Skeleton Tree. Nur die Wilden überleben. Von Iain Lawrence. Rezension von Britta Kiersch

REZENSION
Skeleton Tree. Nur die Wilden überleben. Von Iain Lawrence   Verlag Freies Geistesleben   ISBN: 978-3-7725-2973-3

Als der zwölfjährige Chris von seinem Onkel zu einem Segeltrip entlang der Küste Alaskas eingeladen wird, freut er sich sehr, denn er liebt den abenteuerlustigen und draufgängerischen Onkel Jack, der so ganz anders ist als Chris‘ Vater, der Buchhalter war und bereits gestorben ist. Als Chris zum Boot kommt, muss er feststellen, dass noch ein anderer Junge mit von der Partie ist: Frank ist zwei bis drei Jahre älter als er selbst und seltsamerweise erklärt Onkel Jack nicht, wer Frank eigentlich ist. Dummerweise sind die beiden Jungen sich von Anfang an unsympathisch: Frank behandelt Chris von oben herab, ist mürrisch, besserwisserisch und großspurig.

Als das Boot schon nach zwei Tagen in einen schweren Sturm gerät und kentert, kommt Jack ums Leben kommt und die beiden Jungen können sich nur mit größter Mühe an Land retten. Allerdings wissen sie lange nicht, ob es sich um das Festland oder eine Insel handelt und ob es vielleicht Menschen in der Nähe gibt, aber sie sehen keinen Weg, das herauszufinden. Sie entdecken eine verlassen wirkende, improvisierte Hütte, die unter anderem aus diversem Müll gebaut wurde und sie nehmen sie in Besitz. Auch jetzt ist der Strand voller Treibgut, dass durch einen Tsunami ins Meer gespült wurde.

Die beiden Jungen sind ständig unterschiedlicher Meinung. Frank kommandiert Chris herum und lässt ihn spüren, dass er ihn für unfähig und unwissend hält. Frank weiß einiges über das Leben in der Wildnis, z. B. wie man Lachse fängt und ausnimmt oder wie man sich verhalten soll, wenn ein Grizzly in der Nähe ist. Er beansprucht das einzige Bett in der Hütte für sich und spielt sich als Anführer auf. Chris akzeptiert, dass Frank von vielen Dingen mehr weiß als er, aber leidet natürlich unter der Schroffheit des anderen und eigentlich wünscht er sich, dass sie trotzdem Freunde werden können. Und natürlich hoffen beide, dass sie irgendwann gerettet werden. Außerdem haben sie in der Hütte ein Funkgerät gefunden, doch die Batterie hat kurz nach dem ersten Einschalten den Geist aufgegeben, aber vielleicht finden sie in dem vielen Müll irgendwann eine andere…

Chris schließt Freundschaft mit einem Raben, der immer wieder bei der Hütte auftaucht und gibt ihm den Namen Thursday, so wie Robinson Freitag nach dem Tag ihrer ersten Begegnung nannte. Er glaubt, den Vogel sprechen zu hören. Raben sind klug und Thursday ist immer wieder zur Stelle, wenn Chris Gefahr droht und manchmal hilft er den Jungen, ohne dass sie es bemerken oder richtig verstehen. Frank ist der Rabe unheimlich, er will ihn nicht in seiner Nähe haben, dabei ist es am Ende der Vogel, der Frank das Leben rettet.

Im Laufe der Zeit, die die beiden Jungen in der Wildnis leben, verändert sich nicht nur Chris, der stärker, ausdauernder und selbstsicherer wird, sondern auch die Beziehung zwischen den Jungen wird positiv. Dem begeisterten Segler Iain Lawrence ist eine spannende Robinsonade gelungen, die aber auch einige Schwachpunkte hat. So erscheint mir die Familiengeschichte der beiden Jungen (denn natürlich gibt es eine Verbindung zwischen ihnen, von der Chris erst ganz am Ende des Buches erfährt) zu konstruiert und das Verhältnis zwischen dem Jungen und dem Vogel wächst in einem unrealistischen Tempo. Außerdem wird dem Raben Wissen zugesprochen, was mir doch etwas an den Haaren herbeigezogen zu sein scheint. Das sind aber marginale und erwachsene Einwände; darüber kann man als 10- oder 11-Jähriger problemlos hinweglesen und diese ausgefallene Abenteuergeschichte einfach genießen.

Skeleton Tree. Nur die Wilden überleben. Von Iain Lawrence

 

Erstellt: 04.07.2021 - 19:03  |  Geändert: 14.08.2021 - 09:12

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