Utopie konkret – und was daraus geworden ist. Von Rudolf Stumberger

Die zahlreichen Utopien, die neue Gesellschaften beschrieben, beschränkten sich nicht auf die Darstellung der grundlegenden politischen und wirtschaftlichen Ordnung, sondern entwickeln oft auch sehr konkrete Vorstellungen, wie das alltägliche Leben "morgen" organisiert sein sollte: Wie sehen die zukünftigen Wohnverhältnisse aus? Wie und was wird gekocht und gegessen? Wie gestalten sich die erotischen Beziehungen?
Rudolf Stumberger durchforstet dazu die fiktionale Utopie: Von Utopia des Thomas Morus überdie Werke der Frühsozialisten und William Morris' News from Nowhere bis zu den feministischen Utopien wie bei Charlotte Perkins Gilman und jene aus den 1970er Jahren.

ISBN 978-3-86569-306-8     15,00 €  Portofrei     Bestellen

Der Autor wirft aber auch einen Blick auf realisierte Utopie-Versuche wie den "real existierenden Sozialismus", die Kibbuz-Bewegung oder den Sozialstaat westlicher Prägung und stellt dar, was dort über utopische Ansätze des Lebens, Liebens und Arbeitens zu finden ist. Abschließend geht es um die Frage, was davon heute in unserem Alltag gegenwärtig ist, was als Forderung weiter besteht und was sich als Fehleinschätzung erwiesen hat.

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Inhaltsverzeichnis

Leseprobe des Verlags

Am Privateigentum zerschellt die Utopie. Bei fast allen utopischen Entwürfen und praktischen Versuchen zieht sich ein Merkmal wie ein roter Faden hin: Die Abwesenheit von Privateigentum an Produktionsmitteln. Quasi wie selbstverständlich sind die utopischen Gesellschaften auf kommunistischer Basis errichtet: Die Produktion ist in der Regel gemeinwirtschaftlich organisiert, das Privateigentum ist abgeschafft. Utopie ist gleich Gemeinwirtschaft. Und damit Lichtjahre von Jahr 2020 entfernt. Von Rudolf Stumberger → Telepolis 18.08.2020

Witzig: Mit 45 in die Rente. Es gibt einen roten Faden, der sich quer durch die utopischen Entwürfe der Vergangenheit zieht: Die Lebensarbeitszeit der Menschen soll sich in Zukunft verringern. Diese Zeit nach der Pflicht der Arbeit beginnt relativ früh, um sich danach dann der Muße und der Freizeit hingeben zu können. Sie steht für den Menschheitstraum, endlich vom Reich des Notwendigen erlöst zu werden. Heute allerdings ist aus dem Traum eher ein Trauma geworden: Wir sollen doch bitte bis zum Alter von 70 Jahren arbeiten, so Forderungen aus der Wirtschaft. Selten klaffen Utopie und Realität so auseinander wie beim Thema Lebensarbeitszeit. Von Rudolf Stumberger → Telepolis 08.08.2020

Die Kommune war vor allem gestern. Das Politische trennt sich unter einem bestimmten Blickwinkel gesehen in zwei Bereiche: Hier das Individuelle, dort das Kollektiv. Sie entsprechen der Tendenz zur gewollten Ungleichheit im Gegensatz zur gewollten Gleichheit der Menschen und stehen grob für das politische Label von "rechts" und "links". In dieser Hinsicht sind die vorzufindenden utopischen Entwürfe eher dem Kollektiv verpflichtet, was auch nicht wundert, liest man sie als Kritik an der zeitgenössischen Gesellschaft, in der sie entstanden. So wird auch die Frage nach einer Utopie des Wohnens oft mit kollektiven Lösungen beantwortet. Unsere Gegenwart 2020 freilich steht dem diametral entgegen: Das Single-Wohnen ist der Trend der Zeit. Von Rudolf Stumberger → Telepolis 02.08.2020

Essen als die neue Religion. Wie anderen Bereichen des Alltagslebens wird auch der Ernährung, dem Essen, in utopischen Entwürfen Beachtung gezollt. Dabei stehen zunächst die sozialen Beziehungen und der Einfluss auf die Gesundheit eine Rolle, um sich dann um 1900 vor allem der Effizienz der Essenszubereitung und der damit einhergehenden Befreiung der Frau von Küche und Herd zu widmen. Dass das Essen zu einer derart symbolhaften Handlung wird wie in der Gegenwart zu beobachten, hat allerdings keine Utopie vorausgesehen. Von Rudolf Stumberger → Telepolis 02.04.2020

Sex und Utopie. Gab es eine Utopie der Sexualität? Und was könnte eine derartige Utopie eigentlich umfassen? Ein immer mehr vielleicht? Oder ein gar nicht? Immerhin sahen kommunistische religiöse Gruppen in den USA des 19. Jahrhunderts wie die Rappisten die sexuelle Utopie im Zölibat - sie starben dann auch aus. Andere utopische Forderungen kritisierten die Ehe. Im Folgenden ein kleiner Galoppritt durch die sexuelle Utopie. Von Rudolf Stumberger → Telepolis 12.04.2020

Was von der Zukunft der Vergangenheit geblieben ist. 2020 also. Für einen 19-Jährigen, der in der post-utopischen Zeit geboren und aufgewachsen ist, bedeutet dieses Datum nicht mehr als - sagen wir 2012. Es ist eine Jahreszahl wie andere auch und die Zukunft ist eine eher kränkelnde Figur, man ist schon froh, wenn es nicht wirklich schlimmer wird. Von Rudolf Stumberger → Telepolis 08.03.2020

 

Erstellt: 19.08.2020 - 08:54  |  Geändert: 25.11.2022 - 08:03