Alles, was passieren wird. Von Katharina Hacker. Rezension von Britta Kiersch

REZENSION  
Alles, was passieren wird. Von Katharina Hacker   Verlag Fischer Sauerländer   ISBN: 978-3-7373-5820-0

Man nehme: Sehr viel Hund, nicht ganz so viel Pferd, ein trauriges und zwei weitere Mädchen und einen Jungen. Das sind die Basics für das soeben erschienene Kinderbuch der renommierten Autorin, die sich mit Prosa und Lyrik einen Namen gemacht hat und auch mit dem Deutschen Buchpreis 2006 geehrt wurde. Es fällt mir schwer, aber ich kann nicht nur Gutes über dieses Buch sagen:

Iris ist 14 und der Tod ihrer Mutter vor einigen Monaten lastet immer noch schwer auf ihr, zumal auch ihr Vater noch sehr in seiner Trauer gefangen ist und ihr so gut wie keine Aufmerksamkeit schenkt. Zu ihrem großen Unglück sind sie vor Kurzem aus der alten Wohnung innerhalb Berlins in eine winzige, billigere Wohnung umgezogen. Iris findet es schrecklich dort. Außerdem hat zwischen ihr und ihrer besten Freundin Lisa eine Entfremdung stattgefunden, so dass Iris sich gar nicht mehr sicher ist, ob sie überhaupt noch Freundinnen sind. Sehr überzeugend ist der Trauerprozess des Mädchens dargestellt, wie schwer es ihr fällt, den Verlust hinzunehmen, und auch ihre Verhaltensweisen anderen gegenüber machen auf mich einen sehr authentischen Eindruck. Dass es ihr schwerfällt, ihre Gefühle zu beschreiben oder mit ihrem Vater zu sprechen, beschreibt Katharina Hacker klug und treffend.

Die Geschichte nimmt Fahrt auf, als Iris erfährt, dass die Mutter ihrer Freundin Lisa die beiden Hunde der Familie weggeben wird, weil Lisas Bruder krank ist und offenbar eine Allergie entwickelt hat. Iris liebt die beiden quirligen Irish Terrier, als wären es ihre eigenen, und beschließt, die Hunde zu retten. Sie versteckt sich mit ihnen zuerst auf dem Dachboden der Schule, um sie dann auf’s Land zu bringen. Sie hat bei einem St. Martins Umzug den Mann mit dem Pferd kennengelernt bzw. ihm mit seiner Schimmelstute geholfen, und dafür hat er sie auf seinen Hof zu einer Reitstunde eingeladen. Iris hofft, dass sie die Hunde eventuell dort unterbringen kann. Zwei Klassenkameraden, Seteney und Lukas (den Iris sehr sympathisch findet), helfen ihr und Lisa, die sich durch die Rettungsaktion wieder näherkommen, bei ihrem Vorhaben. Auf dem Hof trifft Iris eine seltsame alte Frau, die immer urplötzlich aus dem Nichts aufzutauchen scheint und merkwürdige Dinge sagt, die wie Weissagungen klingen und offenbar mit der Stute zusammenhängen. Irgendetwas ist passiert, weshalb dieses Pferd die anderen Pferde beißt und deshalb allein auf der Weide stehen muss.

Das Überzeugendste an diesem Buch ist in meinen Augen das aussagekräftige und ästhetische Cover der großartigen Frauke Schneider, die „es einfach draufhat“! Der Roman selbst kommt mir zu schwerfällig und deutlich zu „hundelastig“ vor. Ich mag Hunde wirklich, aber wenn ich alle paar Seiten lese, wie sie hüpfen, kucken, toben, bellen, rennen, übereinander purzeln, schlafen und was nicht noch alles, dann nervt mich das, denn ich will doch kein Buch über die Bedürfnisse, das Verhalten und den Charakter des Irish Terriers lesen.

Selbstverständlich ist der Tod der Mutter ein schwerer Schlag für ein Kind und man kann darüber kein fröhliches, schönes Buch schreiben. Aber mir kommt dieses irgendwie zu erwachsen daher und teilweise seltsam verkopft und streng. Auf der anderen Seite steht Iris‘ Eindruck, dass sie in Belle, dem Pferd, ihre Mutter sieht (also eine Art Reinkarnation) in einem merkwürdigen mystischen Kontrast, der nicht wirklich passt und die bereits erwähnte alte Frau fügt sich auch nicht richtig ein, wirkt konstruiert und deplatziert. So bleibt ein komisches Gefühl zurück. „Nicht Fisch, nicht Fleisch“ hätte meine Mutter gesagt.

 

Erstellt: 04.07.2021 - 18:39  |  Geändert: 14.08.2021 - 09:12

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