In der heutigen Episode unterhält sich Konstantin Georgiou mit Asteris Kutulas über den Komponisten Mikis Theodorakis und über den YouTube Kanal “MikisTheodorakisOfficial”, der das digitale Zuhause des großen Komponisten sein wird.
Asteris Kutulas wurde 1960 in Rumänien als Sohn griechischer Emigranten geboren, die 1968 in die ehemalige DDR umziehen mussten. Er besuchte in Dresden die Kreuzschule und studierte von 1979 bis 1984 Germanistik und Geschichte der Philosophie an der Universität Leipzig. Übersetzte seit 1981 zahlreiche Werke bedeutender griechischer Autoren ins Deutsche. Außerdem veröffentlichte Kutulas eigene Bücher und eine Vielzahl von Texten, Interviews und Übersetzungen in verschiedenen deutschen, griechischen und englischsprachigen Zeitschriften und Zeitungen.
Kutulas gab von 1987 bis 1989 in der DDR die “inoffizielle” Publikationsreihe BIZARRE STÄDTE heraus, an der sich viele Autoren, Maler und Musiker beteiligten, sowie von 1990 bis 1991 die Zeitschrift SONDEUR. Lebte von 1992 bis 1996 in Athen.
Arbeitete von 1981 bis zu dessen Tod 2021 mit dem griechischen Komponisten Mikis Theodorakis zusammen, für den er Dutzende Alben produzierte und über 100 Konzerte weltweit organisierte. 1998 veröffentlichte Kutulas das Theodorakis-Werkverzeichnis.
Seit Anfang der Achtziger Jahre arbeitet Kutulas als Autor, Regisseur und Produzent bei diversen Filmproduktionen sowie als Dramaturg bei Theater- und Showinszenierungen.
Seine Laufbahn als Komponist begann Mikis Theodorakis (https://asti-blog.de/2017/07/07/das-p...) Anfang der 40er Jahre in der arkadischen Stadt Tripolis als Hymnenschreiber für die griechisch-orthodoxe Sonntagsliturgie in der Kirche „Agia Triada“. Seine zwei wichtigsten Werke der damaligen Zeit waren die „Hymne an Gott“ sowie die Liturgie „Kassiani“. Genauso wie seine etwa 30 anderen liturgischen Kantaten aus jener Zeit beruhten diese auf Texten griechisch-orthodoxer Kirchenväter bzw. der Priesterin Kassiani.
1943 geht Theodorakis als 18jähriger ans Athener Konservatorium und hat im Gepäck seine „1. Sinfonie“, ein Oratorium, dessen Worte er selbst verfasste. Darin bricht er seine religiös inspirierte Suche nach Gott in eine Dualität auf, was sich darin zeigt, dass er eine gleichberechtigte Ansprache formuliert – auf der einen Seite an das Licht und auf der anderen Seite an das Dunkel.
Seine zwei Hauptwerke auf dem Gebiet der Kirchenkomposition entstanden viel später in den 80er Jahren, als Theodorakis schon beinah 60 war. Es sind die „Totenmesse“ und das „Requiem“, die beide auf Texten zweier Kirchenväter aus dem 4. und 5. Jahrhundert basieren. Für Theodorakis gehören die Verse des „Requiem“, geschrieben von Johannes Damaskinos im 6. Jahrhundert zu den schönsten griechischen Texten überhaupt. Unter anderem vertonte er 1982 folgenden Abschnitt:
„Lasst uns heraus kommen und in den Gräbern wahrnehmen, dass der Mensch nur das ist: Knochen, Fraß für die Würmer und Gestank. Lasst uns erkennen, was Reichtum, Schönheit, Kraft und Anstand wirklich sind.“
In Tripolis hatte Theodorakis als Gymnasiast die Seminare von Evangelos Papanoutsos besucht, des damals bedeutendsten griechischen Philosophen. Und während der Zeit bei ihm wurde für den jungen Theodorakis das zur Passion, was ihn zeitlebens begleitete: seine tiefe Liebe zu den Schriften der antiken Autoren.
Das Altgriechische perfekt beherrschend, verschlang der 15- bis 17-jährige Theodorakis alles, was die Antike an Schriftgut zu bieten hatte. Nicht nur die Tragiker, sondern auch alle Philosophen, Mathematiker und Astronomen. Beim Pythagoräer Philolaos las Theodorakis, dass die Entfernungen zwischen den Planeten gemessen werden können im Verhältnis zum „zentralen Feuer“, also dem Feuerkern des Alls, den Philolaos auch als „Mutter der Götter“ oder auch als „Altar“ und „Ordnung“ der Natur apostrophiert hatte, um den herum sich zyklisch drehten: die Anti-Erde, die Erde, der Mond, die Sonne, die Planeten und schließlich, in der äußeren Sphäre des Alls, die „unsteten Sternenhimmel“. Für den Vorsokratiker Philolaos ist das Feuer der Ursprung des Lichts und die absolute Quelle der Energie des Absoluten. Und laut Philolaos sind Feuer und Musik Geschenke an die Menschen.
Die Musik als Ausdruck des planetarischen Klangs auf Erden bringe einen Widerhall des Universums hervor, und dieser Widerhall versetze den Menschen in einen rein geistigen Zustand, genauso wie andererseits das Feuer auf der materiellen Ebene zu Reinheit in unseren irdischen Sphären führe.
Diese Gedanken inspirierten Theodorakis und bildeten den Ausgangspunkt für die Entwicklung seiner Theorie von der Universellen Harmonie.