Das Guruparadox. Integrale Hierarchiekompetenz und Gemeinschaftsbildung. Von Kollektiv Conscious Evolution

Vom Konsensprinzip, dem Forum und dem Wir-Prozess bis hin zu gewaltfreier Kommunikation und schamanischen Praktiken reicht die Palette der Versuche, gesunde und nachhaltige Gemeinschaft aufzubauen. Die Probleme, denen sich Individuen und Gruppen dabei gegenübersehen, sind vielfältig und hartnäckig.
Gibt es eine allen Schwierigkeiten gleichsam zugrundeliegende Struktur, die bisher noch nicht adressiert ist?
Warum entstehen Hierarchien?
Wie verhindern Macht und Informationsgefälle konstruktive Gruppenprozesse?

Diesen und vielen weiterführenden Fragen ist das Conscious Evolution Kollektiv in mehreren Jahren praktischer Forschung mit dem Königskartenspiel nachgegangen.

ISBN 978-3-86841-229-1     14,50 €  Portofrei     Bestellen

Die Ergebnisse und Schlussfolgerungen werden in diesem Studienbuch dargestellt. Es bietet einen Erklärungsansatz mit vielen konkreten Beispielen aus der Praxis. Die sowohl für die Gemeinschaftsbewegung als auch die politische Arbeit provokante These lautet, dass konsequentes Handeln nur in Verknüpfung mit dem Durchleuchten der eigenen Entfremdung möglich ist. Intentionale Gemeinschaften, Persönlichkeitsentwicklung und politische Bewegung müssen sich zusammenfinden, um den ersehnten Systemausstieg zu ermöglichen.

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Inhaltsverzeichnis

Das Dilemma mit der Hierarchie. Das Buch "Das Guruparadox" ist nicht nur ein Aufruf zur Aktion gegen sich reproduzierende Hierarchien in sozialen Verteilungskämpfen um Aufmerksamkeit, sondern auch einer gegen die emotionale Selbstsabotage. Rezension von Robert Schramm → Direkte Aktion 17.08.2020

Ein Buch, das wahrlich nicht leicht vorzustellen ist.

Zum einen, weil es eben kaum vorstellbar ist, dass sich über Jahre Menschen freiwillig in Experimentalräume gewagt haben, um -quasi in Form einer Selbsthilfegruppe- ihrer eigenen Entfremdung auf die Schliche zu kommen. Zum anderen deswegen, weil das Buch inhaltlich so breit gefächert ist, dass eine Kategorisierung schwierig erscheint:

Zum Beispiel könnte man es als einen Forschungsbericht aus dem Bereich Soziologie auffassen.

Es gibt eine Eingangshypothese, eben die eines sich selbst und seiner Umwelt entfremdeten Menschen, der seine Entfremdung selbst aber nicht bemerkt. Diese Hypothese wird dann experimentell untersucht. Und die Ergebnisse werden zur Ergänzung und Erweiterung der Ursprungshypothese verwendet. Wissenschaftliches Vorgehen.

Aber eine Forschung ohne akademisch ausgebildete Forscher, bei der die Teilnehmer selbst sowohl das Labor, die Labormäuse und die Laboranten zugleich sind?

Dabei ist allein die Hypothese schon provokant genug. Sie folgt letztlich den Überlegungen Wilhelm Reichs und Theodor Adornos zum Faschismus und denen Erich Fromms, dass also der Mensch der Moderne an sich irgendwie deformiert sei und damit letztlich völlig ahnungslos und voller guter Absichten die Lebensgrundlagen des Planeten zerstört. Damit wäre das Buch dann eher der Psychologie zuzuordnen.

Aber, irgendwelche Namenlosen, die im jugendlichen Sturm und Drang die Barrikaden stürmen, qualifiziert sich das denn für eine Einreihung in solch hehre Gesellschaft? Das Guruparadox.

Oder man müsste es auffassen als eine Art fundamentale Gesellschaftskritik.

Dafür fehlen aber die üblichen Schuldzuweisungen. Es gibt hier einfach keine Bösewichte, keine Täter und keine Opfer, nur „Opfertäter“. Auch fehlen die allfälligen, oft viel zu kurz greifenden Scheinlösungen. Im Gegenteil, das Kollektiv stellt sich hin für einen „Raum zwischen den Geschichten“, eine Untersuchung des Dilemmas, statt überhastet an Symptomen herumzudoktern. „Prozessorientierung vor Ergebnisorientierung“ wird das plakativ genannt. Und genau diese Umorientierung wird dem Leser als Beginn des Systemausstiegs präsentiert.

Da das Buch zudem noch die Laborwerkzeuge präsentiert, die selbst entwickelt und erprobt wurden, könnte man es dann also vielleicht auch in die Kategorie Ratgeber zur Persönlichkeitsentwicklung einordnen. Aber das würde dann die Fülle des benutzten wissenschaftlichen Materials ebensowenig reflektieren, wie die Tatsache, dass letztlich ein recht umfassendes Bild vom Mensch entwickelt wird, das den Rahmen der üblichen Ratgeber bei weitem übersteigt.

Damit ist es also zumindest ein interessantes Buch, und womöglich ist es tatsächlich auch ein Wichtiges.

Hier ist etwas veröffentlicht, ein Grassroots-Projekt, das über den Tellerrand schaut und eine Art Neuvernetzung mit Wissenschaft und gelebter Praxis präsentiert, das hoffentlich Aufmerksamkeit findet. Denn eben genau aus dem Bereich des konkreten Aufbaus neuer Lebenszusammenhänge findet sich recht wenig in der Literatur, obwohl es ein Bereich ist, in dem sich heute viele Gruppen versuchen. Was sich findet, das sind oft plakative Selbstdarstellungen oder allenfalls oberflächliche Berichte wie der Dokumentarfilm „Ein neues Wir“ oder Jamie Bartletts „Radicals - Wie Außenseiter die Welt verändern wollen und weshalb wir ihnen zuhören sollten“. Allesamt Berichte von Menschen, die nie in den beschriebenen Projekten gelebt und mitgearbeitet haben, und daher nur an der Oberfläche kratzen können.

In diesem Sinne ist das im Kollektiv verfasste Buch ein Buch von Radikalen, und auch diese abgeschmackte Kategorisierung will nicht recht passen. Aber zuhören, das lohnt sich hier mit Sicherheit.

Über das Kollektiv

 

Erstellt: 19.08.2020 - 07:22  |  Geändert: 02.12.2020 - 17:55