prismen (Medienpräsenz)

Vor 70 Jahren, am 4. April 1949, wurde die Nato als Verteidigungsbündnis gegründet, der Gegner hieß damals Sowjetunion. Im selben Jahr, am 29. August, wurde die erste sowjetische Atombombe erfolgreich gezündet. Stalin hatte das sowjetische Atomwaffenprogramm nach dem Abwurf amerikanischer Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki beschleunigt.

Wir befinden uns wieder in einer ähnlichen Eskalationsspirale zwischen der von den USA dominierten Nato und Russland wie im Kalten Krieg vor 60 Jahren. Nach einer kurzen Phase der Wiederannäherung und der Möglichkeit einer neuen Friedensordnung nach der Auflösung der Sowjetunion begann mit der fortschreitenden Osterweiterung der Nato und den Plänen zur Stationierung des US-Raketenabwehrsystem in osteuropäischen Ländern nach der Aufkündigung des ABM-Vertrags erneut eine Phase der Eskalation, die schon längst wieder zu einem nuklearen Wettrüsten geführt hat, das mit Cyberwar-Szenarien, Hyperschallraketen oder -drohnen und autonomen (Waffen)Systemen noch gefährlich ist als im "alten" Kalten Krieg, zumal neben der Nato und Russland auch China und weitere Staaten mitspielen und die Lage explosiver machen.

Horst Teltschick hat gerade ein Buch mit dem Titel "Russisches Roulette" veröffentlicht, in dem er erörtert, warum die Chance nach dem Ende des Kalten Krieges nicht ergriffen wurde oder werden sollte, eine Annäherung zwischen Nato und Russland als Partner zu erwirken. Eine politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen der EU und Russland in einem Gemeinsamen Wirtschaftsraum und damit auch eine neue Friedensordnung wäre in Aussicht gestanden, da mit der KSZE und später der OSZE schon etwas in Gang gebracht wurde. Nach einigen Schritten in diese Richtung wurden aber nach und nach die Verbindungen durchschnitten und Verträge gekündigt. Teltschik beschreibt, wie die Chancen verspielt wurden und die Konfrontationspolitik vor allem der Nato zu der gefährlichen militärischen Eskalationsspirale geführt haben, in wir uns befinden.

Teltschik hat wie kaum ein anderer die Zeit vom Ende des Kalten Kriegs über die Friedensbemühungen und bis zur neuen Eskalation politisch als Akteur und in Kenntnis von vielen der beteiligten Politiker mitverfolgt. Der Politikwissenschaftler war ab 1970 für die CDU tätig und wurde 1972 vom damaligen rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Helmut Kohl in die Staatskanzlei geholt.

1982 wurde er unter Kohl Leiter der Abteilung "Auswärtige und innerdeutsche Beziehungen, Entwicklungspolitik, Äußere Sicherheit" und stellvertretender Leiter im Bundeskanzleramt in Bonn, er war als außenpolitischer Berater von Kohl und 1989/1990 an den Verhandlungen zur deutschen Einheit beteiligt. Danach ging er in die Wirtschaft und war u.a. für Bertelsmann, BMW und Boeing tätig. Von 1999 bis 2008 leitete er die Münchner Sicherheitskonferenz, wo sich jährlich internationale Spitzen- und Sicherheitspolitiker, hohe Militärs, Vertreter der Rüstungsindustrie und internationalen Organisationen treffen. Teltschik spricht von einem "Kalten Frieden" und wirbt für eine neue Entspannungspolitik.

Moderator: Florian Rötzer

Das politische Online-Magazin Telepolis im Gespräch mit Professor Ulrich Teusch, der gerade ein neues Buch mit dem Titel "Der Krieg vor dem Krieg" veröffentlicht hat. In Fortsetzung seines Buchs "Lückenpresse" über die Schieflage der Mainstreammedien analysiert Teusch die in den letzten Jahren mit dem zunehmenden Wettrüsten verstärkt auf uns einprasselnde Kriegspropaganda, mit der militärische Politik in der Gesellschaft durchgesetzt wird.

Unermüdlich werden von Regierungen, Medien, Thinktanks und Lobbyverbänden Bedrohungen von bösen Mächten inszeniert oder verstärkt, die dazu zwingen sollen, mehr Geld in (neue) Waffen und das Militär zu investieren und an militärische Interventionen teilzunehmen. Dabei spricht man neuerdings von hybrider Kriegsführung, gegnerischen Beeinflussungsoperationen über Medien und Internet, einer "Weaponization of Information" und sogar der notwendigen "kognitiven Sicherheit".

"Weaponized Information" oder Desinformation ist eine Folge der paranoiden Vorstellung, dass jeder und alles zum kriegerischen Mittel werden kann, was eben auch heißt, dass der Krieg im Alltag angekommen ist, sodass der Diskurs oder die Kommunikation selbst zur Waffe wird und es im Prinzip keinen neutralen Reflexionsraum mehr gibt.

Moderator: Florian Rötzer
 

20.06.2018

Andrei Nekrasov über Korruption in Russland, Moral im Kapitalismus, und natürlich Bill Browder.

Bekannt wurde Nekrasov durch Putin kritische Filme wie "Disbelief" über die Terroranschläge in Moskau, "Rebellion: Der Fall Litwinenko" über den Giftmordanschlag auf Alexander Litwinenko, der 2007 bei den Filmfestspielen in Cannes seine Premiere hatte, und durch die von ARTE/ZDF produzierte und mit dem Grimme-Preis ausgezeichnete Doku-Serie "Lebt wohl, Genossen!"

Nekrasovs letzter Film "The Magnistky Act. Behind the Scenes" wurde erneut von ARTE/ZDF ko-produziert, schaffte es jedoch nicht an die breite Öffentlichkeit. Der Film, der die Narration um Sergei Magnitskys Tod als gelungenen PR-Coup des einflussreichen Hedge-Fonds-Managers Bill Browder demaskiert, sollte 2016 im EU-Parlament erstaufgeführt werden. Doch auf Druck von Bill Browder, dem einstigen Arbeitgeber von Sergei Magnitsky, und der Grünen-Politikerin Marieluise Beck wurde die Premiere kurzfristig abgesagt. Ebenfalls wurde die Ausstrahlung auf ARTE, ausgerechnet am Tag der Pressefreiheit 2016, gestoppt.

Nekrasov zeigte im Telepolis Salon seinen Film "The Magnistky Act. Behind the Scenes".