegung als notwendige Gegenkraft dar.

1.1. Die Rückkehr des deutschen Militarismus und die neue Konfrontationslogik

Die Texte belegen die Rückkehr des Militarismus anhand von drei zentralen Entwicklungen, die eine neue Logik der Konfrontation etablieren:

  1. Deutschlands Aufrüstung zur „Kriegstüchtigkeit“: Deutschland hat das größte Aufrüstungsprogramm seit 1945 beschlossen, um das Land „kriegstüchtig“ zu machen. Dieses Programm bricht mit früheren haushaltspolitischen Regeln, da es vollständig durch neue Schulden finanziert wird – eine Maßnahme, die in anderen Politikfeldern stets blockiert wurde. Dies zeigt, dass Haushaltsregeln von Machtverhältnissen und nicht von ökonomischen Dogmen abhängen.
  2. Die Debatte um eine deutsche Atombombe: Parallel zur konventionellen Aufrüstung wird in Deutschland offen über eine eigene nukleare Bewaffnung diskutiert. Befürworter argumentieren mit einem angeblich schwindenden US-Atomschirm. Laut Analyse der Internationalen Atombehörde IAEA könnte Deutschland die technischen Hürden für den Bau einer Atombombe „in nur wenigen Monaten“ überwinden. Gleichzeitig prüft der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages bereits, wie völkerrechtliche Verträge (z.B. der 2+4-Vertrag), die eine deutsche Atombewaffnung verbieten, umgangen werden könnten.
  3. Die Rolle von NATO und USA: Die massive Aufrüstung wird durch eine gezielt geschürte „Angstpsychose“ vor Russland legitimiert. So forderte der oberste NATO-Boss Mark Rutte, wir müssten „unsere Brieftaschen für Waffen öffnen, sonst müssen wir vielleicht bald Russisch sprechen“. Gleichzeitig verfolgen die USA eigene geopolitische Interessen. Trumps Plan sieht vor, Europa die Kosten des Ukraine-Kriegs tragen zu lassen, während die USA sich über einen Fonds die Kontrolle über ukrainische Ressourcen sichern – ein Vorgehen, das die Ukraine wie eine Kolonie behandelt.

1.2. Die ökonomischen und sozialen Folgen der Aufrüstung

Die Befürworter der Aufrüstung versprechen Sicherheit und wirtschaftliche Impulse. Die Analyse in den Texten kommt zu einem gegenteiligen Schluss und stellt die realen Kosten in den Vordergrund.

Behauptete Vorteile der AufrüstungReale soziale & ökonomische Kosten laut Analyse
Angebliche Ankurbelung der Wirtschaft („militärischer Keynesianismus“)Die Waffenproduktion kurbelt die Wirtschaft nicht an. Sie schafft kaum Arbeitsplätze und kommt der übrigen Wirtschaft nicht zugute. Ein Euro, der in Krankenhäuser investiert wird, schafft 2,5-mal so viele Arbeitsplätze wie ein in die Rüstungsindustrie investierter Euro. Die Militarisierung der Wirtschaft übt zudem einen ständigen Druck in Richtung Krieg aus.
Angeblich alternativlose Erhöhung der „Verteidigungsfähigkeit“Die massive Aufrüstung führt in ein „Zeitalter des Sozialkahlschlags“. Während Milliarden in den Krieg investiert werden, sind die Budgets für Klima, Gesundheit, Kitas und Renten von harten Kürzungen betroffen. Die Gewinne der Rüstungskonzerne explodieren, während die arbeitende Klasse die Rechnung bezahlt.
Schaffung von Sicherheit durch militärische StärkeDie Logik der Aufrüstung führt in eine „Todesspirale des Wettrüstens“. Anstatt Sicherheit zu schaffen, erhöht sie die Kriegsgefahr und mündet unweigerlich in der Forderung nach einer atomaren Aufrüstung Deutschlands und Europas.

1.3. Die Friedensbewegung als Gegenmacht „von unten“

Die einzige Kraft, die diese eskalierende Entwicklung stoppen kann, ist laut den Analysen eine starke Friedens- und Arbeiterbewegung. Die Geschichte und die gegenwärtige Lage zeigen, dass Frieden nicht von den Herrschenden, sondern von der Basis der Gesellschaft durchgesetzt werden muss.

  • Historische Rolle: Die Geschichte lehrt, dass Kriege und Wettrüsten nicht von „oben“ gestoppt werden, sondern von denjenigen, die die Kosten tragen und unter den Folgen leiden. Vor dem Ersten und Zweiten Weltkrieg war die Arbeiterbewegung die zentrale Kraft gegen Militarisierung und für sozialen Fortschritt.
  • Aktuelle Aufgaben: Die Friedenskräfte und Gewerkschaften müssen Druck „von unten“ ausüben, um die Dynamik hin zu Abrüstung, Diplomatie und Verhandlungen zu stärken. Es gilt, betriebliche Kämpfe mit der Friedenspolitik zu verbinden, den Zusammenhang von Kapitalismus, Aufrüstung und Sozialabbau aufzuzeigen und konkrete diplomatische Ansätze wie den in Anchorage begonnenen Prozess zu unterstützen.

Leitgedanke & Überleitung: Nachdem die unmittelbare Gefahr durch Krieg und Aufrüstung beleuchtet wurde, wendet sich die Analyse nun einer Technologie zu, die diese Gefahr potenziell vervielfacht und gleichzeitig die kapitalistischen Herrschaftsverhältnisse auf neue Weise zementiert: der Künstlichen Intelligenz.

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2. Hauptthema: Künstliche Intelligenz (KI) im Kapitalismus

Dieser Abschnitt ordnet die verschiedenen marxistischen Perspektiven auf die Entwicklung, Anwendung und Ideologie der Künstlichen Intelligenz.

2.1. Die politische Ökonomie der KI: Ein Instrument der Kontrolle und Ausbeutung

Die Texte analysieren KI nicht als neutrale Technologie, sondern als Produkt und Werkzeug spezifischer kapitalistischer Verhältnisse. Drei Kernerkenntnisse lassen sich festhalten:

  1. KI als Fortsetzung der Arbeitsteilung: KI ist keine plötzliche Erfindung, sondern die logische Fortsetzung einer langen Entwicklungslinie. Ihre Wurzeln liegen in der Zerlegung, Messung, Standardisierung und Automatisierung von Arbeitsprozessen. Das nach Charles Babbage benannte Prinzip – die Aufspaltung von Arbeit in unterschiedlich anspruchsvolle Teilprozesse zur Senkung der Lohnkosten – ist der Kern jeder Automatisierung und findet in der KI seine modernste Form.
  2. KI als Druckmittel gegen die Arbeit: Systeme wie ChatGPT werden als neues Druckmittel gegen die „lebendige Arbeit“ eingesetzt. Ziel ist es, bislang an menschliche Leistung gebundene Denkprozesse zu automatisieren und die Ansprüche der Arbeitenden zu unterlaufen. Dies treibt die Proletarisierung von Kopfarbeitern voran, deren qualifizierte Tätigkeiten entwertet und durch billigere, maschinell erzeugte Äquivalente ersetzt werden.
  3. KI als Instrument des Monopolkapitals: Große Tech-Konzerne, im Text als „Monsterwale“ wie Google oder Microsoft bezeichnet, dominieren die KI-Entwicklung. Sie nutzen die Technologie, um ihre Monopolmacht auszubauen und neue Formen des „Raubzugs an lebendiger Arbeit“ zu organisieren. Wagniskapital und staatliche Aufträge (insbesondere aus dem Militär) treiben diesen Prozess voran.

2.2. „Algorithmische Kriegsführung“: Die Anwendung von KI im Militär

Der Einsatz von KI im Militär schafft neue, unkontrollierbare Gefahren und verändert die Natur der Kriegsführung fundamental.

  • Technologische und ethische Risiken: Die Hoffnung auf präzisere und „sauberere“ Kriege durch KI ist trügerisch. KI-Systeme sind fehleranfällig und reproduzieren Vorurteile aus ihren Trainingsdaten (Machine Bias). Menschen neigen dazu, den Maschinen blind zu vertrauen (Automation Bias), was zu fatalen Fehlentscheidungen führt. Die „Meaningful Human Control“ (effektive menschliche Kontrolle) geht verloren. Der Einsatz des israelischen Lavender-Systems zeigt, dass die Automatisierung nicht zu weniger, sondern zu mehr zivilen Opfern führt.
  • Die Privatisierung des Krieges: Es entsteht eine „algorithmische Kriegsführung“, bei der private Tech-Startups wie Palantir zu zentralen Akteuren werden. Der Ukraine-Konflikt dient dabei als „Testfeld“, auf dem diese Unternehmen ihre Technologien unter realen Kampfbedingungen erproben und perfektionieren. Staaten delegieren strategisch wichtige Sicherheitsfunktionen an private Konzerne, die damit zu machtvollen politischen Akteuren aufsteigen.

2.3. Marxistische Kritik der KI-Ideologie: „Intelligenz“ ohne Bewusstsein

Die philosophische Kritik richtet sich gegen die ideologische Gleichsetzung von menschlichem Denken und maschineller Datenverarbeitung.

  • Aus marxistischer Sicht sind KI-Systeme keine Subjekte und können nicht „denken“. Sie besitzen kein Bewusstsein, keine Absichten und keine Fähigkeit zur selbstbestimmten Handlung.
  • Die Texte unterscheiden klar zwischen der materiellen Simulation von Sprache durch die KI und dem ideellen, bedeutungsvollen Denken des Menschen. KI-Systeme wie ChatGPT sind „stochastische Papageien“: Sie erkennen statistische Muster in riesigen Datenmengen und generieren auf dieser Basis wahrscheinlichkeitsbasierte Wortfolgen. Menschliches Denken hingegen beruht auf sozialer Praxis, Bewusstsein und der Fähigkeit, Sinn zu produzieren.
  • Die Rede von einer sich verselbstständigenden, superintelligenten KI, die die Menschheit bedroht, ist daher eine Ideologie. Sie lenkt von den realen Klassen- und Machtverhältnissen ab, in denen diese Technologie entwickelt und als Herrschaftsinstrument eingesetzt wird. Die eigentliche Gefahr geht nicht von den Maschinen aus, sondern von den Menschen und Konzernen, die sie kontrollieren.

Leitgedanke & Überleitung: Neben Militarismus und KI-Kapitalismus analysieren die Texte weitere zentrale Krisenaspekte der heutigen Gesellschaft, die von Klassenpolitik bis hin zu imperialen Abhängigkeiten reichen.

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3. Hauptthema: Weitere Analysen kapitalistischer Krisenphänomene

Dieser Abschnitt bündelt weitere im Quelltext behandelte Themen, die die Funktionsweise und die Widersprüche des modernen Kapitalismus beleuchten.

3.1. Soziale Krise in Deutschland: Klassenpolitik und wachsende Armut

Die aktuelle Regierungspolitik wird als „reine Klassenpolitik“ charakterisiert, die Reichtum gezielt von unten nach oben umverteilt und die soziale Spaltung vertieft.

  • Für Unternehmen: Die Regierung sichert Profite durch massive Steuererleichterungen und Subventionen (z.B. bei den Stromkosten). So plant sie, die Körperschaftsteuer schrittweise auf 10 % zu senken.
  • Für die Mehrheit: Gleichzeitig werden Sozialleistungen gekürzt. Geplant sind Einschnitte beim Bürgergeld, eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit und verschärfte Sanktionen. Die Folge ist eine wachsende Armut, die mittlerweile 15,5 % der Bevölkerung betrifft.

3.2. Imperialistische Hierarchien und der Kampf um Souveränität

Die Texte analysieren die internationalen Machtverhältnisse als ein System imperialistischer Abhängigkeiten, in dem einige Staaten um mehr Souveränität kämpfen.

  • EU als Vasall der USA: Das neue Handelsabkommen zwischen der EU und den USA wird als Diktat charakterisiert, das die EU in ein tiefes „Abhängigkeitsverhältnis“ zwingt. Die EU muss einen Basis-Zoll von 15 % auf die meisten ihrer Waren akzeptieren, während die US-Zölle auf EU-Stahl- und Aluminiumexporte bei 50 % bleiben. Als „Gegenleistung“ erhebt die EU ihrerseits keine Zölle auf US-Importe. Sabautzki bezeichnet die EU in diesem Kontext als „Vasallen-Staat“.
  • Koreas Streben nach Souveränität: Im Gegensatz dazu wird die Wahl von Lee Jae-myung in Südkorea als Versuch interpretiert, eine von den USA unabhängigere Politik zu verfolgen. Sein Ziel sei eine friedlichere Außenpolitik, die sich stärker an den eigenen nationalen Interessen und den wirtschaftlichen Beziehungen zu China orientiert, anstatt sich dem US-Konfrontationskurs unterzuordnen.

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4. Schlussbetrachtung: Die Perspektive des Historischen Materialismus

Alle hier dargestellten Analysen – zu Militarismus, KI und sozialen Krisen – argumentieren aus einer Perspektive des historischen Materialismus. Sie begreifen diese Phänomene nicht als isolierte Probleme, sondern als miteinander verbundene Ausdrucksformen der grundlegenden Widersprüche des heutigen Monopolkapitalismus. Die zunehmende Militarisierung, die Entwicklung von KI als Instrument der Ausbeutung und die Verschärfung der Armut sind demnach konsequente Folgen einer Gesellschaftsordnung, die auf Profitmaximierung und Konkurrenz basiert. Als Lösung wird daher nicht nur eine Reform der bestehenden Verhältnisse, sondern deren grundsätzliche Überwindung ins Zentrum gerückt. Diese Veränderung, so die Kernaussage, kann nur durch den organisierten Kampf „von unten“ – durch die Friedens- und die Arbeiterbewegung – durchgesetzt werden.

Erstellt: 28.10.2025 - 13:08  |  Geändert: 28.10.2025 - 14:17