20.12.2022

Alltagsverstand bei Gramsci mit Uwe Hirschfeld - 99 ZU EINS - Ep. 215

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Antonio Gramsci, der berühmte Marxist und Philosoph aus Italien, hat in seinen Gefängnisheften Überlegungen dazu angestellt, wie der Marxismus es schaffen kann hegemonial zu werden: Also die bestehende Hegemonie des Kapitalismus, des jeweiligen „Block an der Macht“ in Frage zu stellen. Gramsci untersuchte, warum insbesondere in West- und Südeuropa die Revolution nicht erfolgreich war. Er fand die Lösung darin, dass keineswegs nur der Staat erobert werden müsste, sondern dass es neben der Gewalt des Staates einen den Staat und den Kapitalismus stabilisierenden Konsens gerade in den vermeintlich „zivilgesellschaftlichen“ Institutionen gibt. Er fasst dies als „Hegemonie“ die nur ergänzend durch den Staat „gepanzert mit Zwang“ wird. Gramsci war ein marxistischer Theoretiker, der früh die eigenständigen Bedeutung von Ideologie und Politik betonte. Dafür entwarf er ein Konzept der „Philosophie der Praxis“, die Überlegungen dazu einschloss, wie an den Alltag der Menschen anknüpfend eine Praxis entwickelt werden kann, die die Hegemonie der Herrschenden in Frage stellt.

Sprache (Ton)
Deutsch
Sprache (Untertitel)
Deutsch
Laufzeit
57min 20s
Thematisierte Personen
Videoautoren

Erstellt: 23.12.2022 - 07:34  |  Geändert: 01.07.2025 - 08:29

verwendet von

Antonio Gramsci (1892-1937) gehört mittlerweile zu den großen politisch-philosophischen Denkern Europas, sein Werk wird inzwischen auch in Deutschland umfassend rezipiert. Die parallel zu den Gefängnisheften erscheinenden Briefe schlagen eine Brücke zum Verständnis der theoretischen Aufzeichnungen und Reflexionen, sind darüber hinaus aber der eindrucksvolle Entwurf eines intellektuellen Selbstporträts. Durch die Lektüre der Briefe eröffnet sich der Zugang zu der Person Antonio Gramsci, zu den Wurzeln seines Denkens und Fühlens. Eine bewegendes Zeitzeugnis und zugleich eine Brücke zum Verständnis der theoretischen Notizen und Ausarbeitungen. Die deutsche Ausgabe enthält auch eine Reihe bislang unbekannter Briefe, die erst kürzlich entdeckt wurden. Die Herausgabe der Gefängnisbriefe wurde 2024 mit Band IV abgeschlossen.

Wikipedia (DE): Antonio Gramsci

Ausgehend von einer Rekonstruktion des Alltagsverstandes, wie Gramsci ihn in den "Gefängnisheften" skizziert, wird nach seiner aktuellen politischen und pädagogischen Bedeutung gefragt. Dabei wird für die politische Bildung ein mäeutischer Ansatz entworfen, der der Selbsttätigkeit der Subjekte konzeptionell und methodisch größeres Gewicht beimisst. Akteure der politischen Bildung müssen die Dialektik der Organisation selbstbestimmten Lernens in ihrer Didaktik begrifflich reflektieren und praktisch befördern. Der Auseinandersetzung mit Utopie kommt dabei ein besonderer Stellenwert zu. Hier werden die gesellschaftlichen Alternativen entdeckt, erfunden und verhandelt, die für kollektives Engagement wesentlich sind. Ihre politische Relevanz wird dabei von ihrer ästhetischen Form bestimmt.