Der Fall Meursault - eine Gegendarstellung. Von Kamel Daoud

Dieser Roman gibt dem namenlosen Toten aus »Der Fremde« von Albert Camus ein Gesicht: Der alte Mann, der Nacht für Nacht in einer Bar in Oran seine Geschichte erzählt, ist der Bruder jenes Arabers, der 1942 von einem gewissen Meursault am Strand von Algier erschossen wurde - in einem der berühmtesten Romane des 20. Jahrhunderts. 70 Jahre später, mit all dem Ärger, der Angst und Frustration eines Lebens im Schatten dieses Todes, gibt der alte Mann seinem Bruder seinen Namen zurück und erzählt eine Geschichte, die untrennbar mit der Geschichte Algeriens verknüpft ist und doch gleichzeitig so berührend und persönlich, dass man das Buch nicht mehr aus der Hand legen kann. Der vielfach preisgekrönte Roman war eine der literarischen Sensationen der letzten Jahre und gilt schon jetzt als Klassiker.

ISBN 978-3-462-05060-8     9,99 €  Portofrei     Bestellen

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Leseprobe

Von rechts nach links geschrieben - Töten und schreiben: Niemand, so sagt Haroun einmal, würde sich an Meursault erinnern, «wenn er nicht getötet und geschrieben hätte». In dieser Reflexion schwingt ein zentraler Anklagepunkt des postkolonialen Diskurses mit: dass diejenigen die Geschichte machen, die sie schreiben. Doch deren Sprache lässt sich immerhin adaptieren und transformieren, «genau so», meint Haroun, «wie man es in diesem Land seit seiner Unabhängigkeit macht: Stein um Stein von den ehemaligen Häusern der Kolonialherren nehmen, um mein eigenes Haus daraus zu bauen, meine eigene Sprache zu formen». So vermag Daouds Protagonist die Geschichte des «Fremden» wenn nicht neu, so doch anders zu schreiben: «in der gleichen Sprache, aber diesmal, wie das Arabische, von rechts nach links». Um den Preis freilich, dass ihn aus diesem Text das eigene Spiegelbild mit den Augen des Mörders anblickt. Von Angela SchaderNeue Zürcher Zeitung 15.03.16

Weitere Pressestimmen:

»Daoud eröffnet uns eine atemberaubende Dimension...Im Buch erfährt der Leser [...] sehr viel Brisantes über eine Gesellschaft, der die Dekolonialisierung nicht den versprochenen Segen gebracht hat.« Der Spiegel

»Wer sich gerne mit der Philosophie Albert Camus auseinandersetzt, vor allem mit den Fragen des Absurden in Der Fremde, der wird dieses Buch lieben [...].« Augsburger Allgemeine 26.08.2017

»Daouds verschnörkelte Tirade entwickelt in ihren besten Momenten einen unwiderstehlichen Sog [...], liefert viel Spielstoff für philosophische Abwege und lässt dem alten Misanthropen Camus durchaus unterhaltsam die Luft raus.« Kölnische Rundschau 04.03.2016

»Ein großartig gelungener Versuch, einen Eindruck von den ungleichen Wahrnehmungen zu geben, die das algerisch-französische Verhältnis bis heute prägen.« FAZ 17.02.2016

»Ein großer Roman darüber, wie die Vergangenheit unsere Gegenwart prägt, und über die ungebrochene Kraft der Literatur, eine tiefere Erkenntnis, eine verborgene Wahrheit ans Licht zu bringen.« Spreeradio 16.02.2016

» Der Fall Meursault ist eine wütende historische Abrechnung, aber auch ein amüsantes literarisches Spiel.« Dina Netz WDR 5

»Es ist an der Zeit, Camus neu und anders zu lesen. Kamel Daoud hat es mit seinem Roman getan und dabei ein beeindruckendes Stück Literatur geschrieben.« Volltext

»Dem Autor gelingt es meisterhaft, eine Art Ideologiekritik an Camus' kolonial geprägter Weltsicht mit einer kongenialen Fortschreibung des legendären Romans zu verbinden. Brilliant ist das Buch [...].« Deutschlandradio Kultur

»Kamel Daoud schreibt, wie – laut seinem Helden Haroun – die Algerier essen: mit dem ganzen Körper. Und so, dass einem beim Lesen alle Sinne bewusst werden.« Badische Zeitung

»Aus Camus' Sprache hat Daoud ein neues, stilistisch bewundernswertes Haus gebaut.« diepresse.com

Der Autor:

Kamel Daoud, Jahrgang 1970, arbeitete lange als Journalist für den Quotidien d’Oran und andere Zeitungen. Heute lebt er als Schriftsteller mit seiner Familie in Oran. Für seinen ersten Roman »Der Fall Meursault – eine Gegendarstellung« wurde er von der Kritik gefeiert und unter anderem mit dem Prix Goncourt du Premier Roman ausgezeichnet. Das Buch wurde in 30 Sprachen übersetzt.

„Kamel Daoud (...) hat sich als eine der Stimmen profiliert, die man seit 9/11 immer wieder herbeiwünscht: Er ist ein prononcierter, mutiger Opponent der bigotten und gewalttätigen Strömungen, die sich in den letzten Dekaden in der islamischen Welt herausbildeten. Es mutet grotesk an, dass der Autor unlängst genau deswegen – er hatte in «Le Monde» und der «New York Times» eine harte Abrechnung mit dem Frauenbild der Muslime vorgelegt – von in Frankreich domizilierten Intellektuellen der «Islamfeindlichkeit» bezichtigt und unter Beschuss genommen wurde. Daoud gab daraufhin bekannt, er wolle sich vom Journalismus zurückziehen – die Kritiker hatten mithin zuwege gebracht, was eine 2014 gegen den Schriftsteller verhängte Fatwa nicht bewirken konnte. Immerhin löste der Eklat eine Gegenbewegung aus: Der fundamentalistische Prediger, der die Fatwa ausgesprochen hatte, wurde nun in Oran mit einer Busse und einer Haftstrafe belegt." Angela Schader in → Neue Zürcher Zeitung 15.03.16

Der Autor auf Wikipedia

Der Übersetzer:

Claus Josten, geboren 1958, Studium u.a. in Duisburg, Straßburg und Paris. Zunächst Journalist, von 1991 bis 2005 Redakteur in der Gründungs-Équipe der Arte-Themenabende/»Das kleine Fernsehspiel« beim ZDF. Seit 2006 systemischer Coach im Maghreb, in Frankreich und Köln, Übersetzer und (Fernseh)-Autor.

 

Erstellt: 29.01.2024 - 06:18  |  Geändert: 31.01.2024 - 04:55