Der Kommunist Johann Schmidt (1901-1945) und sein Kriegstagebuch. Von Gisela Hormayr

Am 4. Jänner 1945 starb Johann Schmidt, 44, unter dem Fallbeil im Hinrichtungsraum des Landesgerichts Graz - nach mehr als zweijähriger, qualvoller Haft in Gefängnissen und dem Konzentrationslager Dachau, von den Richtern des nationalsozialistischen Volksgerichtshofs des "Hochverrats" und der "Feindbegünstigung" für schuldig befunden. Schmidt war gelernter Maurer, lebte mit Frau und Sohn in Schwoich bei Kufstein und war, wie viele Arbeiter seiner Generation, Autodidakt. Er hatte sich umfangreiches historisches und geografisches Wissen angeeignet, war belesen und: Er war Kommunist.

ISBN 978-3-7065-6360-4     26,90 €  Portofrei     Bestellen

Aus seiner politischen Überzeugung machte er keinen Hehl. Immer wieder sprach er an seinem Arbeitsplatz über die Lebensbedingungen der Arbeiterschaft in der Sowjetunion, für die es auch in Österreich zu kämpfen gelte. Denunziert von der Ehefrau eines Arbeitskollegen, wurde Schmidt im Sommer 1942 verhaftet. Aktivitäten in der Kufsteiner Widerstandsgruppe um Adele Stürzl waren nicht nachzuweisen, aber Briefe an seine Familie, beschlagnahmt bei einer Hausdurchsuchung, und die Aussagen von Arbeitskollegen belasteten ihn schwer.

Sein "Kriegstagebuch", Aufzeichnungen aus den Jahren 1939 bis 1942, blieb unentdeckt. Es dokumentiert seinen unerschütterlichen Glauben an den Sieg der Sowjetunion, aber auch seine scharfsichtige Analyse der nationalsozialistischen Propaganda. Dieses Tagebuch ist ein einzigartiges Dokument, entstanden in dem Wissen um das Risiko der Entdeckung und überliefert durch glücklichen Zufall.

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Inhaltsverzeichnis

Leseprobe

Antifaschistischer Widerstand - Die bessere Zukunft. Schwindende Kraft und doch ungebrochen: Die Aufzeichnungen des 1945 hingerichteten österreichischen Kommunisten Johann Schmidt. (...) Zusätzlich zu den Kriegstagebüchern zieht Hormayr die briefliche Korrespondenz zwischen Schmidt und seiner Frau Anna in Haft heran. Obwohl Lücken in den Briefen bestehen – viele blieben nicht erhalten, andere fielen der Zensur zum Opfer –, gelingt es ihr, ein informatives Bild zu zeichnen. In der Darstellung kontextualisiert Hormayr die Dokumente. Anschaulich gelingt ihr das etwa, wenn sie dem Vorwurf gegen Schmidt nachgeht, ausländische Radiosender gehört zu haben, und diese Radiosender, die auf österreichischem Gebiet zu empfangen waren, vorstellt. Von Dieter Reinisch junge Welt 26.08.2024

Die Autorin:

Gisela Hormayr, Mag.a phil., Dr.in phil., ist Historikerin mit dem Forschungsschwerpunkt Nationalsozialismus. Publikationen (Auswahl): „Ich sterbe stolz und aufrecht“ – Tiroler SozialistInnen und KommunistInnen im Widerstand gegen Hitler, Innsbruck 2012; „Die Zukunft wird unser Sterben einmal anders beleuchten“ – Opfer des katholisch-konservativen Widerstandes in Tirol 1938-1945, Innsbruck 2015; „Wenn ich wenigstens von euch Abschied nehmen könnte“ – Letzte Briefe und Aufzeichnungen von Tiroler NS-Opfern aus der Haft, Innsbruck 2017; Verfolgung, Entrechtung, Tod. Studierende der Universität Innsbruck als Opfer des Nationalsozialismus, Innsbruck 2019; „Zwischen Diktatur und Freiheit – Kufstein 1900–1950“, Kufstein 2020; Aufbruch in die „Heimat des Proletariats“ Tiroler in der Sowjetunion 1922–1938, Innsbruck 2022.

 

Erstellt: 02.10.2024 - 07:43  |  Geändert: 02.10.2024 - 07:54