Imaginierte Zukunft
Fiktionale Erwartungen und die Dynamik des Kapitalismus
Im kapitalistischen Wirtschaftssystem richten Konsumenten, Investoren und Unternehmerinnen ihr Handeln auf die Zukunft aus. Diese birgt Chancen und Risiken, ist aber vor allem eines: ungewiss. Wie gehen die Akteure mit dieser Ungewissheit um? Ökonomen beantworten diese Frage mit verschiedenen Theorien, die auf die Berechenbarkeit des Marktes setzen. Dadurch wird die Nichtvorhersagbarkeit der Zukunft unterschätzt.
Jens Beckert nimmt die temporale Ordnung des modernen Wirtschaftslebens ernst und entwickelt einen neuen Blick auf die Dynamik des Kapitalismus. Im Mittelpunkt seiner Untersuchung stehen die fiktionalen Erwartungen der Akteure - Imaginationen und Narrative darüber, was die Zukunft bringt. Mit den Instrumenten der Soziologie und der Literaturtheorie liefert er eine umfassende Typologie dieser Erwartungen, untersucht ihre Funktionsweisen in Bereichen wie Geld, Innovation und Konsum und zeigt vor allem, wie mächtig sie sind. Fiktionale Erwartungen sind der Treibstoff der Ökonomie, können diese aber auch in tiefe Krisen stürzen, wenn sie als hohle Narrative entlarvt werden. Dann platzt die Blase. Ein fulminantes Buch.
Rezensionen
Zukunft? Ungewiss, aber vorstellbar! Jens Beckert profiliert die Hauptrollen von Imaginationen und Narrationen in Wirtschaftspraktiken. In der Gegenwart muss entschieden werden. Immer gerade jetzt: beim Einkauf des Konsumenten, beim Investment des Unternehmers oder Finanzanlegers, beim Sprechhandeln von Politikern und Notenbankern. Ob das gekaufte Konsumobjekt den erwarteten Nutzen bringt, ob es die erträumten Lüste befriedigt, das ist in der Entscheidungsgegenwart so unsicher wie die erhoffte Rendite des investierten Kapitals oder die Wirkung regulierender Aktionen von Politikern. Nutzen- oder Ertragserwartungen bewahrheiten sich erst in künftigen Momenten einer offenen, mithin ungewissen Zukunft – die aber hängen ab von Myriaden an Ereignissen der lokalen wie globalen Wirtschaftsentwicklung und von sich eventuell ändernden Präferenzen. Dies ist eine durchaus ungemütliche, riskante Gemengelage, geprägt von Nicht-Wissen – was im Alltag freilich meist ausgeblendet, per Bauchgefühl dezisionistisch übersprungen oder mit Geschichten narrativ plausibilisierend überspielt wird. Von Bernd Blaschke literaturkritik.de 04.10.2019
Zukunftsvisionen in der Wirtschaft. Wie Fiktionen den Kapitalismus beflügeln. Jens Beckert im Gespräch mit Thorsten Jantschek → Deutschlandfunk Kultur 17.10.2018
Vorhersagen und Visionen sind willkommene Pfeiler zur wirtschaftlichen Orientierung, aber sie können auch in die Irre führen. Der Soziologe Jens Beckert macht auf dieses Phänomen aufmerksam und plädiert dafür, Fiktion und Fakten besser zu trennen. Von Thomas Fromm → Deutschlandfunk 30.07.2018
Weitere Pressestimmen
»Einer der kreativsten, weitreichendsten und vielseitigsten neuen Ansätze soziologischer Theoriebildung.« Gert Scobel 3sat 18.06.2018
»Den dominierenden sozialwissenschaftlichen Ansätzen, die die Zustände des Kapitalismus aus der Geschichte heraus erklären, setzt Beckert seinen Schlachtruf entgegen: ›Die Zukunft zählt‹.« Steffen Martus Süddeutsche Zeitung 07.05.2018
»Die temporale Struktur des kapitalistischen Waren- und Geldverkehrs ist demnach nicht nur eine Randnotiz, sie ist sein Wesen. Erst Erwartungen an und Vertrauen in die Zukunft führen zu Veränderung und Wachstum, ihr Entzug zu Krise und Verlust.« Kim Christian Priemel Frankfurter Allgemeine Zeitung
»In seinem bahnbrechenden Buch legt der Wissenschaftler neue Erklärungen für die anhaltende Dynamik des Kapitalismus vor.« manu Das Parlament 18.06.2018
»In Imaginierte Zukunft legt Beckert gründlich, umfassend und überzeugend dar, warum stimmt, was viele über den Kapitalismus denken: dass er ein Luftschloss ist, gebaut auf Fantasien an der Grenze zum Betrug.« The Atlantic
»Deutschlands bester Wirtschaftsforscher ist ein Soziologe.« Christian Rickens handelsblatt.com 28.06.2018
»Jens Beckert hat ein fulminantes und materialreiches Werk vorgelegt, das für Leser_innen mit unterschiedlichen disziplinären Interessen von großem Gewinn sein wird.« Silke Gülker Neue Politische Literatur
Autoreninfos
Der Übersetzer
Stephan Gebauer arbeitet seit mehr als zwanzig Jahren als freier Übersetzer. Für Suhrkamp/Insel übersetzte er unter anderem Werke von Paul Mason, Quinn Slobodian, Branko Milanović und Sebastian Smees Kunst und Rivalität ins Deutsche.
Erstellt: 17.10.2018 - 06:01 | Geändert: 16.09.2025 - 18:00