Optimisten sterben früher. Von Susin Nielsen. Rezension von Britta Kiersch

REZENSION  
Optimisten sterben früher. Von Susin Nielsen   Urachhaus Verlag   ISBN 978-3-8251-5184-3 

Ja, in diesem Buch ist verflixt viel von unterschiedlichsten Problemen und Lebenskrisen die Rede, aber das ist ja kein Wunder, wenn man die Hauptfigur in eine Therapiegruppe schickt, in der alle jugendlichen Teilnehmer mit großen Schwierigkeiten kämpfen. Und nein, es wird nicht zu viel, denn Susin Nielsen zeigt mit überzeugender Selbstverständlichkeit und wohldosiertem Humor, wie sich alle (miteinander und jeder für sich) entwickeln, begreifen und handeln.

Seit Petulas kleine Schwester durch einen häuslichen Unfall starb, kämpft sie mit Schuldgefühlen und Ängsten. Überall lauern mögliche Gefahren, denen das Mädchen zwanghaft aus dem Weg zu gehen versucht. Auch Petulas Eltern kommen mit dem Verlust kaum zurecht, die Stimmung in der Familie ist zum Zerreißen gespannt. Besonders schlimm ist für Petula, dass sie ihre beste Freundin Rachel nach dem Tod der kleinen Maxine zutiefst gekränkt hat, so dass ihre Freundschaft daran zerbrochen ist. Dann kommt ein neuer Junge in ihre Klasse: Jacob mit dem Roboterarm. Über den Verlust seines Unterarms erzählt der Filmfreak abstruse Geschichten, aber nicht die Wahrheit. Petula findet ihn lästig, alles Neue, Unkalkulierbare verunsichert sie.

Petula ist entsetzt, als Jacob auch in die Therapiegruppe kommt. Doch es zeigt sich, dass Jacob warmherzig und fröhlich, offen und fantasievoll ist. Jacob bringt neuen Schwung mit, und dank seiner kreativen Ideen gelingt es allen, einen neuen Umgang miteinander und vor allem mit der individuellen Problematik zu finden. Alle in der Gruppe mögen Jacob und er und Petula verlieben sich. Mit Jacobs Unterstützung und dem Optimismus, den er ausstrahlt, gelingt es Petula besser, mit ihren Ängsten umzugehen, sich selbst mehr zu vertrauen und sogar eine Annäherung an Rachel zu wagen. Doch dann erfährt sie, was wirklich hinter dem Verlust seines Armes steckt und plötzlich ist nichts mehr, wie zuvor.

Es gibt keine Biografie ohne Brüche, ohne Krankheiten oder Verluste. In meinen Augen macht es keinen Sinn, Kindern oder Jugendlichen in Büchern (die keine Fantasy sind) eine Welt darzustellen, die es so nicht gibt. „Friede, Freude, Eierkuchen“ ist eine schöne – aber auch langweilige – Utopie. Deshalb ist es notwendig, Bücher wie dieses zu haben, in dem Menschen sterben, Familien von Trauer erdrückt werden, Süchte eine Rolle spielen, Bewegung ein Schlüssel ist, Freundschaft und Liebe Mut machen, das Leben und die Menschen dargestellt werden, wie sie sind: Leider oft schrecklich beängstigend und grausam, aber meistens aufregend und schön.

Optimisten sterben früher. Von Susin Nielsen

 

Erstellt: 16.09.2021 - 11:24  |  Geändert: 16.09.2021 - 11:26

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