Kapitalismus ist nicht nur ein Wirtschaftssystem, sondern eine Gesellschaftsform. Als solche ist er darauf angewiesen, sich auch nichtökonomische Ressourcen einzuverleiben und so langfristig seine eigenen Grundlagen zu zerstören. Wie der Ouroboros, die Schlange, die ihren eigenen Schwanz verspeist, verschlingt er natürliche Rohstoffe und unbezahlte Betreuungsarbeit. Er enteignet rassifizierte Gruppen und unterminiert die Macht demokratischer Institutionen, auf deren Funktionieren er eigentlich angewiesen ist. Damit erweist er sich als Motor hinter den diversen Krisenphänomenen, mit denen wir heute konfrontiert sind.
Critique of Capitalism | Nancy Fraser
Quelle: The New School
auf YouTube (18.06.2019) 1:31:31
Nach einer Phase der relativen Vernachlässigung greifen Theoretiker*innen die Kritik am Kapitalismus wieder auf. Als Reaktion auf die sich ausbreitenden Krisen des Neoliberalismus (Finanz-, Wirtschafts-, Öko-, Politik- und Sozialkrise) und den Zusammenbruch der ihn stützenden politischen Hegemonie der Mitte-Links- und Mitte-Rechts-Parteien wenden sich viele nun wieder den Anliegen von Marx zu. Die heutigen Theorien zum Kapitalismus wiederholen jedoch nicht einfach frühere Kritikpunkte der politischen Ökonomie. Im besten Fall beziehen sie die hart erkämpften Errungenschaften späterer intellektueller und politischer Entwicklungen ein, darunter Feminismus, Antirassismus, Postkolonialismus und Ökologie. In diesem Kurs hinterfragen wir einige der wichtigsten alten und neuen Kritiken am Kapitalismus. Ziel ist es, ihre jeweilige Eignung zur Aufklärung des Kapitalismus des 21. Jahrhunderts zu bewerten. Das übergeordnete Ziel ist die Entwicklung einer kritischen Theorie der kapitalistischen Gesellschaft, die umfassend genug ist, um die gesamte Bandbreite der heutigen Herrschaftsformen und sozialen Kämpfe zu erfassen und gleichzeitig ihre gemeinsamen Grundlagen in einer einzigen übergreifenden sozialen Ordnung mit einer bestimmten institutionellen Struktur aufzudecken. Das Ergebnis soll auch dazu dienen, zu klären, was Marx als „die Kämpfe und Wünsche der Epoche” bezeichnet hat, einschließlich der Aussichten für eine emanzipatorische Lösung der aktuellen Krise.
After a period of relative neglect, theorists are again taking up the critique of capitalism. Responding to the metastasizing crises of neoliberalism (financial, economic, ecological, political and social) and to the crumbling of the center-left-cum-center-right political hegemony that underpinned it, many are now returning to the concerns of Marx. But today’s theories of capitalism do not simply repeat earlier critiques of political economy. At their best, they incorporate the hard-won fruits of subsequent intellectual and political developments, including feminism, anti-racism, postcolonialism, and ecology. In this course, we interrogate some of the most important critiques of capitalism, both old and new. The aim is to assess their respective capacities to clarify the capitalism of 21st century. The larger aim is to develop a critical theory of capitalist society that is sufficiently expansive to encompass the gamut of contemporary modes of domination and social struggles, while disclosing their shared bases in a single overarching social order with a determinate institutional structure. The result should also serve to clarify what Marx called “the struggles and wishes of the age,” including the prospects for an emancipatory resolution of the current crisis.
Erstellt: 13.03.2023 - 07:43 | Geändert: 24.07.2025 - 07:02