Der Seelentröster. Wie Christopher Clark die Deutschen von der Schuld am Ersten Weltkrieg erlöst. Von Klaus Gietinger und Winfried Wolf

Der I. Weltkrieg - verursacht von «Schlafwandlern»? Gab es Ähnliches nicht schon einmal? Richtig! Bis Anfang der 1960er Jahre war die These vom «Hineinschlittern» vorherrschend. Insbesondere die selbsternannten Eliten in Berlin und Wien hatten sich damit von jeglicher Verantwortung für den Großen Krieg freigesprochen. Anfang der 1960er Jahre gab es dann die entscheidende Wende. Der Historiker Fritz Fischer belegte, dass «die deutsche Reichsführung einen erheblichen Teil der historischen Verantwortung für den Ausbruch des allgemeinen Krieges» trug. Dies blieb dann - zu Recht - ein halbes Jahrhundert lang die Mehrheitsauffassung in der Geschichtswissenschaft. Bis Christopher Clark die alte These aufwärmte, nunmehr die 1914 in Berlin, Wien, Paris, London und St. Petersburg Verantwortlichen als «Schlafwandler» bezeichnend. Plötzlich öffneten sich dem Seelentröster Clark wie von Zauberhand die Talkshows und es wendete sich die Mehrheitsmeinung der Historikerzunft.

ISBN 978-3-89657-476-3     19,80 €  Portofrei     Bestellen

Aber gibt es neue Dokumente? Eine neue Interpretation bestehender? Klaus Gietinger und Winfried Wolf belegen, dass dies nicht der Fall ist. Neu jedoch sind die Zeiten: Kriege werden wieder als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln präsentiert. Neue Feindbilder werden gesucht. Es ist kein Zufall, wenn der Seelentröster nicht nur die Deutschen von der Schuld am I. Weltkrieg erlöst, sondern zugleich «die Serben» - Achtung: eng mit Russland verbunden! - als Hauptverantwortliche für den Großen Krieg stigmatisiert.

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Tagesschau und Tagesthemen vergaßen das Thema. Auch ansonsten war das Medienecho ausgesprochen mager oder einseitig. Diese Sprachlosigkeit wird der Bedeutung dieses Krieges nicht gerecht: Das war der erste militärische Einsatz der Bundeswehr out of area; der Einsatz wurde ohne Mandat der UNO geführt – wie der damalige Bundeskanzler Schröder selbst sagt: völkerrechtswidrig. → Nachdenkseiten 26.03.2019

 

Erstellt: 29.03.2019 - 07:56  |  Geändert: 02.12.2020 - 17:57