Gratwanderungen
Erich Kästner und seine Freunde e. o. plauen und Erich Knauf
Als sich zu Beginn der Goldenen Zwanziger Jahre der Dichter Erich Kästner, der Zeichner Erich Ohser und der Redakteur Erich Knauf, ab 1928 literarischer Leiter der Büchergilde Gutenberg in Berlin, kennenlernten, begann gerade ihr beruflicher Erfolg. Parallel hierzu vollzog sich der Aufstieg des Nationalsozialismus, den die drei Freunde mit ihren Gedichten, Zeichnungen und Artikeln bekämpften. Das NS-Regime antwortete ihnen ab 1933 mit offener Ablehnung, Ausgrenzung und Verfolgung. Anders als viele Kulturschaffende blieben Kästner, Ohser und Knauf in Deutschland.
Sie versuchten, sich im gleichgeschalteten Kulturapparat einen Platz zu sichern, ohne dabei auf die eigene Meinung und subtile Kritik verzichten zu müssen. Kästner schuf vor allem Filmdrehbücher (z.B. für Münchhausen von 1943), Knauf vermarktete als Pressechef einer Filmproduktionsfirma Unterhaltungs- und Propagandafilme (z.B. Jud Süß von 1940) und Ohser zeichnete unter dem Pseudonym e. o. plauen nicht nur seine berühmten »Vater und Sohn«-Cartoons, sondern ebenso für das NS-Blatt Das Reich 800 Zeichnungen.
Am Ende konnten Ohser und Knauf mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg halten. Sie wurden denunziert. Nach ihrer Verhaftung und Verhören durch die Gestapo folgte die Anklage vor dem Volksgerichtshof von Roland Freisler. Ohser beging am Tag vor der Hauptverhandlung Selbstmord, Knauf wurde zum Tode verurteilt und hingerichtet. Einzig Kästner überlebte das 'Dritte Reich'. Dieses Buch skizziert den Lebensweg der drei Freunde und zeichnet gleichzeitig ein düsteres Kapitel deutscher Rechtsgeschichte.
REZENSION: „Gratwanderungen“ von Jürgen Seul ist ein faszinierendes Werk über die Freundschaft und das Schicksal dreier bedeutender Persönlichkeiten: Erich Kästner, Erich Ohser (bekannt als e. o. plauen) und Erich Knauf. Diese Männer, alle Künstler und Kritiker ihrer Zeit, waren in der NS-Zeit mit moralischen Konflikten konfrontiert, die ihr Leben und ihre Arbeit nachhaltig beeinflussten. Das Buch beleuchtet ihre Freundschaft und ihre Kämpfe und geht dabei detailliert auf die äußeren und inneren Konflikte ein, die durch den aufkeimenden Nationalsozialismus in Deutschland entstanden. Als Leser begegnet man einem fesselnden Porträt dreier mutiger Männer, die trotz widriger Umstände ihre künstlerische Integrität bewahren wollten. mediennerd.de 10.2024
Erich Kästner – Autor, Soldat und Friedensaktivist: "Emil und die Detektive", "Pünktchen und Anton", "Das doppelte Lottchen" – die Klassiker von Erich Kästner sind bis heute sehr beliebt. Der Autor, am 23. Februar 1899 in Dresden geboren, schrieb klar, direkt und oft lustig – und das wohl gerade wegen seiner Erfahrungen als Soldat im Ersten Weltkrieg. Als Zeitungsredakteur verfasste er antimilitaristische, gesellschaftskritische Artikel. Die Nazis verbrannten seine Bücher. Er blieb trotzdem in Deutschland und musste sich später oft dafür rechtfertigen. In den Jahren vor seinem Tod engagierte sich Kästner in der Friedensbewegung. Er starb am 29. Juli 1974 in München. [Podcast 28:05] Von Lukas Meyer-Blankenburg SWR 30.07.2024
Der Autor
Jürgen Seul, geboren 1962 in Ahrweiler. Studium der Rechtswissenschaften, Literaturwissenschaften und Geschichte. Tätigkeiten als Rechtsanwalt für verschiedene juristische Fachverlage. Seit 2009 Autor, Dokumentar und freier Lektor. Buchveröffentlichungen über Karl May, Jack London, Ludwig Thoma, Erich Wulffen und Rudolf Lebius. Daneben erfolgten Veröffentlichungen im Feuilleton des Magazins Legal Tribune ONLINE und im Magazin für Literatur und Zeitkritik Glanz & Elend.
Erstellt: 16.01.2025 - 08:25 | Geändert: 16.01.2025 - 08:49