Der Wiener Spionagezirkel
Kim Philby, österreichische Emigranten und der sowjetische Geheimdienst
Österreichische EmigrantInnen spielten in den 1930er- und 1940er-Jahren Hauptrollen im internationalen Spionagegeschehen. Der Historiker Thomas Riegler begibt sich auf die Spuren von AgentInnen wie Engelbert Broda, Arnold Deutsch, Alice ("Litzi") Friedmann, Edith Tudor-Hart (geborene Suschitzy) und Peter Smolka, die dem sowjetischen Geheimdienst und der Kommunistischen Internationalen (Komintern) wichtige Unterstützung gaben. Dieser "Wiener Spionagezirkel" leistete Vorarbeit für einen der größten Spionageskandale im Kalten Krieg.
Der in Wien um die Jahrhundertwende geborene Arnold Deutsch gilt bis heute als fleißigster Agentenführer aller Zeiten. Unter dem Decknamen "Otto" rekrutierte er in London zwischen 1934 und 1937 insgesamt 20 Mitstreiter. Zur Berühmtheit gelangte der Brite Kim Philby. Während eines Wien-Aufenthalts 1933/34 begeisterte er sich erstmals für die kommunistische Sache. Ausschlaggebend war seine Liebesbeziehung mit der Aktivistin "Litzi" Friedmann und die Tatsache, dass sie gemeinsam die Februarkämpfe 1934 durchlebten. Später infiltriert er den britischen Auslandsgeheimdienst MI6 und wurde erst 1963 endgültig enttarnt. Auch Engelbert Broda, der Bruder des langjährigen österreichischen Justizministers, spionierte nach der Rückkehr aus dem Exil 1945 als bedeutender Physiker für die Sowjetunion. Peter Smolka wiederum gab die Vorlage für Graham Greenes Drehbuch vom "Dritten Mann" ab.
Der Autor:
Thomas Riegler, Jahrgang 1977, studierte Geschichte und Politikwissenschaften an den Universitäten Wien und Edinburgh. Seit 2016 Affiliate Researcher am Austrian Center for Intelligence, Propaganda and Security Studies (ACIPSS). Zu seinen Veröffentlichungen zählt unter anderem: „Österreichs geheime Dienste. Eine neue Geschichte“ (Wien 2022).
Erstellt: 24.09.2024 - 06:28 | Geändert: 24.09.2024 - 06:39