Wie ich meine Zeitung verlor. Ein Jahrebuch. Von Birk Meinhardt

Er ist jung und eifrig. Er ist stolz auf sich und auf die große Zeitung, bei der er arbeiten darf. Er genießt es, die Dinge kühl und gegebenenfalls scharf niederschreiben zu dürfen, er genießt es umso mehr, da es in seinem vorherigen journalistischen Leben nicht möglich war; er ist der erste Ostler in der Redaktion. Zunächst arbeitet er im Sportressort, dann als Reporter. Über Jahre geschieht und gelingt alles wie selbstverständlich, weit ist diese Welt hier und offen - bis das Vorherige, das Bedrängende von Neuem aufscheint, in eleganterer Form, mit dramatischen Folgen ... "Immer heißt es, wir müssen uns unsere Geschichten erzählen, von Ost nach West und zurück, aber wenn man's tut, und es ist ja schon eine riesige Entblößung, es zu tun, dann wird abgewunken und gesagt, lass doch dein Moralisieren."

ISBN 978-3-360-01362-0     15,00 €  Portofrei     Bestellen



Seine Geschichte führt auch zu der Frage, die sich vielen Lesern bei der Zeitungslektüre stellt: Was denken sich Reporter und Kommentatoren eigentlich bei dem, was sie schreiben? Machen sie routiniert ihren Job, verfolgen sie ein höheres Ziel, sind Ehrgeiz oder Gefallsucht, Recherchelust und Aufdeckungsfreude im Spiel? Ist das von Aufklärungsfuror oder von Interessen, ist es von Vernunft oder der Meinung des Chefredakteurs geleitet? Aus diesen Fragen und Zweifeln speist sich ein seit Jahren wachsendes Misstrauen gegen die Presse, das sich in wütenden Protesten, in rechten Propagandalosungen, in dumpfen Ressentiments ebenso wie in scharfsinniger Kritik und nüchternen wissenschaftlichen Analysen niederschlägt. Wie aber reflektieren die betroffenen Journalisten das fragil gewordene Verhältnis zu ihren Lesern, zu den Strukturen, in denen sie arbeiten, zu ihren Arbeitgebern, zum Ethos ihres Berufs?

Birk Meinhardt, der lange für eine Tageszeitung gearbeitet hat, gehört zu den wenigen, die sich einer genauen Selbstbefragung unterzogen haben und ihre Position auf dem brüchigen Pflaster des Medienbetriebs zu orten versuchen. Seine Geschichte ist die eines leidenschaftlichen Journalisten, der als erster Ostler in der Redaktion eines angesehenen Blattes arbeitet und lange blind bleibt für die Widerstände, auf die seine Arbeit zunehmend trifft. Es ist die Geschichte einer Ernüchterung und - schließlich - einer Entzweiung. Er hat sie aufgeschrieben und stellt sie in die aufgeregten Diskussionen auf dem Feld, wo um Meinungsfreiheit ge- und die vermeintliche "Lügenpresse" bekämpft wird. Ist er ein Held der Pressefreiheit, ein Nestbeschmutzer, ein Ankläger, oder ist er einfach nur überempfindlich?

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Leseprobe des Verlags

Ein langer Abschied. Ein in der DDR ausgebildeter Journalist entfremdet sich von seiner Redaktion in München. Über Birk Meinhardts Buch »Wie ich meine Zeitung verlor« Von Stefan Siegert → junge Welt 18.07.2020

Leiser Abschied vom Journalismus. Der Journalismus interessiere sich immer weniger für Widersprüche und abweichende Meinungen, es zähle nur noch die richtige Haltung. Birk Meinhardt, einst preisgekrönter Reporter der «Süddeutschen Zeitung», dokumentiert seine Entfremdung von der einst geliebten Profession. Von Lothar Struck → Medienwoche 07.07.2020

Birk Meinhardt, die SZ und das Ende der Illusionen. Manchmal kommt das Glück per Post. „Ich schicke Ihnen heute dieses höchst bemerkenswerte Buch“, schreibt die Pressefrau vom Eulenspiegel-Verlag. Birk Meinhardt. Das klingt gut. Fast noch besser klingt das, was im Begleitbrief steht. „Kein Krach- und Skandalbuch“, sondern die Geschichte einer „zunehmenden persönlichen Enttäuschung“ – geschrieben von einem der Medienmenschen, um die es in meinem Forschungsprojekt geht. Rezension von Michael Meyen → medienerbe.hypotheses.org 15.07.2020

In diesen Tagen erscheint das neue Buch des einstigen Journalisten Birk Meinhardt. Er schildert darin, warum er als preisgekrönter Reporter seiner Zeitung, der Süddeutschen Zeitung den Rücken kehrte. Podcast von von Knut Cordsen → BR 24.06.2020

Was falsch läuft im Journalismus. 144 Seiten, mehr braucht Birk Meinhardt nicht für diese Geschichte, die seine ist und zugleich unser aller Geschichte. Es geht darin um das, was derzeit falsch läuft im Journalismus und warum gerade Medien, die doch beanspruchen, Mittler der Wirklichkeit zu sein, zu oft "Weglasser" und Ausblender derselben sind und deshalb fatalerweise "selber einen gehörigen Beitrag leisten zur Radikalisierung, die sich vor unseren Augen vollzieht. Wieso begreifen sie nicht, daß sie ohne Unterlaß mit erzeugen, was sie so dröhnend verdammen?" Von Knut Cordsen → BR KulturBühne 28.06.2020

Der Autor:

BIRK MEINHARDT, geboren 1959, arbeitete von 1992 bis 2012 bei der Süddeutschen Zeitung und erhielt 1999 und 2001 den Kisch-Preis. Heute arbeitet er als Schriftsteller. Er lebt am Rande Berlins. Zuletzt erschienen von ihm die Romane »Brüder und Schwestern. Die Jahre 1973 bis 1989« sowie »Brüder und Schwestern. Die Jahre 1989 bis 2001«.

 

Erstellt: 17.07.2020 - 07:13  |  Geändert: 07.12.2020 - 18:36