Inge Müller - Ich will alles von der Welt
Die Gedichte Inge Müllers. Biografischer Essay

Inge Müller greift in ihren Gedichten auf außerordentlich direkte, dabei hochpoetische Weise die Erlebnisse der Stunde Null, die Erschütterungen durch den Zweiten Weltkriegs auf. Heute, da man sich mit der Generation, die in dieser Zeit jung war, und den Folgen ihrer Traumatisierungen befasst, wirken diese Gedichte unmittelbar, verblüffend. Ihre Gedichte über Liebe und Einsamkeit sind zeitlos packend, voller Zärtlichkeit und Wut.
 

ISBN 978-3-946807-03-2 4. Auflage 01.06.2016 16,00 € Portofrei Bestellen (Buch)

Die Schauspielerin Blanche Kommerell (geb. 195o in Halle/Saale) schrieb 1989 einen Essay über die Dichterin Inge Müller (1925-1966), die zu dieser Zeit nur wenigen Menschen bekannt war, und wenn, oft nur als Frau des Dramatikers Heiner Müller. Dabei hatte sie an seinen Stücken mitgearbeitet und selbst Theaterstücke, Kinderbücher und Radioarbeiten verfasst - und vor allem Gedichte. Warum nahm Inge Müller sich 1966 das Leben? Was war der Treibstoff ihres Schreibens? 

In knappen Worten verknüpft Blanche Kommerell Fakten mit den Gedichten, öffnet Assoziationen, auch mit eigenen Erinnerungen- etwa an ihre Kindheit im Theater und im Arbeiterviertel Berlin-Lichtenberg. Auch wenn inzwischen Publikationen z.B. von Ines Geipel und Sonja Hinzinger über Inge Müller neue Informationen und Texte bekannt gemacht haben, bleibt Blanche Kommerells Zugang einzigartig. Sie befragte - als allererste damals - den Dramatiker Heiner Müller nach dem Leben mit Inge Müller, die immer wieder versuchte sich das Leben zu nehmen. Die hinreißend intensiv war, jedoch stets gefährdet.

Müller antwortete Blanche Kommerells direkten Fragen mit entwaffnender Offenheit. Der Essay und das Gespräch sind in ihrer verdichteten Knappheit ein ausgezeichneter Einstieg, um die Lyrikerin Inge Müller kennenzulernen - und über einige Lebensfragen nachzudenken. Darüber hinaus sind sie ein eindrucksvolles Zeitdokument: Der Umbruch des Wendejahres 1989 ist in jeder Zeile spürbar.

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Inhaltsverzeichnis

»Sieh was ist. Frag wie es kam«: Vor hundert Jahren wurde die Schriftstellerin Inge Müller geboren. Traumatisiert vom Krieg ging sie an den Widersprüchen des DDR-Sozialismus zugrunde: »Ich weigere mich Masken zu tragen / Mich suche ich / Ich will nicht dass ihr mich nachäfft. / Ich suche unser Gesicht / Nackt und veränderlich. / Nicht Tränen nicht alle Wetter / Waschen die Larven uns ab / Kein Feuer kein Gott wir selber / Legen uns ins Grab.« Dieses Gedicht Inge Müllers habe ich zum ersten Mal im »Poesiealbum 105« gelesen, das Bernd Jentzsch 1976 herausgegeben hat. Es traf mein Lebensgefühl in der DDR der 1970er Jahre unmittelbar und auf unvergessliche Weise. Ich trug das schmale Album mit dem Bild eines blauen Harlekins auf dem Umschlag lange mit mir herum und versuchte, mehr über diese Dichterin zu erfahren. Aber die Auskünfte blieben spärlich. Dann erschien 1985 die Auswahl »Wenn ich schon sterben muss« von Richard Pietraß im Aufbau-Verlag, die deutlich machte, dass Inge Müller eine der wichtigsten deutschsprachigen Dichterinnen ihrer Generation war. In einem kurzen Vorwort von 1968, gedacht für eine früher geplante Ausgabe, hatte Heiner Müller geschrieben: »Ich habe die Gedichte, die in diesem Band abgedruckt sind, mehr als einmal gelesen, manche waren mir fremd, einige ärgerlich, verstanden habe ich viele erst nach dem freiwilligen Tod der Frau, die sie geschrieben hat in dreizehn Jahren neben mir (…). Dokumente eines tapferen Lebens, gegen das ihr Tod nichts beweist.« Von Holger Teschke junge Welt 13.03.2025

Die Autorinnen

Inge Müller, in Berlin geboren, erlebte den Zweiten Weltkrieg als junge Frau. Selbst verschüttet, barg sie ihre Eltern aus den Trümmern. Sie begann, darüber Gedichte zu schreiben, die sie jedoch erst spät oder gar nicht veröffentlichte. Sie publizierte Kinderbücher, übersetzte und bearbeitetet russische Dramen für das Deutsche Theater Berlin und arbeitete eng mit dem Dramatiker Heiner Müller zusammen, den sie 1955 nach zwei anderen Ehen heiratete. Sie erarbeiteten u.a. "Der Lohndrücker", was später von einer Müller bestritten wurde. Inge Müller, die seit dem Krieg an schweren Depressionen litt, nahm sich nach mehreren Versuchen 1966 das Leben.

Inge Müller auf Wikipedia

Blanche Kommerell, geboren in Halle, aufgewachsen und lebend in Berlin, ist Schauspielerin, Regisseurin und Autorin. Bekannt ist sie vor allem für ihre szenischen Lesungen von DichterInnen wie Marina Zwetajewa, Anna Achmatowa, Irmgard Keun, Christa Wolf, Gertrud Kolmar u.a. Sie unterrichtet/e Schauspiel und Sprache an der UdK Berlin, der Humboldt-Uni, in Witten-Herdecke. 2008 erhielt sie den Deutschen Sprachpreis der Henning-Kaufmann-Stiftung.

Blanche Kommerell auf Wikipedia

Der Illustrator

Reinhard Pods, 1951 geboren in Berlin, studierte an der Hochschule der Künste Berlin als Meisterschüler von Prof. Hödicke. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen wie den Thielerpreis, Villa Massimo in Rom, den Will Großmann Preis. Er stellt in verschiedenen Orten in Berlin, Italien, Frankreich aus, zuletzt bei Fergus McCaffrey in New York (2023). Seine hochreflektierte, expressive Malerei setzt sich neben Porträts immer wieder mit politischen Themen wie dem Golf Krieg, der Bandenkrise u.ä. auseinander. Reinhard Pods lebt in Berlin.

Erstellt: 21.03.2025 - 08:52  |  Geändert: 21.03.2025 - 09:17