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Zur Entstehungsgeschichte des Marxschen ›Kapital‹. Der Rohentwurf des Kapital 1857-1858. Von Roman Rosdolsky
ISBN 978-3-86259-129-9 31,00 € Portofrei Bestellen
«In einem Radio-Essay aus dem Jahr 1969 hebt auch der Adorno-Schüler Martin Puder Rosdolskys Arbeit besonders hervor: »Der von Rosdolsky kommentierte Rohentwurf des Kapital wirft auf sie [die Frage, ob Marx überholt sei] deshalb neues Licht, weil er den fließenden Charakter von Kategorien des Marxschen Denkens erkennen lässt, die nach der traditionellen Auffassung ganz fixiert zu sein scheinen.« Weiter heißt es: »Rosdolsky [widersteht] trotz seiner neomarxistischen Grundhaltung allen Versuchen, die Theorie von der Verelendung des Proletariats durch Begriffe wie 'mentale Verelendung', 'psychische Verelendung' oder gar 'moralische Verelendung‹ zu retten. Selbst den Terminus ›relative Verelendung‹ lehnt Rosdolsky ab. Er geht davon aus, dass derartige Übertragungen, in denen sich der akademische Marxismus gegenwärtig wieder gefällt, nur von der Stumpfheit ihrer Autoren gegenüber wirklichem, physischem Entbehren zeugen.«
Rosdolskys Arbeit stellt das Marxsche Kapital durch den Rückbezug auf den Ursprungstext der Kritik der politischen Ökonomie in einem anderen Licht dar. Damit wendet er sich sowohl gegen akademische wie auch marxistische Lesarten des Kapitals und legt einen Grundstein für die Neue Marx-Lektüre.
Zur Edition der vorliegenden Ausgabe: Unsere Ausgabe beruht in großen Teilen auf der Erstausgabe, die die Europäische Verlagsanstalt (EVA) 1968 vorlegte. Unsere Edition weist daher eine Seitenkonkordanz zur Erstauflage der EVA auf (die Zweitauflage der EVA wurde um den sogenannten Anhang, der etwa 200 Seiten umfasste, mit einem winzigen Hinweis gekürzt) und wird darüber hinaus um ein von Roman Rosdolsky zwar geplantes, doch von den Herausgebern der Erstauflage gestrichenes (und zum Teil grobschlächtig umgestelltes) Kapitel im Anhang der Neuauflage erstmals publiziert. Außerdem wurden alle Zitate kritisch geprüft und nach heute gängigen Ausgaben zitiert; Fehler in der Kapitelzählung sowie Rechtschreib- und Grammatikfehler wurden korrigiert und immer an entsprechender Stelle durch Eingriffe, die die Herausgeber vornehmen mussten, dokumentiert. Ein kritischer Kommentar der Herausgeber, der dem Buch vorweggeschickt wird, erstattet erstmals Bericht über die Entstehungsgeschichte der Entstehungsgeschichte, die sich keineswegs einfach gestaltete. Dem Anhang der neuen Edition ist ein komplett überarbeitetes Personenregister und eine aktuelle Auswahlbibliographie der Arbeiten, die Roman Rosdolskys im Rahmen einer Kritik der politischen Ökonomie verfasst hat, beigegeben. Dennoch – so viel vorweg – handelt es sich hiermit um keine historische-kritische Ausgabe, da nach wie vor der Gehalt des Buches für sich selbst sprechen und zu einer Neudiskussion des Textes einladen soll.
Der Autor:
Roman Rosdolsky wurde 1898 im österreichisch-ungarischen Lemberg geboren. Während des Ersten Weltkrieges war er Anhänger Friedrich Adlers wie auch Karl Liebknechts und gründete als Soldat den illegalen Bund der Internationalen Revolutionären Sozialdemokratischen Jugend. Rosdolsky war Mitbegründer der Kommunistischen Partei Ostgaliziens, die mit den russischen und ukrainischen Bolschewiki eng kooperierte, und galt als deren Theoretiker. Nach der Niederschlagung der Westukrainischen Volksrepublik im Mai 1919 emigrierte er nach Prag, um Rechts- und Staatswissenschaft zu studieren. 1924 setzte er sein Studium bei Carl Grünberg in Wien fort. Grünberg, der erste Direktor des Instituts für Sozialforschung sowie dessen ehemaliger Schüler Max Adler prägten Rosdolskys Auseinandersetzung mit der Marxschen Kritik der politischen Ökonomie. Vom 1. Januar 1929 bis zur Absetzung David Rjasanows im Jahre 1931 war Rosdolsky Mitarbeiter des Moskauer Marx-Engels-Instituts in Wien. Dabei hatte er den Auftrag, systematisch die Bestände im Haus-, Hof- und Staatsarchiv auszuwerten und Fotokopien der Marx betreffenden Polizeiakten für das Marx-Engels-Institut anfertigen zu lassen. 1934 kehrte er aus Wien nach Lwów/Lemberg zurück und arbeitete bis zum deutschen Überfall auf Polen am dortigen Institut für Wirtschaftsgeschichte. Als im Herbst 1939 die Rote Armee im Einvernehmen mit Adolf Hitler die Westukraine besetzte, entschloß sich Rosdolsky, der bolschewistischen Verfolgung als Trotzkist durch die Übersiedlung ins nationalsozialistisch besetzte Krakau zu entziehen. Dort wurden er und seine Frau Emmy im Herbst 1942 von der Gestapo verhaftet, da sie sich 'schuldig' gemacht hatten, Juden zu verstecken. Roman Rosdolsky wurde als politischer Häftling verfolgt, nach Auschwitz und später in die Konzentrationslager Ravensbrück und Sachsenhausen deportiert.1947 emigrierte er mit seiner Frau und seinem Sohn aus Angst vor dem stalinistischen Terror aus dem sowjetisch besetzten Österreich in die USA. Bis zu seinem Tod im Jahr 1967 lebte er in Detroit.
Erstellt: 19.07.2021 - 07:06 | Geändert: 26.11.2022 - 10:04