Jeremy Corbyn wurde nur deshalb in die Wahl zum Parteivorsitzenden der Labour Party 2015 aufgenommen, um den Wahlkampf ein wenig zu beleben, aber sein Beharren darauf, sich in Zeiten zunehmender Sparmaßnahmen, wachsender Ungleichheit und Krieg für die Bedürfnisse der Arbeiter und Randgruppen einzusetzen, gab den Entrechteten Hoffnung. Eine Welle sozialistischer Begeisterung zog einen massiven Zustrom von Mitgliedern in seine schwächelnde Partei und verhalf ihm auf einer Welle der „Corbynmania” zu einem überwältigenden Sieg.
Zunächst sprachlos angesichts dieser unerwarteten Wendung der Ereignisse, schmiedeten die Granden der Labour-Partei zusammen mit dem breiteren politischen Establishment Großbritanniens einen Plan, um den Einfluss von Corbyn und seinen Anhängern einzudämmen und zu begrenzen und seine offensichtliche und wachsende Anziehungskraft auf die Massen zu neutralisieren.
Sie starteten einen Angriff an allen Fronten, bedrängten ihn mit einer Frage nach der anderen und schufen eine falsche Kontroverse nach der anderen. Und allmählich wurde allen klar, dass keine noch so große Beschwichtigung, kein Kompromiss und keine Entschuldigung für diejenigen ausreichen würde, deren Interessen durch die Aussicht auf eine von Corbyn geführte Regierung bedroht waren, egal wie vernünftig und respektabel deren Ziele auch sein mochten.
Diejenigen, die sich unter seinem Banner versammelten, nahmen Corbyns Einschätzung der Labour-Partei für bare Münze. Sie glaubten, dass Labour sozialistisch sei, dass sie sich für die Interessen der Arbeiterklasse gegen die Reichen einsetzen würde, dass sie es mit dem britischen politischen Establishment aufnehmen könnte und würde und dass ein besseres Leben durch einfache Wahlmittel erreicht werden könnte.
Diese Broschüre enthält eine Auswahl von Artikeln, die den Aufstieg und Fall des Corbyn-Projekts nachzeichnen, wie es sich zugetragen hat. Was sollten britische Arbeiter aus dem vierjährigen Experiment „Rückeroberung der Labour-Partei für den Sozialismus” schließen? Warum und wie ist es gescheitert?
Und was sollten wir jetzt tun, wenn wir ein menschenwürdiges Leben für alle erreichen wollen, frei von Armut, Ungleichheit und Krieg?
Die Kapitel zum Anhören (EN) thecommunists.org 15.08.2020
Website: thecorbynproject.com
Jeremy Corbyn highlights thecommunists.org
Contents
FOREWORD
— Ranjeet Brar
1. THE LABOUR LEADERSHIP CONTEST
AND THE RISE OF JEREMY CORBYN
— Harpal Brar (Lalkar, September 2015)
2. JEREMY CORBYN: ‘RESURGENCE’ OF LEFT
SOCIAL DEMOCRACY MAY BE SHORT-LIVED
— Paul Cannon (Proletarian, October 2015)
3. ‘ANTI-ZIONISM IS NOT ANTISEMITISM’
— Jewish Socialists Group (April 2016)
4. CRISIS IN THE LABOUR PARTY –
CORBYN’S SECOND LEADERSHIP ELECTION
— Zane Carpenter (Proletarian, August 2016)
5. JUNE 2017: AFTER THE ELECTION, WHAT NOW?
— Ella Rule (Lalkar, July 2017)6. THE MYTH OF LABOUR PARTY ANTISEMITISM
— Ella Rule (Lalkar, July 2018)
7. THE MIXED MESSAGE OF THE IHRA
DEFINITION OF ‘ANTISEMITISM’
— Joseph Phinn (Proletarian, October 2018)
8. WHY IS CORBYN UNDER ATTACK?
— Joti Brar (Proletarian, October 2018)
9. BREXIT BETRAYAL REVEALS THE SHAM
OF BOURGEOIS DEMOCRACY
— Joseph Phinn and Joti Brar (Proletarian, April 2019)
10. BBC’S ANTI-CORBYN HATCHET
JOB FAILS TO LAND BLOW
— Asa Winstanley (The Electronic Intifada, July 2019)
11. EU ELECTION: A SECOND BREXIT REFERENDUM.
DO WE REALLY NEED A THIRD?
— Joseph Phinn and Ranjeet Brar (Proletarian, June 2019)
12. THE BREXIT ELECTION AND THE
DEATH OF PROJECT CORBYN
— Ranjeet Brar (Proletarian, January 2020)
Notes
Autoreninfos (Auswahl)
Der Aufstieg und Fall des Projekts Corbyn
Zusammenfassung
Dieses Textfasst die zentralen Thesen und Analysen aus der Publikation „The Rise and Fall of Project Corbyn“ zusammen. Das zentrale Argument des Werkes ist, dass das „Projekt Corbyn“ zwangsläufig scheitern musste, da die Labour Party eine grundlegend bürgerliche, imperialistische Partei ist, die den Interessen der britischen Kapitalistenklasse dient und nicht für sozialistische Ziele „zurückerobert“ werden kann.
Jeremy Corbyns überraschender Aufstieg zum Parteivorsitzenden im Jahr 2015 wird als unbeabsichtigtes Ergebnis der weitverbreiteten Wut und Frustration über die Austeritätspolitik und den Neoliberalismus dargestellt. Seine Wahl löste einen sofortigen und umfassenden Gegenangriff des britischen Establishments aus, zu dem die Führung der Labour Party, die Medien, der Staatsapparat und sogar das Militär gehörten, um seinen Einfluss zu neutralisieren.
Eine zentrale Waffe in diesem Kampf war die als „giftig“ und zynisch beschriebene Antisemitismus-Kampagne. Diese Kampagne zielte laut Quelle darauf ab, Antizionismus mit Antisemitismus gleichzusetzen, um Kritik an der Politik des Staates Israel zu unterdrücken und Corbyn persönlich zu diskreditieren. Die Verabschiedung der IHRA-Definition von Antisemitismus durch die Labour Party wird als entscheidender Moment in diesem Prozess angesehen.
Unter diesem unerbittlichen Druck wird Corbyn vorgeworfen, seine langjährigen Prinzipien in entscheidenden Fragen wie NATO, EU-Mitgliedschaft und der Erneuerung von Trident schrittweise aufgegeben zu haben. Sein größter Verrat sei jedoch seine Kehrtwende in der Brexit-Frage gewesen. Indem die Labour Party das Ergebnis des Referendums von 2016 missachtete und sich auf die Seite der „Remain“-Befürworter schlug, entfremdete sie ihre traditionelle Wählerschaft in der Arbeiterklasse, was zur katastrophalen Wahlniederlage 2019 führte.
Das Fazit der Quelle ist, dass das Scheitern des Projekts Corbyn eine schmerzhafte, aber entscheidende Lektion für die Arbeiterklasse darstellt: Echte sozialistische Veränderungen können nicht durch die Labour Party oder das parlamentarische System erreicht werden. Stattdessen sei der Aufbau einer neuen, revolutionären Arbeiterpartei erforderlich, die das kapitalistische System als Ganzes herausfordert.
Hauptthemen und Analyse
Die unveränderliche Natur der Labour Party als imperialistisches Instrument
Die grundlegende Prämisse der Analyse ist, dass die Labour Party keine Partei der Arbeiterklasse ist, sondern ein fester Bestandteil des britischen kapitalistischen Systems. Sie wird als eine „sozialimperialistische“ Partei charakterisiert (sozialistisch in Worten, imperialistisch in Taten), deren Zweck es ist, die Arbeiterklasse hinter ihre imperialistischen Meister zu scharen.
- Historische Rolle: Die Partei wird als historisch loyal gegenüber dem britischen Imperialismus, dem Empire, der Monarchie und den Finanzinteressen der City of London beschrieben. Ihre Unterstützung für imperialistische Kriege und Angriffe auf die Arbeiterklasse wird als Beweis für ihren wahren Charakter angeführt.
- Fundamentales Zitat: Die Perspektive wird durch ein Zitat von Harpal Brar zusammengefasst: „Wenn Karl Marx selbst der Vorsitzende der Labour Party wäre, wäre sie immer noch eine imperialistische Partei.“
- Die Illusion der „Rückeroberung“: Die Vorstellung, die Partei könne von innen für sozialistische Zwecke reformiert oder „zurückerobert“ werden, wird als fundamentale Illusion zurückgewiesen. Die Erfahrung unter Corbyn habe bewiesen, dass die Parteimaschinerie jeden Versuch, ihren Kurs zu ändern, aktiv sabotiert.
Corbyns Aufstieg: Ein Ausdruck der Massenfrustration
Jeremy Corbyns Wahl zum Parteivorsitzenden im Jahr 2015 wird nicht als geplanter Erfolg, sondern als politischer Unfall dargestellt. Seine Nominierung sollte lediglich die Debatte beleben und wurde vom Parteiestablishment als harmlos eingestuft.
- Ursachen des Aufstiegs: Sein Erfolg wurde durch eine Welle der öffentlichen Unzufriedenheit nach Jahren der Austeritätspolitik, der Privatisierung und des Niedergangs öffentlicher Dienste angetrieben. Seine Botschaft gegen die Sparpolitik fand bei einer desillusionierten Wählerschaft, insbesondere bei jungen Menschen, großen Anklang.
- „Corbynmania“: Dieses Phänomen wird als Ausdruck einer tiefen Frustration und Wut auf das politische Establishment beschrieben. Corbyn wurde zum „Nutznießer dieses Stroms von Frustration und Wut“.
- Radikalität im Kontext: Corbyns Programm wird als gemäßigte Sozialdemokratie der „alten“ Labour-Schule eingestuft. Er wird nicht als Marxist oder Revolutionär gesehen. Seine Positionen erschienen nur deshalb radikal, weil sich die Labour Party so weit nach rechts bewegt hatte, dass sie von den Konservativen kaum noch zu unterscheiden war.
Der Gegenangriff des Establishments
Unmittelbar nach Corbyns Wahl wurde ein koordinierter Angriff gestartet, um ihn zu neutralisieren und seinen Einfluss zu begrenzen. Dieser Angriff erfolgte laut Quelle an allen Fronten.
- Akteure: Beteiligt waren Labour-Parteigrößen, die konservative Regierung, die Mainstream-Medien und der britische Staatsapparat.
- Druckpunkte: Es wurde massiver Druck auf Corbyn ausgeübt, seine angeblichen Prinzipien in Schlüsselbereichen aufzugeben:
- Außenpolitik: Forderungen, Präsident Maduro in Venezuela zu verurteilen, die Militärintervention in Syrien zu unterstützen und China als feindlichen Akteur zu bezeichnen.
- Verteidigung: Forderungen, die Erneuerung der Trident-Atomwaffen zu unterstützen, obwohl er ehemaliger Vorsitzender der Campaign for Nuclear Disarmament (CND) war.
- Israel: Forderungen, seine Unterstützung für das palästinensische Volk aufzugeben.
- Drohung eines Militärputsches: Es wird explizit erwähnt, dass „hohe amtierende Generäle, Feldmarschälle, Admiräle und Kommodores“ in den Medien erklärten, dass es im Falle eines Wahlsiegs Corbyns „eine offene Rebellion in der Armee geben würde – es gäbe tatsächlich einen sehr britischen Putsch!“
- Sabotage der Wahl 2017: Der Text verweist auf den durchgesickerten „Labour antisemitism report“, der belegen soll, dass die Labour-Parteizentrale die Wahlkampagne 2017 direkt sabotiert habe. Ohne diese Sabotage hätte Labour die Wahl gewonnen.
Die Instrumentalisierung des Antisemitismus
Die Antisemitismus-Kampagne wird als die „giftigste“ und durchdringendste Waffe gegen Corbyn analysiert. Sie wird als zynisches Manöver dargestellt, das darauf abzielte, legitime Kritik an Israel zu delegitimieren.
- Gleichsetzung von Antizionismus und Antisemitismus: Das Kernargument der Kampagne war laut Quelle die Behauptung, Antizionismus sei gleichbedeutend mit Antisemitismus. Diese Taktik wurde von zionistischen Gruppen und dem britischen Establishment genutzt, um Israel vor Kritik zu schützen und Corbyns langjährige Unterstützung für Palästina gegen ihn zu wenden.
- Die IHRA-Definition: Die Annahme der IHRA-Definition von Antisemitismus durch die Labour Party wird als eine Kapitulation vor diesem Druck gesehen. Kritisiert wird insbesondere, dass die Definition es als antisemitisch einstuft, „die Existenz eines Staates Israel als ein rassistisches Unterfangen zu bezeichnen“.
- Fehlende Beweise: Der Text argumentiert, dass Antisemitismus in der Labour Party nicht weiter verbreitet sei als in anderen Parteien oder in der Gesellschaft im Allgemeinen. Die Vorwürfe seien konstruiert und dienten politischen Zwecken. Das BBC-Panorama-Programm „Is Labour antisemitic?“ wird als unehrlicher „hatchet job“ (Rufmordkampagne) bezeichnet.
Corbyns Prinzipienverrat und Kapitulation
Ein wiederkehrendes Thema ist die Analyse von Corbyns schrittweiser Aufgabe seiner politischen Überzeugungen unter dem Druck des Establishments.
- Kehrtwenden: Seine Positionen zu NATO, EU, Trident und Syrien werden als Beispiele für seine Kapitulation angeführt. Er gab seine frühere Ablehnung der NATO auf und wandelte sich von einem langjährigen EU-Kritiker zu einem Befürworter eines zweiten Referendums.
- Mangelnde Verteidigung von Verbündeten: Sein Versäumnis, politische Verbündete wie Ken Livingstone und Chris Williamson gegen die Antisemitismus-Vorwürfe zu verteidigen, wird als Beweis für seine Schwäche, seinen Mangel an moralischer Stärke und seinen Opportunismus gewertet. Dies habe ihn weiter isoliert und seine Gegner gestärkt.
- Das Mantra der „Einheit“: Corbyns Kapitulationen werden oft mit seinem Wunsch nach „Parteieinheit“ gerechtfertigt. Die Quelle interpretiert dies als Unterwerfung unter den rechten, pro-kapitalistischen Flügel der Partei.
Brexit: Der Katalysator für den Untergang
Der Brexit wird als eine tiefgreifende Krise für die britische herrschende Klasse und als entscheidender Faktor für Corbyns Scheitern dargestellt.
- Position zum Brexit: Die Quelle vertritt die Ansicht, dass ein Austritt aus der EU das Potenzial hat, den britischen, EU- und US-Imperialismus zu schwächen.
- Labours Verrat am Referendum: Die Labour Party wird scharf dafür kritisiert, das Ergebnis des Referendums von 2016 missachtet zu haben. Ihre schrittweise Annäherung an eine „Remain“-Position und die Unterstützung eines zweiten Referendums werden als direkter Verrat an den 17,4 Millionen Wählern, einschließlich eines Großteils ihrer eigenen Wählerschaft aus der Arbeiterklasse, dargestellt.
- Wahlkatastrophe 2019: Dieser Verrat am Brexit-Votum wird als Hauptgrund für die verheerende Wahlniederlage im Jahr 2019 identifiziert. Boris Johnsons Slogan „Get Brexit Done“ konnte bei den Wählern verfangen, weil Corbyns Labour keine glaubwürdige Position mehr vertrat und als undemokratisch wahrgenommen wurde.
Das Scheitern des Projekts und die Lehren für die Arbeiterklasse
Der endgültige Schluss der Analyse ist, dass das „Projekt Corbyn“ ein „schmachvolles Scheitern“ war, das jedoch wichtige Lehren für die Zukunft der Arbeiterbewegung bereithält.
- Die Unreformierbarkeit von Labour: Die zentrale Lehre ist, dass die Labour Party ein Instrument des Kapitals ist und nicht in ein Werkzeug für den Sozialismus umgewandelt werden kann. Man könne etwas nicht „zurücknehmen“, was einem nie gehört habe.
- Die Grenzen des Parlamentarismus: Die Erfahrung hat gezeigt, dass selbst ein „linker“ Parteivorsitzender innerhalb des bürgerlich-parlamentarischen Systems machtlos ist, grundlegende Veränderungen gegen den Widerstand des Staates und der Kapitalistenklasse durchzusetzen.
- Notwendigkeit einer neuen Partei: Die Schlussfolgerung ist, dass eine „wirklich sozialistische Partei“ aufgebaut werden muss. Diese Partei müsse:
- Die Interessen der Arbeiter an die erste Stelle setzen.
- Wirtschaftlich radikal sein und für einen Wechsel im Eigentum der Produktionsmittel kämpfen.
- Sich konsequent gegen imperialistische Kriege stellen.
- Unmissverständlich gegen die EU und das System des Monopolkapitalismus kämpfen.
Erstellt: 18.10.2025 - 13:50 | Geändert: 19.10.2025 - 17:45