Die Welt im Selfie. Eine Besichtigung des touristischen Zeitalters. Von Marco d'Eramo

Was den einen Erholung vom Alltag ist, wird für die anderen zu einer alltäglichen Belastung: Weltweit explodieren die Touristenzahlen, in den letzten 15 Jahren haben sich die Einnahmen der Branche mehr als verdoppelt, in Mallorca kamen im Juli 2016 1,8 Millionen Besucher auf 900000 Einheimische. Diese protestierten - als Touristen verkleidet - in Tennissocken und mit umgehängter Kamera. Damit griffen sie zwei Aspekte auf, die rund um das historisch junge Phänomen Massentourismus seit je zentral sind: ästhetische Abgrenzung (schlecht angezogene Touristen sind immer die anderen) und das Faszinosum Urlaubsfotografie.

ISBN 978-3-518-42809-2     26,00 €  Portofrei     Bestellen

Auf den Spuren von Twain, Barthes und Enzensberger besichtigt Marco d'Eramo unser touristisches Zeitalter. Warum verrenken wir uns, um uns - notfalls unter Einsatz eines Selfie-Sticks - vor Bauwerken abzulichten, die wir "in echt" weniger beeindruckend finden als im Reiseführer? Was zeichnet ihn aus, den touristischen Blick? Und wie verändert der Tourismus Destinationen wie Las Vegas, Paris oder Venedig? Eine essayistische Tour d'Horizon, nach deren Lektüre Sie Sehenswürdigkeiten mit anderen Augen sehen werden.

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Ich doch nichtoder? Marco d’Eramo geht hart mit dem Touristen ins Gericht. Am Ende erkennt er aber, dass die wahren Probleme woanders liegen Mladen Gladic. Seien wir ehrlich, wer will schon Tourist sein? Touristen, das sind doch immer die anderen, oder? Die Massen in den Billigfliegern, die All-Inclusive-Crowd. Das war schon von Beginn des organisierten Reisens ähnlich, wie Marco d‘Eramo in Die Welt im Selfie nachzeichnet. Touristen treten eigentlich stets in „Herden“, im „Rudel“, im „Schwarm“ auf den Plan oder die Plaza. Als Gegenteil dessen, was das moderne Individuum von sich selbst denkt: „An Bord des Schiffes ... fand sich auch eine Gruppe von jenen Herdenvieh-Reisenden, die die Mode jedes Jahr aus ihren Gehegen scheicht,“ so Arthur de Gobineau, der diesen Rant schon 1872 notierte. Da war das Wort „Tourist“ gerade einmal 100 Jahre alt. derFreitag Ausgabe 24/2018 28.06.2018

 

 

Erstellt: 29.04.2018 - 18:34  |  Geändert: 02.12.2020 - 17:58

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