Die gigantischen Dinge des Lebens. Von Susin Nielsen. Rezension von Britta Kiersch

Die gigantischen Dinge des Lebens. Von Susin NielsenISBN 978-3-8251-5304-5   Verlag Urachhaus  

Nach den beiden großartigen Büchern „Adresse unbekannt“ (das u. a. für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert war) und „Optimisten sterben früher“ ist Susin Nielsen wieder ein ausgezeichneter Roman gelungen.

Und obwohl die Figuren in diesem Buch natürlich auch mit Problemen zu kämpfen haben, strotzt die Geschichte vor Humor und zwischen all den Jugendbüchern, die schwere Lebenskrisen und Schicksalsschläge thematisieren, tanzt diese fröhliche und lebensbejahende Geschichte erfreulich aus der Reihe.

Der 14-jährige Wilbur ist die zentrale Figur. Er ist vor kurzem mit seinen beiden Müttern umgezogen, ist schüchtern und wenig selbstbewusst und dass er in Alex wenigstens einen Freund gefunden hat, ist ein großes Glück. Doch als Alex sich verliebt und mit Fabrizio zusammenkommt, fühlt Wilbur sich überflüssig und ist richtig eifersüchtig. Jetzt bleibt ihm nur noch Sal, der 85 Jahre alte Nachbar, der sein zweiter Freund ist. Hochkomisch sind die Szenen im Schwimmbad, wenn Wilbur Sal zur Wassergymnastik begleitet, bei der er so wunderbar selbstverständlich mitmacht.

Als französische Austauschschüler kommen, wird das Mädchen Charlie (wegen einer Namensverwechslung versehentlich) bei Wilbur einquartiert und er ist von dieser taffen Pariserin absolut begeistert. Allerdings hat er den Eindruck, dass er umgekehrt keine Chance bei ihr hat. Sie findet ihn zwar sympathisch, aber mehr auch nicht. Alex, Fabrizio und Sal beschließen, dass Wilbur bis zum Gegenbesuch ein Optimierungsprogramm durchlaufen muss, damit er sich überhaupt traut, die Reise anzutreten.

In diesen Wochen beginnt Wilbur zu laufen, er lernt sich selbst wertzuschätzen, und es zeigt sich, dass Alex wirklich ein Freund und Fabrizio ebenfalls liebenswert ist. Wilbur wird klar, was für ein besonderer Mensch Sal ist und dass er sich glücklich schätzen kann, genau diese beiden Mütter zu haben. Nachdem Wilbur durch das körperliche Training einige Pfunde verloren hat und dank seiner Coaches und seiner Willenskraft auch persönlich gestärkt ist, fühlt er sich bereit für das Abenteuer Paris. Es wird eine ganz besondere Reise, die natürlich ganz anders verläuft, als Wilbur es sich ausgemalt hat.

Über die Covergestaltung des Urachhaus Verlags kann man streiten, doch inhaltlich ist der Roman der kanadischen Autorin über jeden Zweifel erhaben. Die Figuren sind klar herausgearbeitet, die Entwicklung des Jungen wirkt auf mich überzeugend und es ist herrlich, beim Lesen einfach mal herzhaft zu lachen. Die Selbstverständlichkeit, mit der Wilburs Familienkonstellation und die schwule Beziehung seines Freundes beschrieben wird, gibt die richtigen Signale. Schön wäre es, wenn es tatsächlich mehr Freundschaften zwischen alten und jungen Menschen gäbe, doch das sehe ich in der Realität leider so gut wie gar nicht. Wilbur geht mit gutem Beispiel voran.

→ Die gigantischen Dinge des Lebens. Von Susin Nielsen

 

Erstellt: 17.03.2022 - 08:39  |  Geändert: 17.03.2022 - 08:45