72 Minuten bis zur Vernichtung
Atomkrieg - ein Szenario

"Der nukleare Krieg beginnt mit einem Punkt auf einem Radarbildschirm."
Investigativ-Journalistin Annie Jacobsen entwirft ein Szenario von dreimal 24 Minuten: So lange dauert es vom ersten Entdecken eines atomaren Marschflugkörpers mit Ziel USA bis zum dann unausweichlichen und vernichtenden Gegenschlag und zum Ende der Welt wie wir sie kennen.
Was passiert als Nächstes? Wieviel Zeit bleibt dem US-amerikanischen Präsidenten für die Entscheidung, wie der Gegenschlag aussieht? Gibt es einen funktionierenden Abwehrschirm? Sind die Kommunikationswege zwischen den Atommächten im Ernstfall sicher? Ist weltweite Eskalation unvermeidbar?
Das Szenario ist fiktiv. Die zugrundeliegenden Parameter, die Befehlsketten, in Kraft gesetzten Regeln und die technischen Möglichkeiten mit ihren grausamen Konsequenzen beruhen auf den Fakten, die die Autorin im Austausch mit Experten und von Insider-Quellen gesammelt hat. Das Ergebnis ist ein atemloses Leseerlebnis voller hochinteressanter Erkenntnisse, erschreckend, faszinierend und informativ.
Atomkrieg – Ein Szenario? Zum Thema „Atomkrieg“ hat die Autorin recherchiert: intensiv, interdisziplinär, ganzheitlich und überraschend „bühnengerecht“. Denn was auch immer sie vermitteln möchte, das soll sich der Leser anschaulich vorstellen können. Realistisch etwa so, wie es auf einer Bühne der Entscheidungsträger ganz real ausgefochten, entschieden und danach unmittelbar tödlich umgesetzt wird. In solchen Gremien, sei es nun politisch, militärisch, diplomatisch oder entsprechend, da sitzen fast nur Männer. Ausnahmen gibt es, auch im Buch. So heißt es auf Seite 244, mitten im fortschreitenden Eskalations-Chaos, etwa 40 Minuten nach Beginn des Einsatzes von Atomwaffen: „… Niemand weiß wo der Präsident ist. … Da der Vorsitzende des Generalstabs tot ist, wurde seine Stellvertreterin jetzt zur ranghöchsten Beamtin des Militärs …“. Sie führt also mit aus, was in den Jahrzehnten zuvor fast nur Männer vorbereitet hatten. Im Buch geschieht dies mit dem Resultat: In nur 72 Minuten bewirken die Verantwortlichen in dramatischer Eskalation „bisher unvorstellbare“ Schäden. Das ist die Dauer vom Tabubruch (erster Einsatz einer Atomwaffe seit 1945) bis hin zur Vernichtung der Zivilisation mit Milliarden tödlich getroffenen Opfern. Von Philipp Sonntag (Er gehörte zu den Mitarbeitern von Carl Friedrich von Weizsäcker, hat an dessen Studie zu den Folgen eines Atomkriegs in Deutschland („Kriegsfolgen und Kriegsverhütung“) mitgearbeitet.) BLOG der Republik 14.10.2024
Investigativ-Journalistin Annie Jacobsen: „Wir müssen mit Kim Jong-un reden“: „72 Minuten bis zur Vernichtung“ konstruiert ein erschreckendes Szenario. Wie dicht sind wir dran am Dritten Weltkrieg? „72 Minuten bis zur Vernichtung“ (Heyne) heißt das neue Buch von Annie Jacobsen, die anhand von Expertengesprächen und freigegebenen Militärdokumenten die letzten Stunden der Menschheit skizziert. In ihrer Erzählung feuert der nordkoreanische Diktator, bevor er sich in seinen Bunker begibt, drei strategische Bomben auf die USA. Nachdem Russland in den Konflikt hineingezogen wird, ist das Ende der Welt besiegelt. Von Sassan Niasseri Rolling Stone 15.04.2024
Die Autorin
Annie Jacobsen ist eine US-amerikanische Investigativ-Journalistin, spezialisiert auf Krieg, Waffen und Sicherheit. Sie ist Finalistin des Pulitzer-Preises 2016 und Autorin zahlreicher Bücher, die in neun Sprachen übersetzt wurden, darunter der New York Times-Bestseller Area 51. Jacobsen schreibt und produziert auch Fernsehserien, u.a. Tom Clancy's Jack Ryan. Die Absolventin der Princeton University lebt mit ihrer Familie in Los Angeles.
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„Einen Weltkrieg mit Atomwaffen unter allen Umständen verhindern!“ – Exlusiv-Interview mit Dmitri Trenin: Russland kann sich nirgendwohin zurückziehen, weil der Westen einen existenziellen Kampf gegen das Land führt. Diesen Kampf will Moskau intelligenter führen als zu Zeiten der Sowjetunion. In einem Interview erläutert der renommierte russische Politikwissenschaftler und ehemalige Leiter des Carnegie-Instituts Moscow Dmitri Trenin die maßgeblichen russischen Ansichten über die Fortsetzung des Krieges und die möglichen Auswirkungen der US-Präsidentschaftswahlen. Mit Éva PéliDas NachDenkSeiten 25.09.2024
Erstellt: 21.11.2024 - 07:54 | Geändert: 21.11.2024 - 10:44