"Die DDR hat´s nie gegeben"
Studien zur Geschichte der DDR 1945 bis 1990
Die DDR-Geschichte hat eine zeitliche Dimension von etwa viereinhalb Jahrzehnten. Ihre Existenz kann nicht als Vorgeschichte ihres Endes interpretiert werden. Das Muster »Abstieg auf Raten« ist zu simpel.
Einfache Konzepte, die nur den repressiven Charakter des SED-Regimes hervorheben, reichen nicht aus, um den Aufbau, die Stabilität und den Untergang der DDR zu erklären und auch Ansätze und Lehren für die Neugestaltung einer gerechteren modernen Gesellschaftsordnung zu ergründen.
Interpretation der DDR-Geschichte bedarf der strikten Sachlichkeit. Wo diese verlassen wird, steht auch die Akzeptanz durch die betroffene Bevölkerung in Frage. In der vorliegenden Publikation werden Studien vorgestellt, die in den letzten beiden Jahrzehnten entstanden sind, die noch nicht publiziert wurden oder die nur in die »graue Literatur« Eingang fanden. Dabei wurde großer Wert auf Fundierung durch archivalische Quellen gelegt.
REZENSION: Mit seinem Titel greift der Autor einen lakonischen Kommentar auf, den ein Unbekannter als Graffito an Berliner Gemäuer hinterlassen hatte. Für einen Staat, den es nie gab, ist der politische, institutionelle, finanzielle und personelle Aufwand seiner Erforschung und Deutung enorm. Er übertrifft bei weitem die Aufmerksamkeit, die der Geschichte der Bunderepublik gewidmet wird. Fußnoten der Geschichte können offensichtlich einen erstaunlichen Nachhall entwickeln. Dabei steckt die DDR-Forschung der zurückliegenden Jahrzehnte in einer politisch gewollten und sich selbst reproduzierenden Sackgasse. Renommierte Zeithistoriker haben das längst bemerkt und verlangen deshalb nach »neuen Perspektiven auf ein altes Thema«. Von Jürgen Hofmann GlobKult Magazin 13.07.2018
REZENSION: Der Titel „Die DDR hat‘s nie gegeben“ führt etwas in die Irre. Für nicht wenige Zeitgenossen hat es die DDR viel zu lang gegeben, für andere hingegen nicht lang genug. Die einen konnten bzw. können dem ersten staatsförmigen Sozialismusversuch auf deutschem Boden nichts abgewinnen und führen die DDR als Beleg für die Unmöglichkeit eines funktionierenden Sozialismus an. In die zweite Kategorie fallen jene, denen es in der DDR besser ging als heute oder die vom Westen aus bzw. als Nachgeborene den Realsozialismus romantisieren und seine Schattenseiten negieren. Siegfried Prokop möchte mit seinem neuen Buch weder die eine noch die andere Kategorie bedienen. Alexander Amberger 14.03.2018
Der Autor
Siegfried Prokop, Jahrgang 1940, geboren und aufgewachsen in einem Dorf bei Reichenberg (Liberec) in Nordböhmen. Der Vater Tischler, die Mutter Textilarbeiterin. Im Sommer 1946 mit den Eltern in die sowjetisch besetzte Zone »ausgesiedelt«. Abitur 1958 in Neubrandenburg, danach Studium der Geschichte und der Germanistik an der Humboldt-Universität zu Berlin und in Leningrad. 1967 Promotion. Lehrbeauftragter und Forschungen zur Zeitgeschichte der DDR an der Humboldt-Universität, von 1979 bis 1996 dort als Hochschullehrer tätig, Gastprofessuren in Paris (1987), in Moskau (1988) und Montreal (1991). Wegen angeblich fehlender persönlicher Eignung und mangelnder Qualifikation nach dem Sonderkündigungsrecht des Einigungsvertrages 1991 gekündigt. Die mehrjährige juristische Auseinandersetzung endet 1994 mit einem Vergleich. In der Nachfolge von Wolfgang Harich von 1994 bis 1996 Vorsitzender der Alternativen Enquete-Kommission Deutsche Zeitgeschichte. Forschungs-, Vortrags- und publizistische Tätigkeit bis heute. Siegfried Prokop lebt in Bernau bei Berlin.
Siegfried Prokop gehört zu den profiliertesten ostdeutschen Historikern
Erstellt: 12.03.2025 - 07:10 | Geändert: 12.03.2025 - 07:28