"Aber wir haben ihnen doch Straßen gebaut!" Das italienische Kolonialreich: Terror, Lügen und Vergessen. Von Francesco Filippi

Filippi bietet zunächst einen Überblick über die italienische Kolonialgeschichte, die erst Ende des 19. Jahrhunderts begann. Die Eroberung von Eritrea, Somalia, Äthiopien und Libyen war ein Beispiel für Staatsterrorismus - mit erschreckenden Opferzahlen. Das Buch geht auch auf die oft übersehene Verantwortung der liberal-konservativen Regierungen vor Mussolini ein. Filippi analysiert deren imperialistische Ideologie ebenso wie die prahlerische Propaganda für die Eroberungskriege des Faschismus und das Verschweigen und die Beschönigung dieser Vergangenheit im demokratischen Italien nach 1945 (auch in der populären Kultur).
In Italien erreichte "Aber wir haben ihnen doch Straßen gebaut!" seit 2021 vier Auflagen. In Deutschland fügt sich das Buch - für ein breites Publikum geschrieben - gut in die aktuelle Debatte über den lange vergessenen deutschen Kolonialismus ein. Zwischen italienischer und deutscher Kolonialgeschichte gibt es auffallende Parallelen.
Interview mit dem Autor zu seinem Buch "Mussolini hat doch auch Gutes getan. Nonsens, der immer noch über den Faschismus im Umlauf ist" und dem Umgang mit der Geschichte Italiens heute. Von Adriano Bazzocco → Tangram Nr. 45/ 2021
Der Autor:
Der Historiker Francesco Filippi (1981) forscht zur Mentalitätsgeschichte und ist Mitgründer der Vereinigung, Deina, die Gedenk- und Bildungsreisen in ganz Italien organsiert. Filippi hat Handbücher und Bildungsmaterial zum Verhältnis von historischem Gedenken und Gegenwart mit herausgegeben. Im letzten Jahr ist seine viel beachtete Publikation Prima gli italiani! (sì, ma quali?) erschienen, in der der Autor politisch-nationale Slogans wie den titelgebenden hinterfragt und damit auch Fragen zum Identitätsentwurf stellt, der damit vertreten wird. Weitere Monographien des Historikers befassen sich mit dem heutigen Verhältnis Italiens zur faschistischen Vergangenheit (Mussolini ha fatto anche cose buone. Le idiozie che continuano a circolare sul fascismo (2019), Ma perché siamo ancora fascisti? Un conto rimasto aperto (2020)). In diesem Zusammenhang richtet sein 2021 bei Bollati Boringhieri erschienenes Buch Noi però gli abbiamo fatto le strade. Le colonie italiane tra bugie, razzismi e amnesie (2021) den Augenmerk auf die heutige Wahrnehmung der kolonialen Vergangenheit Italiens.
Erstellt: 08.10.2024 - 15:54 | Geändert: 08.10.2024 - 16:11