Zensur. Publikationsverbote im Spiegel der Geschichte. Vom kirchlichen Index zur YouTube-Löschung. Von Hannes Hofbauer
"Gefährliche Falschinformation" lautet die Punze, die monopolartig agierende Konzerne wie Alphabet/Google oder Facebook/Meta all jenen Publikationen und Wortmeldungen auf ihren Plattformen aufdrücken, die dem transatlantisch-liberalen Weltbild ihrer Betreiber nicht passen. Gelöscht und blockiert wird von politisch und kulturell gesteuerten Algorithmen. In den vergangenen Jahren ist dies millionenfach geschehen, wenn Beiträge über Corona, Russland, den Islam oder den Klimawandel nicht der herrschenden Meinung entsprachen.
Zwischen repressiv agierenden staatlichen Akteuren und privaten Medienmonopolen entwickelt sich in unseren Tagen eine neue Zensur-Praxis, für die beide nicht zuständig sein wollen und einander gegenseitig die Verantwortung zuspielen; eine Zensur des post-industriellen, kybernetischen Zeitalters. Der Wiener Historiker Hannes Hofbauer geht in die Geschichte zurück, um die aktuellen Verbotspraktika besser verstehen zu können.
Moderne Zensur beginnt mit der Erfindung des Buchdrucks zur Mitte des 15. Jahrhunderts. Sie orientierte sich an den bereits davor gängigen Werten, mit der die katholische Inquisition gotteslästerliche und kirchenkritische Stimmen zum Schweigen gebracht hatte. Bis ins 18. Jahrhundert gehen die Träger der verordneten Wahrheit Schritt für Schritt von der Kirche auf den Staat über, wobei erstere als „Schutzwächter des Pöbels“ wichtig blieb. Der Band enthält viele Biographien von zensierten Autoren, kämpferischen Verlegern wie Friedrich Brockhaus und standhaften Buchhändlern wie dem 1806 hingerichteten Johann Philipp Palm.
Die Wiederkehr der Zensur in unseren Tagen wurzelt in der ökonomischen Schwäche des transatlantischen Raums. Im Niedergang kämpft eine immer autoritärer agierende Elite um ihre Diskurshegemonie. Je erfolgreicher eine der herrschenden Meinung entgegenstehende Position unter die Menschen gebracht wird, desto aggressiver wird ihr von Brüssel oder Berlin begegnet, wobei immer häufiger die Zensurkeule zum Einsatz kommt.
Das Bewusstsein, dass unsere Gesellschaften langsam aber stetig in Richtung Orwell’scher Wahrheitsministerien schlittern, ist (noch) schwach entwickelt. Es zu schärfen, dazu soll dieses Buch beitragen; und um historische Parallelen erkennen zu können, wie z.B. jene der Zensurstriche in Heinrich Heines „Reisebildern“ und den geschwärzten Videos auf YouTube.
→ Inhaltsverzeichnis und Leseprobe bei Google Books
Zensur im digitalen Zeitalter. Zensur folgt der Herrschaft. Und sie versucht sie zu sichern. In der Frühneuzeit (ab ca. 1500) waren es die religiösen (und später die aufklärerischen) Schriften, die genau kontrolliert wurden. Mit der Französischen Revolution 1789 wechselte der Fokus der Zensoren auf die Staatspolitik und die Frage, wie regiert werden soll. Auch im Vormärz (1830-1848) mussten viele bekannte Schriftsteller wie Heinrich Heine oder auch Karl Marx mit der Zensur leben. Wie in der Geschichte zuvor, versuchten sie, diese zu umgehen. Mit dem Aufkommen der Arbeiterbewegung richtete sich die Zensur dann gegen Linke der verschiedensten Couleur. Verboten – oder gar verbrannt – wurden Bücher, Zeitungen, Zeitschriften. Später auch vereinzelt Filme. Hannes Hofbauer beschreibt in seinem gleichnamigen Buch die Zensur in der Geschichte. Er holt weit aus, schaut aber besonders auf die Gegenwart des digitalen Zeitalters. Denn jetzt muss anders zensiert werden. Wie, das steht in dem lesenswerten Buch (ein genauer Blick hinein folgt an dieser Stelle). Aus dem Buch: Einleitung im Abschnitt zur „Zensur im digitalen Zeitalter“. → Hintergrund 15.04.2022
Frontal gegen Ken Jebsen. (Auszüge aus dem Buch.) Der Wiener Verleger Hannes Hofbauer widmet sich in seinem neuen Buch „Zensur – Publikationsverbote im Spiegel der Geschichte“ ausführlich dem gemeinsamen Angriff großer Konzerne und staatlicher Behörden auf das regierungskritische Portal KenFM → multipolar magazin 11.04.2022
Hannes Hofbauer zur Zensur: „YouTube, Facebook und Co erledigen nur die Drecksarbeit.“ Von Marcus Klöckner → Nachdenkseiten 08.04.2022
Presse:
Der Blick des Historikers hat den Vorteil, wegzuführen von den Emotionen des Tagesgeschäfts und so den Kern sichtbar zu machen. Hannes Hofbauer startet seine Zeitreise mit der Erfindung des Buchdrucks und kommt dann über die Aufklärung, die Weltkriege, die Neustarts im deutschsprachigen Raum nach 1945 und all das, was rund um den Radikalenerlass von 1972 passierte, zu eindeutigen Befunden. (…) Hannes Hofbauer dokumentiert ausführlich, wie die beiden wichtigsten Stimmen der deutschsprachigen Gegenöffentlichkeit (der russische Staatskanal RT und KenFM) ausgeschaltet wurden und wie Leitmedien und Berufsverbände dazu entweder geschwiegen oder sogar Beifall geklatscht haben. Michael Meyen (medienblog.hypoteheses.org, 30.03.2022)
Der Autor:
Hannes Hofbauer, geboren 1955 in Wien. Studium der Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Universität Wien. Publizist und Verleger. Zuletzt sind von ihm im Promedia Verlag erschienen: „Kritik der Migration. Wer profitiert und wer verliert“ sowie „Europa – ein Nachruf“.
“Zensur" - Hannes Hofbauer → Im Gespräch Youtube 31.08.2022
RUBIKON: Im Gespräch: „Die Meinungsunfreiheit“ (Hannes Hofbauer
und Jens Lehrich) → Rubikon Youtube 07.04.2022
Erstellt: 08.04.2022 - 10:52 | Geändert: 26.07.2023 - 11:27