Nach Auschwitz: Schwieriges Erbe DDR. Plädoyer für einen Paradigmenwechsel in der DDR-Zeitgeschichtsforschung. Hrsg. Enrico Heitzer, Martin Jander, Dr. Patrice Poutrus und Anetta Kahane

Spätestens seit dem Aufkommen der völkischen PEGIDA und der AfD ist klar, dass politisches System und Gesellschaft der DDR aus dem Kontext des historischen Nationalsozialismus wie des gegenwärtigen Rechtsradikalismus genauso wenig herausgelöst werden können, wie die alte und neue Bundesrepublik. Ein Klima ist entstanden, in dem bislang ignorierte oder verdrängte Konfliktlinien der deutschen Mehrheitsgesellschaft - wie der Umgang mit Rechtsextremismus, Antisemitismus und Rassismus - deutlich zutage treten. Einige Historiker, Politiker sowie Bürgerrechtler instrumentalisieren die DDR-Aufarbeitung sogar für ihr rechtspopulistisches Engagement.

ISBN 978-3-7344-0705-5     42,00 €  Portofrei     Bestellen

Das Buch fasst wesentliche Ergebnisse der Tagung "Nach Auschwitz: Schwieriges Erbe DDR" vom Januar 2017 zusammen. Es versteht sich als ein Plädoyer für eine intensivere Hinwendung der Zeitgeschichtsforschung wie der politischen Bildung zur Untersuchung und Kritik der SED-Diktatur als einer von drei Nachfolgegesellschaften des Nationalsozialismus.
Herausgegeben im Auftrag der Amadeu Antonio Stiftung sowie der Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen (Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten).

Mehr Infos...

Inhaltsverzeichnis

Ein Wegbereiter des Holocaust als Chef des Kanzleramtes. Warum ausgerechnet der DDR-Antifaschismus das größte Hassobjekt der westdeutschen Elite war und ist, habe ich lange nicht verstanden. "Gut, die DDR-Historiker und Juristen hatten bei der Aufarbeitung von Schuld und Mitverantwortung an den Verbrechen der Nazis einen gewaltigen Vorsprung. Das galt nicht nur für die KZ-Forschung, sondern auch für persönliche Verstrickungen Einzelner, die Rückschlüsse auf die Strukturen des Systems zuließen. Die DDR-Führung hatte dabei den Vorteil, über die nötigen Archive zu verfügen und auch zusätzliche politische Motive zu haben. Denn viele der Belasteten waren inzwischen im Westen hohe Funktionsträger. Daraus aber ausschließlich auf den Willen zu Propaganda gegen die Bundesrepublik zu schließen, greift zu kurz. Kein Zeithistoriker vermag zu sagen, wie denn in dieser ungeheuerlichen Causa Globke eine Aufklärung hätte aussehen sollen, die nicht unweigerlich dem Ansehen der Bundesrepublik erheblichen Abbruch getan hätte. Die Herabwürdigung wuchs aus der Sache selbst." Daniela Dahn → Nachdenkseiten 01.03.2020

Die Herausgeber/innen:

Enrico Heitzer

Enrico Heitzer, geboren 1977 in Altenburg in Thüringen, war von 1996 bis 1998 bei der Bundeswehr. Seit 1998 studierte er Geschichts- und Politikwissenschaften in Potsdam und Halle. Von 2005 bis 2007 war er Stipendiat des Graduiertenförderungsprogrammes des Landes Sachsen-Anhalt. 2007 erhielt er ein Promotionsstipendium des DHI Washington. 2007/8 arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Geschichte der Neuzeit der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Seit 2005 war er assoziierter Doktorand am Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF) und 2010/12 wissenschaftlicher Mitarbeiter der Stiftung Berliner Mauer. Heute ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter der Gedenkstätte und des Museum Sachsenhausen/Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten. Neben seiner Ausstellungstätigkeit gelten seine Forschungsinteressen dem Ende des Zweiten Weltkrieges und dem frühen Kalten Krieg, der Entnazifizierung, der Geschichte von Opposition und Widerstand in der SBZ/DDR, Erinnerungspolitik und -kultur. Publikationen: Die Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit (KgU): Widerstand und Spionage im Kalten Krieg 1948 – 1959, Wien, Köln, Weimar (Band 53 der Reihe „Zeithistorische Studien“ des Böhlau-Verlags, 2015); mit Günter Morsch, Robert Traba und Katarzyna Woniak: Von Mahnstätten über zeithistorische Museen zu Orten des Massentourismus? Gedenkstätten an Orten von NS‑Verbrechen in Polen und Deutschland, Forschungsbeiträge und Materialien der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten 18, Berlin: Metropol Verlag 2016.

Martin Jander

Martin Jander, geboren am 21.1.1955 in Freiburg, Historiker, Dozent und Journalist, unterrichtet deutsche und europäische Geschichte an der Stanford University (Berlin), der New York University (Berlin) sowie im Programm FU‑BEST. Er hat seine Dissertation 1995 zum Thema „Formierung und Krise der DDR-Opposition“ am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin abgeschlossen. Gegenwärtig arbeitet er an einer Chronik des linken Terrorismus, die von der Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur gefördert wird. Neben seiner Lehr- und Forschungstätigkeit ist Jander als Erwachsenenbildner in den Gewerkschaften tätig, erstellt Unterrichtsmaterialien für den Schulunterricht und bietet in Berlin und Potsdam Stadtführungen (www.unwrapping-history.de) an. Dr. Patrice Poutrus Patrice G. Poutrus, geboren am 22.04.1961 in Ost-Berlin, Historiker und Dozent, vertritt derzeit an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder die Professur für Vergleichende Kultur- und Sozialanthropologie spätmoderner Gesellschaften. Er hat an der Viadrina 2001 promoviert und anschließend u. a. am Deutschen Historischen Institut in Washington DC, am Zentrum für Zeithistorische Forschungen, am Simon-Wiesenthal-Institut für Holocaust-Studien in Wien und am Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien geforscht. Er ist Mitglied des DFG-Forschungsnetzwerkes Grundlagen der Flüchtlingsforschung und arbeitet derzeit an einer Monografie zur Geschichte des politischen Asyls im Nachkriegsdeutschland, die im Frühjahr 2019 erscheinen soll.

Anetta Kahane

Anetta Kahane ist Schriftstellerin und die Vorsitzende der 1998 von ihr gegründeten Amadeu Antonio Stiftung. 1991 gründete Kahane die RAA e. V. (Regionale Arbeitsstellen für Ausländerfragen, Jugendarbeit und Schule) für die neuen Bundesländer. Sie wurde dort in 20 Orten die erste Struktur für interkulturelle Bildung und Integration. Im gleichen Jahr wurde ihr gemeinsam mit Joachim Gauck, Christian Führer, David Gill, Ulrike Poppe, Jens Reich, stellvertretend für die Demonstranten im Herbst 1989, die Theodor Heuss Medaille verliehen. 2002 wurde sie mit dem Moses-Mendelssohn-Preis des Landes Berlin ausgezeichnet. Sie verfasst seit einigen Jahren regelmäßig eine Kolumne in der Berliner Zeitung, schrieb für Zeit, tageszeitung, stern, Tagesspiegel u. a. und ist Autorin des Buches „Ich sehe was, was du nicht siehst“ (Berlin 2004).

 

Erstellt: 02.03.2020 - 05:33  |  Geändert: 02.12.2020 - 17:56