Tornado im Kopf. Von Cat Patrick. Rezension von Johanna

REZENSION
Tornado im Kopf. Von Cat Patrick   Beltz Verlag   ISBN 978-3-407-75849-1

Fakt: Manchmal sieht man einen Tornado nicht kommen.

So geht es Frankie, als sie erfährt, dass an ihrer Schule ein Mädchen verschwunden ist. Es stellt sich heraus, dass es Colette - ihre Ex-beste-Freundin - ist, die wie vom Erdboden verschluckt ist. Frankie wird klar, dass sie die Letzte war, die Colette gesehen hat. Aber während die Polizei ermittelt, um Colette wiederzufinden, tut sich für Frankie ein neues Rätsel auf: Colette hat Videos auf ihrem gemeinsamen Privatserver hochgeladen, in denen sie Mutproben, die sie früher zusammen gemacht hatten, alleine wiederholt. Frankie ist sich sicher, dass die neuen Mutproben die Lösung zu Colettes Verschwinden sind. Sie scheinen eine Botschaft von Colette zu sein. Würde ihr nur jemand glauben!

Frankie ist eine unglaublich interessante Hauptperson, deren Sichtweise das Buch absolut lesenswert macht. Seitdem sie im Kindergarten fast von einem Tornado mitgenommen wurde, interessiert sie sich brennend für alles zu und um Tornados. Fremden erscheint sie manchmal selbst wie ein Tornado, der aus dem Nichts entsteht und in Sekunden eine ganze Region in Trümmern zurücklassen kann. Denn Frankie ist neurodivers, das heißt, dass sie oft anders als ihre Umgebung denkt, fühlt und reagiert. Daher geht sie mit vielen Problemen erfrischend anders um und bringt dem Leser ihre Ansicht der Realität ungewöhnlich, aber gerade dadurch überzeugend nahe. Frankies Interaktionen mit ihrer Zwillingsschwester Tess, ihrer Mutter und deren Freund Charles spiegeln zum einen Gefühle wider, die man als Leser sehr gut nachvollziehen kann, porträtieren aber auch gleichzeitig eine Familie, die mit ihrem manchmal problematischen Kind sehr liebevoll und tolerant umgeht. Dem Leser wird klar, wie schwierig für alle Beteiligten der Umgang mit Frankies Neurodiversität ist, ihren „Tornados im Kopf“. Trotzdem lernt er Frankies liebenswerte Persönlichkeit kennen und schätzen. Das Buch nutzt seine bezaubernde Hauptfigur, um Verständnis und Akzeptanz für die Unterschiedlichkeiten einzelner Menschen zu schaffen.

Trotz des schwierigen Themas macht das Lesen des Buches großen Spaß. Frankies Ansichten sind nicht nur anders, sondern an vielen Punkten auch befreiend, da sie mit extremen Gefühlssituationen zum Teil sehr erwachsen bzw. pragmatisch umgeht und diese daher nicht so belastend und bedrohlich wirken. Ich würde „Tornado im Kopf“ ab einem Alter von 12 Jahren empfehlen.

Johanna, 17

Tornado im Kopf. Von Cat Patrick  

 

Erstellt: 06.10.2021 - 20:16  |  Geändert: 06.10.2021 - 20:23