Die Rente im Spannungsfeld von Politik, Wirtschaft und Demographie. Von Günter Eder

Das Thema Rente verunsichert viele Menschen. Die meisten machen sich Sorgen um die Zukunft der gesetzlichen Rente. Wird diese in 20 oder 30 Jahren noch ausreichen, um einen finanziell gesicherten Lebensabend zu ermöglichen? Oder wird das Rentenniveau auf ein rudimentäres, unzureichendes Basisniveau herabsinken? In politischen Talkshows wird die Problematik gerne und häufig prominent diskutiert. Dabei erstaunt, wie wenig differenziert vielfach argumentiert wird, aber wie nachhaltig und unerschütterlich jeder seinen Standpunkt vertritt. Im Prinzip lassen sich die Diskutanten in zwei Gruppen einteilen. Zum einen die Schwarzmaler, die die Meinung vertreten, dass die gesetzliche Rente wegen des demographischen Wandels (sprich: der Überalterung der Gesellschaft) von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung abgekoppelt werden müsse, um auf lange Sicht bezahlbar zu bleiben (Stichwort: private Vorsorge). Zum anderen die Optimisten, die davon sprechen, dass der Anstieg der Lebenserwartung kein neues Phänomen darstellt, sondern die Bundesrepublik seit ihrer Gründung im Jahr 1949 begleitet und durch die Steigerung der Produktivität stets aufgefangen werden konnte, und dass dies auch künftig so sein werde (Stichwort: Produktivität schlägt Demographie).

ISBN 978-3-944101-47-7     24,80 €  Portofrei     Bestellen

Welche dieser beiden Positionen die zukünftige Situation treffender beschreibt, soll mit Hilfe allgemein zugänglicher statistischer Daten überprüft werden. Wichtigste Datenquellen in diesem Zusammenhang sind die Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes (StaBuA) und der Deutschen Rentenversicherung.

Das Ziel der Studie lässt sich kurz gefasst wie folgt beschreiben: Es soll anhand (realitäts-naher) Szenarien aufgezeigt werden, wie sich die gesetzliche Rente unter bestimmten wirtschaftlichen, demographischen und politischen Rahmenbedingungen bis zum Jahr 2050 entwickeln könnte oder entwickeln wird. Das Bestreben ist dabei nicht so sehr, die Höhe der zukünftigen Rente für einen bestimmten Zeitpunkt möglichst exakt vorauszusagen, als vielmehr allgemeine Entwicklungstendenzen herauszuarbeiten und zu quantifizieren. Ist in den kommenden Jahrzehnten unter bestimmten wirtschaftlichen Bedingungen mit (real) steigenden Renten zu rechnen oder wird man sich eher auf stagnierende Renten einstellen müssen? Gibt es Zeitabschnitte, in denen die Rentensituation relativ entspannt betrachtet werden kann oder in denen sie aufgrund stark wachsender Rentnerzahlen besonders problematisch sein wird? Welche Rolle spielen Geburtenraten und Zuwanderungszahlen für die Rente? Und welchen Einfluss hat die Politik auf die Entwicklung der gesetzlichen Rente?

Zentraler Baustein des Rentensystems in Deutschland ist die umlagefinanzierte gesetzliche Rentenversicherung (GRV). Beim Umlageverfahren wird kein individueller Kapitalstock angespart, aus dem später die Rente gezahlt wird, wie bei der privaten Rentenversicherung, sondern die Beitragszahlungen werden direkt dazu verwendet, die aktuellen Renten zu bezahlen. Das Verfahren hat den Nachteil, dass der Einzelne keinen Anspruch auf eingezahlte Gelder hat, also beispielsweise nicht darüber verfügen kann, ob der Betrag vorzeitig ausgezahlt wird oder für Rentenzahlungen verwendet wird. Die Gelder werden grundsätzlich für Rentenzahlungen verwendet (Ausnahme: Reha-Maß-nahmen). Auf der anderen Seite hat das Umlageverfahren natürlich auch Vorteile: es ist weitgehend unabhängig von Entwicklungen auf dem Kapitalmarkt (Stichwort: Banken-krise), es kommt ohne Provisionszahlungen an einwerbende Versicherungsvertreter aus und es muss keine Gewinne erwirtschaften, die als Dividende an Aktienbesitzer aus-geschüttet werden. Darüber hinaus ist es, wie die Eingliederung von Millionen DDR-Rentnern nach der Vereinigung gezeigt, sehr flexibel.

Trotz seiner Stärken steht das Umlageverfahren immer wieder im Kreuzfeuer der Kritik. Bezweifelt wird vor allem die Zukunftsfähigkeit des Systems angesichts stark steigender Rentnerzahlen. Dabei gerät allzu leicht aus dem Blick, dass auch private Rentenversicherungen Schwächen haben und nicht per se sicher und renditestark sind. Ein Nachteil ist beispielsweise die meist fehlende Dynamisierung der Rente. Das hat zur Folge, dass die Rente während der gesamten Laufzeit nicht ansteigt, sondern auf dem Anfangszahlbetrag verbleibt. Bei einer angenommenen Inflationsrate von 2% p.a. bedeutet dies, dass die Rente innerhalb von 20 Jahren etwa ein Drittel an Kaufkraft einbüßt. Trotz dieser Sachlage (d.h. des kontinuierlichen Wertverlustes der Rentenzahlung) haben private Versicherungen aufgrund der niedrigen Zinsen in den zurückliegenden Jahren zunehmend Schwierigkeiten, ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen.

Bisher beschränken sich die negativen Auswirkungen noch auf die Kürzung der Überschussbeteiligung, aber Insolvenzen können mittlerweile nicht mehr ausgeschlossen werden. Aufgrund von negativen Erfahrungen, die viele Menschen in den vergangenen Jahren mit der Riesterrente gemacht haben, ist hier mittlerweile ein gewisses Problembewusstsein entstanden. Die Frage nach der Zukunftsfähigkeit der gesetzlichen Rente ist in der vorliegenden Studie auf gesetzlich Versicherte beschränkt, die aus Altersgründen aus dem Erwerbsleben ausscheiden und eine Altersrente beziehen. Andere Rentenarten, wie beispielsweise die Hinterbliebenenrente oder die Erwerbsminderungsrente, werden nicht in die Betrachtung einbezogen. Die Höhe der Rente, die die GRV durchschnittlich zahlen kann, hängt im Prinzip von zwei Faktoren ab: Von der Höhe der Einnahmen einerseits und von der Zahl der Rentner andererseits. Je nachdem wie sich die beiden Größen in Relation zueinander verändern, muss mit steigenden oder sinkenden Renten gerechnet werden.

Steuerbar ist der Prozess über den Rentenbeitragssatz und über das Renteneintrittsalter. Seit 2012 wird das Renteneintrittsalter, das bis dahin über viele Jahre konstant bei 65 Jahren lag, schrittweise angehoben. Ab 2030 werden Arbeitnehmer erst mit 67 Jahren regulär in Rente gehen können. Vereinzelt sind Stimmen zu hören, die eine weitere Anhebung des Renteneintrittsalters fordern (vgl. [1]). Wegen der zu erwartenden höheren Lebenserwartung der Menschen und weil ein Großteil der geburtenstarken Jahrgänge dann in Rente geht, sollte das Eintrittsalter ab 2030 stufenweise auf 70 Jahre angehoben werden. Ob solche Forderungen gerecht
Zum Buch Die Zukunftsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung wird äußerst unterschiedlich beurteilt. Viele Menschen sehen eine demographische Katastrophe auf das umlagefinanzierte Rentensystem zukommen, andere halten gute Renten (wegen der steigenden Produktivität) auch in Zukunft für problemlos finanzierbar. Die jeweilige Einschätzung erfolgt (mangels verlässlicher Daten) allzu häufig aus dem Bauch heraus und nicht auf Basis solider, nachvollziehbarer Fakten.

Die vorliegende Studie schafft hier Abhilfe. Sie gibt dem interessierten Leser (in allgemein verständlicher Form) Daten und Fakten an die Hand, die ihm die Möglichkeit geben, sich ein Bild davon zu machen, wie es um die gesetzliche Rente steht und wie diese sich bis 2050 weiterentwickeln könnte. Die weitere Entwicklung wird abgeschätzt an Hand realitätsnaher Szenarien mit unterschiedlichen Annahmen zur wirtschaftlichen und demographischen Entwicklung. Aufbauend auf den Ergebnissen arbeitet der Autor Einfluss und Bedeutung der Politik für die gesetzliche Rente heraus. Er zeigt auf, wie das Rentensystem nachhaltig gestärkt werden kann und mit welchen Renten (je nach Rentenpolitik) zukünftig zu rechnen ist.

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Leseprobe des Verlags

Die Rentenpolitik bedarf einer Kurskorrektur. Die Menschen in Deutschland werden im Durchschnitt immer älter – mit der Folge, dass die arbeitende Bevölkerung die Rente für immer mehr alte Menschen aufbringen muss. Ist dieser Veränderungsprozess allein mit dem Rentensystem auf Basis des Umlageverfahrens zu bewältigen oder werden Wirtschaft und Arbeitnehmer dabei über ein erträgliches Maß hinaus belastet? Von Günter Eder → Springer, Analysen und Berichte

 

Erstellt: 29.06.2019 - 05:41  |  Geändert: 02.12.2020 - 17:57

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