24.11.2022

Jan Koneffke über Ludwig Fels

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Der einstige Hilfsarbeiter, Maschinist, Stanzer und Packer Ludwig Fels (1946–2021) reüssierte in den 70er Jahren als hochbegabter »Arbeiterdichter«. Sich aus der Welt deformierten Lebens, der psychosozialen Misere mit expressionistischer Wucht und kühnen Metaphern herauszusprengen, war für ihn ein Akt purer Notwendigkeit. Man merkt sie dem Werk, von der Lyrik bis zu den Romanen, an. Doch die Entfremdung von Sprachlosigkeit und Gewalt hob die innere Fremdheit nicht auf – sie verstärkte sie. Auch die Literatur bot keine Heimat. Noch die Erkenntnis des (Selbst)Betrugs der »schönen Worte« bedient sich der »schönen Worte«.

Sprache (Ton)
Deutsch
Laufzeit
1h 14min 39s
Thematisierte Personen
Videoautoren

Erstellt: 13.08.2025 - 06:15  |  Geändert: 13.08.2025 - 06:25

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Im Januar 2021 ist mit Ludwig Fels ein Dichter gestorben, der sich seinen Leserinnen in der ersten Strophe des ersten Gedichts seines ersten Buchs so vorgestellt hat: 
»Ich bin der L. F. / wohne in einem dieser Häuser / fahre eines dieser Autos / zahle Miete und / die Strafzettel an der Windschutzscheibe / bin ledig und Arbeiter und / in der Mitte / zwischen arm und am ärmsten.«

Mit dem Selbstbewusstsein des Außenseiters, der sich inmitten einer ganzen Gesellschaft von Außenseitern zugehörig weiß, hat er in knapp 50 Jahren ein Werk geschaffen, das sich in seinem Anspruch auf Wahrhaftigkeit selbst nicht ausspart, das von Kämpfen zeugt, mit sich und für die Menschen »zwischen arm und am ärmsten«, das Partei nimmt, nicht nur Anteil, das das Leben mit bloßen Händen verteidigt und mit allem Pathos feiert, das sich aber über den Ausgang dieser Kämpfe keine Illusionen macht.