Der Schlaf der Vernunft
Der Rechtsextremismus und das Versagen der Intelligenz
In großen Teilen der kulturellen und wissenschaftlichen Intelligenz gibt es einen spontanen Antifaschismus und eine ablehnende Haltung gegenüber den Rechtspopulismus. Ein politisch wirksames Gegengewicht stellen diese Einstellungen jedoch nur eingeschränkt dar. Denn auch wenn ein antifaschistischer und antirassistischer Konsens existiert, ist er jedoch selten nur mit fundamentaler Gesellschaftskritik und alternativen Gesellschaftsvorstellungen verbunden. Diese Situation ist Ausdruck einer geistigen Klimaveränderung, die sich durch die Verdrängung kritischen Denkens und in der Bedeutungszunahme intellektuellen Relativismus manifestiert.
Die Verallgemeinerung postmoderner Orientierungen hat zu einem neuen Konformismus und zur Wehrlosigkeit auch gegenüber politischem Irrationalismus geführt.
AUSZUG
Ideologischer Rollback: Abschied von der Vernunft. Der Siegeszug des postmodernen Denkens bildet die Grundlage für den Aufstieg der Rechten in den vergangenen Jahren: "Der Aufstieg des Rechtsextremismus könnte als weniger dramatisch eingeschätzt werden, wenn wirksame Kulturen des weltanschaulichen Widerspruchs als Gegengewicht zu den rechten Formierungen existierten, es eine gesellschaftlich verankerte Kultur intellektueller Widerständigkeit und sozialen Selbstbestimmungsbegehrens gäbe. Verbreitet sind bei Künstlern, Literaten, Wissenschaftlern und Intellektuellen zwar Ablehnungshaltungen gegenüber rechts, das heißt, es existiert ein antifaschistischer und antirassistischer Konsens, der (mit Ausnahme in einigen subkulturellen Nischen) aber meist kaum mehr als eine Konvention mit geringer Ausstrahlung darstellt, weil er nur noch selten mit gesellschaftskritischen Positionen und einer nachdrücklichen Oppositionshaltung verbunden ist: Jede Vorstellung einer historischen Alternative bleibt ausgeklammert; gerade dann, wenn sozioökonomische Widerspruchsturbulenzen und irrationalistische Exzesse thematisiert werden." junge Welt 28.07.2025
Autoreninfos
Erstellt: 11.08.2025 - 07:24 | Geändert: 11.08.2025 - 07:35